Kapitel 208

287 20 2
                                    

Ein Kloß hatte sich in Tobios Hals manifestiert, als er sich plötzlich seinem ehemaligen Team gegenübersah. Doch auch Chiyoko, Lev und sogar Kenma haben den weiten Weg ins Krankenhaus auf sich genommen. Er wand sich unwohl unter den durchdringenden Blicken, mit denen seine Besucher ihn musterten. Mühsam rappelte er sich auf, um sich dieser unangenehmen Konfrontation wenigstens in einer anständigen, aufrechten Position stellen zu können.

„Seid ihr nicht mehr ganz dicht?!", donnerte Kenma in dem Moment los, in welchem sich die Tür des Patientenzimmers geschlossen hatte und die Schritte auf dem Flur verhallt waren. „Habt ihr Shoyo allen Ernstes wegen Kindesmissbrauch angezeigt?! Findet ihr nicht, dass das ein bisschen zu weit geht? Hättet ihr vorher nicht mal wenigstens mit ihm darüber reden können?"

„Kenma, was erzählst du denn da für seinen Unsinn?", setzte Kuroo an, wurde nach diesem Satz jedoch direkt unterbrochen.

„D-Du hast mich angezeigt?", fragte Hinata mit blassem Gesicht, Kageyama entsetzt anschauend.

„Ich... Nein, ich habe dich nicht angezeigt", antwortete Tobio wahrheitsgemäß.

„Und was soll dann der Polizist vor der Tür? Habt ihr Angst, Shoyo würde sich noch ein zweites Mal auf Kageyama stürzen?", bohrte Kenma weiter. „Und der andere Mann, in dem schwarzen Anzug... Das war Akeno Minami, der Leiter der Sondereinheit für Kindesmissbrauch! Was hat der hier bitte schön zu suchen, wenn ihr Shoyo nicht wegen Kindesmissbrauch angezeigt habt?"

Aus Tobios Gesicht wich alle Farbe.

„Es ist... nicht das, wonach es aussieht, Kenma", wandte Tetsurou deutlich irritiert ein. Es war ihm ein Rätsel, wie Kenma, der doch eigentlich ein kluger Kopf war, auf die Idee kam, dass sie Hinata, ein Kind, anzeigen würden, weil er Tobio, ebenfalls ein Kind, geschlagen hatte.

„Dann erkl—!"

„OH MEIN GOTT!", entfuhr es Chiyoko und riss entsetzt die Hände über Mund und Nase. Sie sah zu Tobio hinüber und fand sich direkt in den tiefblauen Augen versunken, die ihr ängstlich entgegenblickten. „Jetzt ergibt alles einen Sinn... dein Schulwechsel kurz vor Ende des Semesters... Kuroos ständige Sorge um dich... und auch, dass Kuroo dich keine Sekunde lang aus den Augen lässt und dir Lev wie ein Wachhund auf Schritt und Tritt überall hin folgt..."

Unter den nicht eingeweihten Anwesenden wurden fragende Blicke getauscht. Allerdings schien Lev nicht minder verwirrt. Er hat von Kuroo nie den Grund erfahren, weshalb er Tobio nicht allein lassen durfte. Würde er jetzt endlich die Wahrheit hinter Kuroos merkwürdiger Anweisung erfahren?

„Es sind deine Eltern, vor denen du weggelaufen bist, stimmts? Es waren deine Eltern, die dir das angetan haben...", sprach Chiyoko mit brechender Stimme das Undenkbare aus, während ihre Augen über die Verbände an Hals und Armen des Setters glitten. Tränen stiegen auf. Eigentlich brauchte sie keine Antwort auf ihre Frage, denn sie kannte sie bereits. Seit dem Abend, an dem Kuroo sie nach Hause gebracht hatte, hatte sie vermutet, dass Tobio etwas schreckliches zugestoßen sein musste. Doch ihre schlimmsten Befürchtungen nun bestätigt zu wissen, war wie ein Schlag in die Magengrube.

„I-Ich...", stammelte Tobio.

„Kageyama... s-sag, d-dass das nicht wahr ist...", bat Sugawara mit schwacher Stimme. „Sag, d-dass deine Eltern dich nicht... misshandelt haben..."

Tetsurou drückte fest die Hand seines Freundes. Die Katze war aus dem Sack. Das Geheimnis, welches Tobio hatte vor allen Leuten verbergen wollen, war nun ans Tageslicht gekommen. Aus der Situation, in der sich der Setter nun befand, konnte er sich nicht mehr herauswinden. Einzig und allein die Wahrheit würde diese missliche Lage klären können... Er konnte nichts weiter tun, als Tobio an der Hand zu halten und ihm zu zeigen, dass er nicht allein war.

Rivalität mit Folgen [Teil 2]Where stories live. Discover now