Kapitel 330

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Montag

„Tobio."

„Mrrrrrrrrgh."

„Tobio, wach auf."

„Tetsu", nuschelte Tobio, im Schlaf den Platz im Bett neben sich mit der Hand absuchend. Er war leer.

„Hey, kleine Schlafmütze, komm, wir müssen aufstehen."

„Ich will nicht", grummelte Tobio mit geschlossenen Augen. „Komm wieder ins Bett."

„Das würde ich wirklich sehr gerne, aber es geht nicht", entgegnete Tetsurou.

„Dann komm her", forderte Tobio, den zweiten Teil des Satzes einfach ignorierend.

„Nein, Tobio, ich kann nicht", wiederholte Tetsurou.

„Wieso nicht?", fragte Tobio schlaftrunken. Es schien eine Ewigkeit zu vergehen, ehe er eine Antwort erhielt.

„... Weil deine Eltern hier sind, um dich abzuholen."

Tobio riss entsetzt die Augen auf. Auf dem Boden vor dem Bett kniete Tetsurou mit gefesselten Händen. Hinter ihm stand sein Vater, Masato, und hielt ihn fest an den Haaren gepackt.

„Hallo, Sohn", sagte Masato mit einem fiesen Grinsen im Gesicht, ehe er das Messer hinter seinem Rücken hervorholte und Tetsurou damit die Kehle aufschlitzte.

„NEEEEEEEEEEEEEEEEIN!", schrie Tobio, sich ruckartig aufsetzend. Mit schreckgeweiteten Augen sah er um sich, aber er konnte weder Tetsurou noch seine Eltern finden. Und er war im falschen Zimmer. Die Erkenntnis, dass er nur einen schlechten Traum gehabt hatte, sickerte allmählich in sein Bewusstsein. Leider half dies kein bisschen, um seinen rasenden Puls zu beruhigen oder die überwältigende Übelkeit zu vertreiben, die seinen Körper bis in die Finger- und Zehenspitzen hinein durchschüttelten. Aber immerhin klärte sich sein Sichtfeld und so erkannte er Koutarou, der vor ihm hockte und ihn besorgt musterte.

„—io?"

„Tobio, hörst du mich?", fragte Bokuto.

„K-Koutarou...", stammelte Tobio heiser.

„Ja, ja, genau. Alles in Ordnung?" Bokuto legte eine Hand an die Wange des jungen Setters – sie glühte förmlich.

„E-Es war nur ein schlechter Traum..."

‚Nur', echote Bokuto im Geiste bitter. Noch immer konnte er die Angst in den blauen Augen des Jungen flackern sehen. Er erhob sich und setzte sich auf die Bettkante. „Darf ich dich umarmen?"

Tobio nickte schwach. Nur einen Wimpernschlag später fand er sich in die Arme des muskulösen Grauhaarigen gehüllt wieder. Sein Herz bäumte sich auf: Es waren nicht Tetsurous Arme, die ihn hielten. Sein angeschlagener Geist hieß die Berührung jedoch herzlich willkommen. Er schob seinen Widerstand beiseite und drückte sich an Koutarous breite Brust.

„So ist es gut", schnurrte Bokuto. Er verstärkte seinen Griff um den Jungen und begann beruhigend, dessen Rücken zu streicheln. Dabei fing er Keijis Blick ein, der ihm bekräftigend zunickte.

Die Bilder des Alptraums bohrten sich wie Säure in Tobios Gedächtnis. Wieder und wieder blitzen sie vor seinem inneren Auge auf und mit jedem Mal wurden sie noch grausamer. Tränen bahnten sich ihren Weg an die Oberfläche und brachen ungehindert aus ihm heraus. Leise schluchzend vergrub er sein Gesicht tief in Kous Umarmung.

„Sch, sch, alles ist gut", sagte Bokuto, während er Tobio liebevoll den Kopf zu kraulen begann. Es musste ein grauenhafter Traum gewesen sein, wenn der Junge so fürchterlich deswegen weinen musste.

Es dauerte lange, bis Tobios Klagelaute leiser wurden und das Zittern nachließ. Bokuto wagte einen Versuch, um den Jungen ein bisschen aufzumuntern. „Wollen wir vielleicht zu dritt duschen gehen? Keiji und ich könnten dich ordentlich einschäumen und alle negativen Gedanken wegrubbeln."

Rivalität mit Folgen [Teil 2]Where stories live. Discover now