Kapitel 334

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In dem Gerichtssaal herrschte so durchdringende Stille, dass man eine Feder hätte fallen hören. Alle Augen lagen auf dem Verteidiger, der in aller Seelenruhe seine Unterlagen zusammensuchte und sich nach einer gefühlten Ewigkeit schließlich dazu bequemte, von seinem Stuhl aufzustehen. Er hatte kaum einen Schritt getan, da tönte schon dessen dunkle Stimme schon durch den Raum.

„Darf ich dich Tobio nennen?"

Auf die Frage hatte Dr. Fujisawa Tobio nicht vorbereitet, weshalb er instinktiv abwehrend reagierte, so, wie er es bei Fremden bisher stets getan hatte. „Nein, Kageyama wäre mir lieber", gab er mit angespannter Stimme zurück.

Der Verteidiger nickte bedeutungsschwer. „Also wie deine Eltern."

Da Tobio keine Ahnung hatte, was er mit diesem merkwürdigen Kommentar anfangen sollte und was genau der Verteidiger damit sagen wollte, schwieg er einfach.

Keiji verstand, dass der Verteidiger so eine Verbindung zwischen Tobio und dessen Eltern aufzeigen wollte, die nicht von Verachtung geprägt war, sondern von dem Wunsch nach Nähe. Denn würde Tobio seine Eltern tatsächlich so abgrundtief hassen, wie er behauptete, wieso sollte er dann mit dem Nachnamen angesprochen werden wollen, den er mit Masato und Suzume teilte?

Tobio beobachtete argwöhnisch, wie der Verteidiger immer näherkam, bis dieser schließlich unmittelbar vor ihm stehenblieb, sodass er den Kopf unangenehm weit nach oben richten musste, um diesem ins Gesicht sehen zu können. Fujisawa hatte dies während ihrer Vorbereitungssitzungen auch oft gemacht, weshalb er an den Abenden nicht selten Nackenschmerzen gehabt hatte. Wie gut, dass er immer rasch eingeschlafen war.

„Du und Tetsurou Kuroo, ihr beide steht euch sehr nah, nicht wahr?", fragte der Verteidiger.

Eine scheinbar harmlose Frage, die Tobio ohne große Bedenken sofort beantwortet hätte, wenn nicht Dr. Fujisawas beißende Stimme durch den Gerichtssaal geschnitten hätte.

„Einspruch, euer Ehren. Tobios Verbindung zu Tetsurou ist irrelevant", sagte der Staatsanwalt. Seine Instinktive witterten Gefahr.

Der Vorsitzende wandte sich fragend an den Verteidiger.

„Bitte, euer Ehren, geben Sie mir ein paar Minuten, dann wird sich aufklären, worauf ich hinauswill", entgegnete der Verteidiger.

„Ist es auch wirklich fallrelevant?"

„Jawohl, euer Ehren."

„Dann fahren Sie fort. Aber kommen Sie bitte zügig zum Punkt."

„Sehr gerne, eurer Ehren", erwiderte der Verteidiger mit einer dankenden Verbeugung.

In dem Moment, in dem sich Murakami wieder zu Tobio drehte, merkte er, dass aus dem Verteidiger ein Raubtier geworden war, welches seine Beute in die Enge getrieben hatte und nun ganz genüsslich dabei zusah, wie sie vor Angst zerging.

„Also, Tobio Kageyama: In welcher Beziehung stehst du zu Tetsurou Kuroo?", wiederholte Murakami.

„Er ist mein Freund."

„Welche Art Freund?"

„Mein fester Freund", präzisierte Tobio. Worauf zum Geier wollte der Verteidiger hinaus?

„Um es ganz konkret zu fassen: Du und Tetsurou Kuroo, ihr seid also in einer romantischen Beziehung."

Der verächtliche Tonfall, in welchem der Verteidiger ‚in einer romantischen Beziehung' ausgesprochen hatte, eckte bei Tobio nicht nur an, sondern ließ ihn prompt aus der Haut fahren. „Ja, Tetsurou und ich, wir lieben einander auf romantische Art. Haben Sie etwas dagegen?"

Rivalität mit Folgen [Teil 2]Donde viven las historias. Descúbrelo ahora