Teil 220

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Wincent

Es war einfach so viel auf einmal, dass ich raus musste. Ja, es war verdammt egoistisch, aber ich konnte einfach grad nicht anders. Ziemlich geknickt stapfte ich am Strand entlang und ließ mir die frische Herbstluft um die Ohren wehen. Wie sehr musste sie bitte leiden? Wenn sie inzwischen sogar über eine Trennung nachgedacht hatte. Natürlich verletzte mich das, aber das viel Schlimmere war, dass ich den Gedanken sogar verstehen konnte. Ich war mir sicher, dass ich an ihrer Stelle auch auf solche Gedanken gekommen wäre. Aber ich wusste, dass das der absolut falsche Weg war. Wegen sowas schmiss man nicht alles hin. Und ich wusste ja auch, dass es Sofy auch so sah. Sie musste verständlicherweise einfach extrem verzweifelt gewesen sein. Und ich hatte es nicht gemerkt. Wobei … es war auch einfach so viel los gewesen in der letzten Zeit. Aber … ich konnte das auch bei den Fans so nicht stehen lassen. Da musste ich mir noch was überlegen. Dennoch stand Sofy jetzt an erster Stelle.

Ich war vielleicht ein oder zwei Stunden unterwegs, es dämmerte jedenfalls schon, als ich nach Hause kam. Melina schien schon gefahren zu sein, aber Amelies Auto war noch da. Doch als ich das Wohnzimmer betrat, war dieses leer. Erst auf dem zweiten Blick entdeckte ich Amelie, wie sie im Garten stand und telefonierte. Ohne sie wäre ich eindeutig aufgeschmissen. Aber ohne Sofy eben auch. Und da diese nicht im Garten war, versuchte ich mein Glück oben. Gut, was hieß dabei schon Glück? Es war jetzt die Zeit, wo wir die Kinder immer ins Bett brachten. Deshalb war nur wenig verwunderlich, dass mir Sofy im Flur entgegenkam. Sie schien sich ein wenig beruhigt zu haben, aber man sah ihr dennoch an, dass es ein harter Tag gewesen war. Ohne weitere Worte ließ sie sich wenigstens von mir in den Arm nehmen. Das war es, was sie grad am meisten zu brauchen schien. Denn recht schnell, entspannte sie sich ein wenig. „Tut mir leid“, nuschelte ich, „ich musste …“ „Ich weiß“, unterbrach sie mich, „Ich hab dich sehr verletzt damit …“ Seufzend zog ich sie mit ins Schlafzimmer, damit wir nicht doch die Kinder weckten, und setzte mich aufs Bett. „Was soll ich sagen … Natürlich hat mich das verletzt“, gab ich zu und legte auch gleich wieder den Arm um sie, um sie dicht an mich zu ziehen, als sie sich zu mir setzte, „Aber …Ich glaube, wenn ich in deiner Situation wäre, dann hätte ich den Gedanken auch gehabt. Allein zum Schutz der Kinder … Dennoch lassen wir uns nicht wegen dieser Idioten kaputt machen, okay? Niemand dieser Menschen da draußen weiß, was wir Zwei haben und was uns verbindet. Niemand da draußen weiß, dass du diejenige bist, die mir hier bedingungslos den Rücken freihält und mir den nötigen Arschtritt verpasst, wenn ich alles anzweifle. Nicht jede Frau würde das hier alles so mitmachen wie du. So viele hätten mich gebeten, Termine abzusagen und bei dir bekomm ich sofort einen hinter die Löffel, wenn ich sowas auch nur in Betracht ziehe. Und niemand da draußen hat auch nur ansatzweise eine Ahnung davon, was abgeht. Und niemand da draußen hat das Recht, uns irgendwas vorzuschreiben. Und ich werde es nicht so stehen lassen, weil es endgültig reicht. Niemand bedroht meine Familie. Es hört auf und wir werden das zur Polizei geben. Ich habe keinen Bock mehr!“ „Aber so weit wollten wir doch nie gehen …“, kam es von ihr mit einem leisen Flüstern. „Das weiß ich. Das war für mich immer ganz wichtig. Aber du und die Kinder stehen darüber. Über allem. Wichtig für mich ist nur, dass du an uns festhältst …“, gestand ich, „Und dass wir auch das zusammen schaffen ...“ „Ich … hab mich doch nie von dir trennen wollen. Das kam mir einfach nur, weil ich Angst hatte und ich dich und die Kinder schützen wollte … Dass eine Trennung da aber eine Schnapsidee ist, hat mir Melina schon verklickert“, erklärte sie. „Das sehe ich auch so. Wir haben schon so viel geschafft. Außerdem haben wir uns doch geschworen, auch in den schlechten Zeiten zueinander zu halten.“

Vielleicht irgendwann (2)Where stories live. Discover now