Kapitel 304

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Montag

Als Tobio am frühen Montagmorgen die Augen aufschlug, schickte der Himmel noch immer gleißende Blitze auf die Erde herab. Dunkler Donner grollte über die regenverhangene Stadt, die an diesem Tag in ein einheitliches, nichtssagendes Grau getaucht war. Die dicken, beinahe schwarzen Gewitterwolken verschluckten nahezu jedes Tageslicht.

Das Wetter war perfekt, denn es spiegelte so treffend Tobios aktuelle Gemütslage wieder.

Neben ihm lag Tetsurou, tief in die weiche Bettwäsche versunken, und gab einen friedlichen Anblick ab. Selbst im Schlaf war Tetsurou wunderschön. Er wirkte anmutig und unverletzbar. Seine imposante Erscheinung und seine immense Strahlkraft fungierten wie ein Schutzschild gegen jeden, der ihm etwas Böse wollte.

Zumindest bisher. Um genau zu sein bis zu dem Moment, in welchem sie einander kennen und schließlich lieben gelernt hatten. Denn an jenem denkwürdigen Tag, an welchem Tetsurou die Hand nach ihm ausgestreckt hat, hat dieser nicht nur seine uneingeschränkte Liebe erhalten, sondern auch den rasenden Zorn seiner Eltern auf sich gezogen, die es seither nach Rache dürstete. Dass sie jetzt hinter Gitter saßen, vereitelte ihre Pläne keineswegs. Vermutlich stellte das für sie gerademal eine lästige Unannehmlichkeit dar. Zu welchen fiesen Tricks seine Eltern während der Gerichtsverhandlung zurückgreifen würden, um ihre Köpfe aus der Schlinge zu ziehen, wollte er sich lieber nicht ausmalen.

„Du hast versprochen, dass dir nichts geschieht", flüsterte Tobio, während er andächtig über Tetsurous Gesicht strich. „Daran hältst du dich besser."

Ein leises Stöhnen seines Freundes ließ Tobio in der Bewegung innehalten. In der nächsten Sekunde machte sein Herz einen gewaltigen Satz in die Luft.

„Tobio...", hauchte Tetsurou im Schlaf, während er sein Gesicht an den zarten Fingern des Setters rieb. „... ich lasse nicht zu, dass dir weiteres Unrecht geschieht..."

Tobio wurde von seinen Gefühlen für den Schwarzhaarigen einfach überschwemmt. Hitze stieg in seine Wangen und ließ sein Gesicht glühen. Ergriffen streichelte er mit dem Daumen über Tetsurous Wange. „Ich weiß."

Obwohl noch im Schlaf gefangen, nahm Tetsurou die zärtliche Berührung an seiner Wange wahr. Prickelnde Schauer durchzogen ihn von Kopf bis Fuß. So eine Reaktion konnte nur ein einziger Mensch bei ihm auslösen. Er legte seine Hand auf Tobios, dann schlug er die Augen auf.

Der Herzschlag des Setters setzte aus. So viel Liebe lag in Kuroos bernsteinfarbenen Augen, dass er darin hätte ertrinken können. Nein. Er WOLLTE darin ertrinken. „T-Tetsu..."

Sachte legte Tetsurou eine Hand an Tobios Hinterkopf und zog ihn zu sich nach unten. Ein leises, verzweifeltes Wimmern schlug ihm entgegen, als ihre Lippen sich trafen.

Am ganzen Leib zitternd, ließ sich Tobio auf den Oberkörper seines Freundes sinken, um sich von dessen hingebungsvollem Kuss mit Haut und Haar verschlingen zu lassen. Er schloss die Augen und fragte sich, ob er wohl im Paradies aufwachen würde, wenn er sie das nächste Mal aufschlug. Oder befand er sich vielleicht sogar schon in Eden? Hier, in Tetsurous Armen?

„Tobio..."

„N-Nicht aufhören", fehlte Tobio, dessen Lippen nach denen seines Freundes schrien, die dieser viel zu früh zurückgezogen hat.

Die dünne, rauchige Stimme des Jungen legte bei Tetsurou einen Schalter um. Er packte Tobios Oberschenkel und zog ihn rittlings auf seinen Schoß. Die prallen Backes des Setters auf seinen Oberschenkeln, die sanften Wölbungen von Tobios Oberkörper auf seinem und dessen feine Finger, die sich fest in sein Haar krallten, fühlten sich traumhaft schön an. Mit jeder Sekunde, die sie so eng umschlungen vereint waren, gewann sein Verlangen an Macht. Nur ein winzig kleiner Rest klaren Verstandes war in seinem von Lust umnebelten Hirn noch vorhanden. Er wusste nicht, ob er stolz auf sich sein oder sich dafür hassen sollte, dass dieses kurzerhand die Führung übernahm. Achtsam, aber dennoch bestimmt, drückte er den Jungen von sich.

Rivalität mit Folgen [Teil 2]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt