Kapitel 234

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Unter leisem Grummeln schlug Tobio die Augen auf. Das erste, was er sah, war Tetsurou, der ihn mit liebevollem Blick betrachtete. Es war der Moment, in dem die Erinnerung an den furchtbaren Alptraum und die unruhige Nacht zurückkam. „I-Ich bin eingeschlafen", flüsterte er erstaunt.

Tetsurou lächelte schwach. „Ja, zumindest für eine Stunde." Andächtig streichelte er Tobios Wange, die bereits in den frühen Morgenstunden viel zu blass aussah.

„Hast du auch geschlafen?", fragte Tobio, obwohl er die Antwort bereits kannte.

„Ich habe auf dich aufgepasst."

Prickelnde Wärme strömte durch Tobios Körper, ließ ihn wohlig erschauern. Doch mit ihr kam auch das schlechte Gewissen. „Wegen mir hast du kein Auge zugetan. Du musst unglaublich müde sein!"

Tetsurou empfand dem schwarzhaarigen, blauäugigen Jungen gegenüber so viel Liebe, dass sein Herz überquoll. Er legte seine Hand an dessen Hinterkopf und zog ihn an seine Brust.

Der Herzschlag des Setters schoss rasant in die Höhe.

„Eine Nacht ohne Schlaf ist keine Herausforderung, wenn ich weiß, dass ich so die schlimmen Alpträume von dir fernhalten kann", sagte Tetsurou mit sanfter Stimme. „Ich würde nie wieder schlafen, wenn das bedeutete, dass alles Unheil von dir abgehalten würde."

Tobio stieß ein leises Wimmern aus und kuschelte sich eng an die muskulöse Brust seines Freundes. Tetsurous Worte hatten ein flammendes Inferno in seinem Herzen ausgelöst, das sein Blut zum Kochen brachte und ihn in unglaubliche Hitze tauchte. Seit er den Kapitän des Volleyballclubs kennengelernt hatte, war dieser gütig und liebevoll zu ihm gewesen. Seine anfänglichen Zweifel, ob Kuroos Gefühle für ihn echt waren, hatten sich vor langer Zeit in Luft aufgelöst. Mittlerweile wusste er, dass Tetsurou für ihn durchs Feuer gehen würde. Doch das machte die Sache für ihn nicht unbedingt leichter.

Denn nun fand er immer häufiger jede einzelne Zelle seines Körpers mit Schuldgefühlen getränkt, wenn er Dinge tat, die Tetsurou verärgerten oder gar verletzten. Wie zum Beispiel am Vortag, wo er seinem Freund grundlos böse Worte an den Kopf geworfen und sich benommen hatte wie das größte Arschloch, das auf der Welt existierte.

Und dennoch blieb Tetsurou an seiner Seite, gab ihm Halt und tröstete ihn. Er hatte keine Ahnung, wie er diese Schuld jemals begleichen sollte.

Tetsurou zischte leise auf, als sich Tobio noch enger an ihn kuschelte und dabei auf die Kratzer drückte, die dieser ihm am Vorabend ungewollt zugefügt hatte.

„T-Tut mir leid", platzte es aus Tobio heraus, als er sich auch schon von seinem Freund zurückzog.

„Muss es nicht. Wenn man es genau betrachtet, dann habe ich auf diese Weise immer etwas von dir bei mir", entgegnete Tetsurou keck. „Oh", rief er aus, „da fällt mir etwas ein!"

Verdutzt beobachtete Tobio, wie Kuroo die Decke zurückwarf, schwungvoll aufstand und zielstrebig zum Sideboard ging, welches an der gegenüberliegenden Wand stand. „Was machst du da?", fragte er neugierig, als er hörte, wie sein Freund eine der Schubladen durchsuchte.

„Etwas, was schon längst überfällig ist!" Mit diesen Worten drehte sich Tetsurou um und musterte den Setter, der sich aufgesetzt hatte und ihn interessiert ansah.

Tobio konnte nicht sagen wieso, doch sein Herz schlug kräftig gegen seinen Brustkorb, während sich Tetsurou langsam auf ihn zubewegte. Als der Kapitän dann auch noch vor ihm in die Hocke ging, war es um das letzte Bisschen Selbstbeherrschung auch geschehen: Sein Puls musste so hoch sein, dass dieser jedes Messgerät sprengte. Tetsurous zarte Berührung, mit der er seine Hand nahm, jagte kribbelnde Schauer über jeden Zentimeter seiner Haut. Mit angehaltenem Atem sah er dabei zu, wie Tetsurou ihm den mattschwarzen Ring über den Finger streifte, den er damals zusammen mit einem weiteren Exemplar für Kuroo und sich gekauft hatte – Paarringe. Er schluckte schwer. Ihm war, als würde sein ganzer Körper unter Strom stehen. Dieses elektrisierende Gefühl spürte er nicht das erste Mal, seit er mit dem Volleyballkapitän zusammen war. Doch an diesem Tag schien es besonders intensiv zu sein. Er bekam kaum Luft.

Rivalität mit Folgen [Teil 2]Where stories live. Discover now