Kapitel 345

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Eine bekannte, doch nicht allzu sehr vertraute Stimme riss Tetsurou aus seinem Dämmerzustand.

„Kuroo, hey, wach auf. Kuroo."

Genervt von der Störung, verstärke Tetsurou die Umarmung, mit welcher er Tobio fest an sich gedrückt hielt, und drehte das Gesicht an Tobios warmem Körper nach links. Aus seinem verschwommenen Blickfeld schälte sich die Gestalt des einstigen Vizekapitäns des Karasuno-Volleyballclubs. „Was ist?"

„Die Pause ist gleich zu Ende. Wir müssen wieder zurück, wenn wir nicht zu spät kommen wollen", sagte Suga, der von beiden Teams auserkoren worden war, dass eng umschlungene Pärchen zu wecken und damit unweigerlich Kuroos Zorn auf sich zu ziehen.

„Mrgh", murrte Kuroo und vergrub das Gesicht wieder in Tobios Brust, rieb es in dem wunderbaren Duft, der ihm in die Nase stieg. In die Liebe des jungen Setters gewickelt, mussten seine Sorgen um die bevorstehende Aussage seiner Mutter irgendwann verschwunden und er vor lauter emotionaler Erschöpfung schließlich eingeschlafen sein. Tobios sanfte, regelmäßige Atmung ließ ihn wissen, dass es diesem genauso ergangen war.

„Kuroo—", versuchte Suga anzusetzen.

„Ja", knurrte Tetsurou angepisst. Er wollte nicht aufstehen, wollte sich nicht von Tobio trennen. Er wollte den Jungen weiterhin in seinen Armen halten und in dessen Nähe baden. Er wollte nicht hören, was seine Mutter zu sagen hatte. Er wollte mit Tobio hierbleiben, an diesem unwirklichen Ort, in einem Garten inmitten eines riesigen Gebäudes. Würden sie nur lange genug hierbleiben, Augen und Ohren verschließen, dann könnten sie so tun, als würde Yuna gar nicht aussagen.

„Kuroo—"

„Ja, verdammt!"

Auf Kuroos Schoß regte sich Tobio, kuschelte sich an dessen breite Brust. „T-Tetsu?"

Tetsurou wollte seinen Frust in die Welt hinausbrüllen. Wie konnte irgendjemand von ihm verlangen, den süßen, an ihn geschmiegten Jungen, der so perfekt in seine Arme passte, zu wecken? Wie sollte er es übers Herz bringen, ihn von seinem Schoß runterzuschieben? Wie? WIE?!

„Wie spät ist es?", nuschelte Tobio schlaftrunken. Die Alarmglocken, die daraufhin in seinem Kopf los zu schrillen begannen, waren ohrenbetäubend und er fuhr erschrocken auf. „Oh, mein Gott! Haben wir die Pause verschlafen?!"

„Hey, hey, beruhige dich", mahnte Tetsurou mit sanfter Stimme. „Es ist alles okay. Sugawara hat uns geweckt."

„S-Suga...?" Tobio sah über die Schulter und entdeckte Koshi, der ihm mit einem breiten Grinsen im Gesicht zuwinkte. „O-Oh..." Und während er seinen ehemaligen Vizekapitän so ansah, wurde er sich gewahr, in welcher Situation er sich gerade befand. Schlagartig schnellte sein Puls in die Höhe und seine Wangen färbten sich feuerrot. Mittlerweile war es für ihn etwas ganz Natürliches geworden, vor Atsuka und Takumi sowie Keiji und Koutarou seine Liebe zu Tetsurou offen auszuleben. Diese vier kannten seine weiche, vermutlich sogar romantische, aber definitiv sehr anhängliche Seite inzwischen nur zu gut. Bei den Krähen sah das ganz anders aus: Sie waren nur mit dem mürrischen, impulsiven, siegesversessenen, unsensiblen und kindischen Kageyama vertraut. Auch wenn sich dieses Bild in der Zeit, in der er mit Tetsurou zusammen war, sicherlich schon ein bisschen aufgeweicht hatte, musste der Anblick eines verliebten und verschmusten Kageyamas trotzdem noch ungewohnt sein. Er stand auf. „Sind Keiji und Kou auch bei euch?", fragte er, um seine empfundene Peinlichkeit zu überspielen.

„Ähm..."

„Akaashi und Bokuto", fügte Tobio aus einem Reflex heraus hinzu.

„Oh, nein, die zwei wollten raus gehen. Hinter dem Gebäude gibt es wohl einen Park", antwortete Suga. Für ihn war es immer noch ungewohnt, dass Kageyama die ehemaligen Kapitäne ihrer Gegner mit Vornamen ansprach. Für Kageyama hatte sich jedoch im letzten Jahr viel verändert: Aus Kuroo, seinem einstigen Herausforderer, war nun sein fester Freund geworden und aus Akaashi und Bokuto, zwei zuvor vollkommen fremde Personen, seine besten Freunde.

Rivalität mit Folgen [Teil 2]Waar verhalen tot leven komen. Ontdek het nu