»Beruhige dich mal«, unterbrach er mein wirres Gemurmel. »Du musst gar nichts. Komm doch erstmal in Ruhe an und gib uns etwas Zeit. Die Koffer können auch noch bis morgen warten. Und kochen brauchst du nicht; ich habe schon mit den Jungs abgeklärt, dass wir Essen bestellen. Ist viel entspannter.«
»Ich kann mich aber nicht entspannen, so lange nicht alles ordentlich an seinem Platz verstaut ist«, erwiderte ich und drückte einen kurzen Kuss auf seinen Mund, ehe ich mich an ihm vorbeischob und im Flur meine Koffer holen ging.
Dort musste ich dann allerdings feststellen, dass mein Gepäck bereits andere Interessenten gefunden hatte. Yeontan und ein weiterer Hund beschnüffelten meine Sachen neugierig und schoben die Koffer mit ihren Schnauzen hin und her über das Parkett. Ich beobachtete die Szene total überrumpelt.
»Taehyung?!«, rief ich laut, ohne meinen Blick von den beiden Welpen abzuwenden.
Er kam sofort in den Flur geeilt und begann fett zu grinsen, als er sah, was – oder besser gesagt, wen – ich da entdeckt hatte.
»Darf ich vorstellen? Das ist Berlin, unser neuer Pekinesen-Welpe. Er ist auf einem Auge blind.«
»Du hast uns noch einen Hund gekauft?!«, quiekte ich entgeistert.
»Aus dem Tierheim gerettet«, korrigierte er mich stolz. »Ich dachte mir, dass es eine ganz schöne Überraschung wäre. Erinnerst du dich an damals, als wir das erste Treffen mit meinen Eltern geplant hatten? Da hatte ich dir gesagt, du sollst meinen Eltern erzählen, dass du mir zu unserem 100-tägigen Jubiläum einen Hund namens Berlin schenken wirst. Naja...und wir sind ja am 10. April zusammengekommen...also war neulich am 19. Juli unser 100-Tägiges. An dem Tag habe ich Berlin adoptiert.«
Ich starrte ihn überrumpelt an. »A-aber wer soll sich denn um zwei Hunde kümmern? Ich bin tagsüber in der Uni, und du bist ständig für deinen Job unterwegs!«
»Keine Sorge«, lächelte Tae. »Berlin wird wie Yeontan bei BigHit herzlich aufgenommen. Er darf sogar mit zu Filmsets kommen. Und das Schöne ist doch, dass wir direkt neben dem Seoul Forest wohnen. Der eignet sich prima fürs Gassi-gehen.«
»Du bist echt verrückt«, schnaufte ich und setzte mich im Schneidersitz auf den Boden, um das flauschige, cremefarbene Fell des Welpen zu streicheln. Dieser begann sofort, genüsslich über meine Hand zu lecken und mit dem Schwänzchen zu wedeln. Mir ging dabei so das Herz auf, dass es mir letztendlich ziemlich schwerfiel, wieder aufzustehen und mit Taehyung meine Koffer in die obere Etage ins Schlafzimmer zu tragen.
Der Raum mit der abgehängten Decke, dem indirekten warmen Licht, der großen Monstera-Pflanze und den diversen Gemälden von Taehyung wirkte erstaunlich gemütlich. Doch den Blickfang stellte eindeutig das riesige Rundbett dar, auf dem neben zahlreichen bunten Kissen – die Taehyungs Mutter für uns genäht hatte – auch ein großer Zettel lag. Fragend wanderte mein Blick zu Tae, der nervös am Saum seines Pullovers nestelte.
»Bitte hass mich nicht dafür«, sagte er und lachte unsicher auf. »Aber du hattest so viele Bedenken wegen des Umzugs, weil du ja deine Familie zurücklassen musstest und Angst hast, deine Geschwister könnten dich vergessen...Also wollte ich dir das Ganze etwas erträglicher machen und habe online Tickets gebucht. Sie können uns alle zu Chuseok besuchen kommen. Die Tickets sind aber flexibel, also geht es, wenn es dir lieber ist, auch über Weihnachten und Silvester.«
Unsere Familien waren Taehyung und mir sehr wichtig und hatten daher während unserer Telefonate in den vergangenen Monaten oft ihren Weg in unsere Gespräche gefunden. Dabei hatte Taehyung mir freudig erzählt, dass er aktiver mit seinen Eltern und Eonjin Kontakt hielt und sich sogar in winzigen Schritten Jeongyu annäherte, der anscheinend meinen Einfluss auf seinen Bruder als durchaus positiv empfand und bereit war, sich an einem besseren Verhältnis zu versuchen. Ich hingegen hatte Tae oft von meinen Ängsten erzählt, die sich eben so anhäuften, wenn man plante, tausende Kilometer von seinen Liebsten wegzuziehen. Dass er diese Sorgen so ernstgenommen hatte, dass er hier nun mit sechs Flugtickets vor mir stand, konnte ich kaum fassen. Taehyung war wirklich ein unglaublich aufmerksamer und herzensguter Mensch.
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perfecт ѕтrangerѕ
Fanfiction[✔] »Über Nacht zu Stars werden« - ein Spruch, den die Freundinnen Maya und Julia nur aus überzogenen Geschichten über den American Dream kennen. Dennoch bekommt er eine ganz neue Bedeutung, als die beiden Mädels durch eine unglaubliche Verkettung a...
94 - Epilog Pt. II : Julia
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