Teil 227

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Sofy

Irgendwie konnte ich nicht ruhig sitzen bleiben. Am liebsten wäre ich zum Bahnhof gefahren und hätte meine Geschwister abgeholt. Aber ich hätte keine Chance gegen diesen Dickkopf gehabt. Außer ich hätte bewusst einen Streit provoziert und darauf hatte ich auch keine Lust. Und weil ich absolut nichts mit mir anfangen konnte, setzte ich mich mit Elina auf dem Schoß an den Laptop, um doch schon mal einen Einladungsentwurf für die Hochzeit auszuprobieren. Das war in den letzten Tagen zu kurz gekommen und irgendwie wollte ich mich mit etwas Positiven beschäftigen. Gott, wie war ich nur auf die Idee gekommen, das alles hier überhaupt in Frage zu stellen? Als ob das einen Unterschied gemacht hätte. Da hatte ich mich einfach von meinen Gefühlen überrennen lassen.
Wenigstens verging so die Zeit wesentlich schneller, zwischenzeitlich konnte ich sie sogar komplett ausblenden, sodass ich irgendwann überrascht aufhorchte, als ich den Haustürschlüssel im Schloss hörte. Das ging ja fix. Ich ließ einfach alles stehen und marschierte mit Elina in den Flur, um meine Geschwister zu begrüßen. Dafür wanderte Elina auch erstmal zu ihrem Papa, damit ich alle Drei in den Arm nehmen konnte. „Ich find es so schön, dass ihr ein paar Tage jetzt hier seid“, begrüßte ich sie freudestrahlend, „Ihr seid bestimmt müde, oder? Ich zeig euch erstmal, wo ihr eure Sachen abstellen könnt. Dann könnt ihr erstmal in Ruhe ankommen.“ Recht schnell war geklärt, wer wo schlief und dann ließ ich die Drei erstmal in Ruhe. Sie sollten erstmal ankommen nach der langen Fahrt und da wollte ich ihnen einfach Zeit geben. Also gesellte ich mich wieder zu Wincent, der sich mit den Kindern ins Wohnzimmer gesetzt hatte und sich den Laptop geschnappt hatte. „Nur ein Entwurf“, sagte ich schnell, „Irgendwie weiß ich auch nicht so recht.“ „Du weißt, dass man sowas auch in Auftrag geben kann?“, merkte er schmunzelnd an. „Seh ich so aus, als bezahle ich schweine viel Geld, damit ich am Ende nicht zufrieden bin? Dann mach ich das lieber selbst“, erwiderte ich stirnrunzelnd, „Ich bastle da schon was. Muss nur langsam mal was werden.“ „Hochzeitsplanungen mit einer Perfektionistin. Ich wusste ja, worauf ich mich einlasse“, lachend schüttelte er den Kopf, „Jetzt haben wir erstmal Besuch. Oder eher gesagt du hast Besuch. Wollt ihr heute noch irgendwo hin?“ „Maximal an den Strand. Aber ich glaube es wäre heute nicht mehr sinnvoll, was zu unternehmen. Die Drei sind glaub ich echt müde von der Fahrt.“ „Dann geht ihr nachher und ich bleib mit den Kindern hier. So habt ihr erstmal ein bisschen Zeit ungestört. Allerdings … ich müsste heute Abend noch mal für ein paar Tage nach München.“ „Wie? Aber ich dachte erst im Dezember? Wie lang bist du denn dann weg? Und wie findest du so spontan ein Hotel?“ „Ich weiß. Es hat sich spontan was ergeben, was ich unbedingt im Studio fertig machen muss. Komme bei Fabi unter … Aber ich weiß nicht, wie lang das dauert.“ „Hm … kannst du das wirklich nicht verschieben?“, bat ich ihn genickt, da ich ihn eigentlich gern hier gehabt hätte. „Tut mit Leid. Kevin ist danach erstmal nicht da. Und wenn wir das jetzt nicht fertig machen …“ „Hm. Okay …“ „Tut mit Leid Schatz“, murmelte er, stellte den Laptop beiseite und zog mich in seine Arme, „Aber deine Geschwister sind hier, um dich kennenzulernen. Das ist erstmal wichtiger. Und ich geb alles, dass ich in drei Tagen wieder hier bin, vielleicht auch in zwei.“ „Hm … Ich hatte nur nie irgendwas mitbekommen, dass du an irgendwas geschrieben hast oder so“, murmelte ich noch immer enttäuscht. „Tja. Wenn man schläft, bekommt man halt nicht alles mit“, erwiderte er schmunzelnd, „Ich gebe wirklich alles, dass ich nicht lang weg bin. Und wirklich viel für die Hochzeit planen wir doch eh nicht, während deine Geschwister da sind.“ „Das weiß ich doch. Verrätst du mir wenigsten, um was es genau geht? Irgendwas?“ „Du weißt, dass ich nichts verrate“, entgegnete er noch immer schmunzelnd und gab mir einen Kuss auf die Wange. „Ein Versuch war es wert“, seufzte ich, „Eigentlich ganz schön gemein, dass mir nie etwas verraten wird.“ „Wenn alles fertig ist, bist du natürlich die Erste, die es zu hören bekommt. Aber ein bisschen Geduld brauchst du noch.“
Und so ging es mit meinen Geschwistern am Nachmittag kurz an den Strand. Dabei erzählten sie mir viel von sich und auch, dass sie schon immer wussten, dass ich existierte. „Mum und Dad haben uns das ziemlich früh erklärt“, erzählte mir Marika, „Du warst eigentlich ständig Thema, weil wir nie verstanden haben, warum du nicht bei uns bist.“ „Hm … Ich wünschte, es wäre da einiges anders gelaufen“, erwiderte ich seufzend, „Es ist auch komisch, plötzlich eine große Schwester zu sein. Obwohl ich 27 Jahre lang immer die kleine Schwester war …“ „Wie ist das eigentlich, mit jemandem zusammen zu sein, der berühmt ist?“, fragte Ava neugierig. „Ich halte mich da so gut es geht raus. Aber man merkt schon, dass es manchmal nervt. Wenn man dann ständig Fotos von uns im Internet findet, weil mal wieder jemand heimlich ein Foto gemacht hat. Aber na ja. Ich wusste nicht, wer er ist, als wir uns kennengelernt haben. Ansonsten haben wir eine ganz normale Beziehung. Da gibt es keine wirklichen Unterschiede, schätze ich.“ Und so löcherten die Drei mich noch eine Weile mit Fragen, auch noch, als wir bereits auf dem Heimweg waren. Zu Hause angekommen stand Wincents gepackte Tasche bereits im Flur, weshalb ich nur wieder seufzte. Ich wollte ihn so gern hier haben und dazu kam, dass ich es nicht mochte, wenn er so spät noch eine Fahrt nach München antrat. Die Strecke war einfach so lang.
Wincent hatte beide Kinder bereits ins Bett gebracht und erklärte meinen Geschwistern kurz, wieso er wegmusste und dass er versuchen würde, schnell wieder zu Hause zu sein. Dann wandte er sich noch mal mir zu. „Sei nicht sauer, okay?“, murmelte er so, dass nur ich ihn hören konnte und nahm mich in den Arm. „Bitte fahr einfach vorsichtig und melde dich, wenn du dort bist …“, bat ich ihn. „Das mach ich, versprochen. Und du bleib nicht so lang wach und geh schlafen, auch wenn ich noch nicht da bin …“, erwiderte er, aber wir Beide wussten, dass ich sowieso kein Auge zu bekam, bis ich nicht die Gewissheit hatte, dass er heile angekommen war. „Mal gucken“, sagte ich also nur. „Sturkopf“, meinte er nur schmunzelnd, ehe er mir einen kurzen Kuss gab, „Ich liebe dich!“ „Ich dich auch“, nuschelte ich, um ihm direkt darauf einen weiteren Kuss zu geben und ihn dann gehen zu lassen.
Und während sich meine Geschwister recht früh auch ins Bett verabschiedeten, blieb ich allein im Wohnzimmer zurück, um immer wieder ungeduldig auf mein Handy zu werfen. „Du vermisst ihn jetzt schon, was?“, ertönte plötzlich Marikas Stimme, die sich auch direkt zu mir setzte, „Bist du es nicht gewohnt, dass er weg ist?“ „Auch. Also ja, ich kenne es, aber ich werde mich nie daran gewöhnen. Und dass er jetzt diese lange Strecke nach München fährt, um diese Uhrzeit … das gefällt mir einfach nicht. Gerade aktuell … Es war die letzten Tage nicht einfach und ich hätte ihn jetzt einfach gern hier und nicht in München“, erklärte ich ihr seufzend.

Vielleicht irgendwann (2)Waar verhalen tot leven komen. Ontdek het nu