40 - HOME Pt. I

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Kapitel 40
»HOME Pt. I«

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Julia

Das ewige Dröhnen der Turbinen hallte auf eine unschöne Weise in meinen Ohren wider und die Armaturen des Flugzeugs wurden nicht gemütlich, egal, mit wie vielen Kissen und Kleidungstücken ich sie polsterte. Wie sollte man so schlafen?! Mir war übel vor Müdigkeit, meine Schläfe pochten und diese großen Füße fühlten sich taub vor Kälte an. Und selbst ohne diese Störfaktoren hätte ich kein Auge zugedrückt bekommen, denn jetzt, wo wir auf dem Weg zurück nach Seoul waren, brachen alle Ereignisse aus Los Angeles erst so richtig auf mich ein.

Ich hatte es tatsächlich geschafft, Taehyung und mich auf jede erdenkliche Weise zu blamieren. Vom Shooting mit der zerrissenen Fotowand, über das Interview-Desaster mit Namjoon, bis hin zu dem Zitteranfall auf der Grammy-Bühne – nichts war nach meinen Vorstellungen verlaufen. Auch beim Fototermin im Backstage-Bereich und dem anschließenden Livestream für ARMY hatte ich mich mehr als unwohl gefühlt und war hinter den restlichen Members abgetaucht. Kim Taehyung stand jetzt als unfotogene, feige Memme da...aber er tat mir nicht leid. Ich tat mir nur selbst leid. All meine Empathie und Sympathie waren in dem Moment verschwunden, in dem er mir offenbart hatte, wie mein Outfit für den Rückflug aussehen sollte. Ja, richtig geraten. Ich steckte schon wieder in den gleichen, blamablen Gärtner-Slippers und der viel zu weiten, beigen Rentner-Hose, die an meinen Knöcheln mehr Falten als das Gesicht seiner toten Oma schlug.

Lange Rede, kurzer Sinn: Nachdem ich es während unseres Aufenthalts in Amerika tatsächlich in Erwägung gezogen hatte, das Kriegsbeil zwischen ihm und mir zu begraben, waren wir jetzt wieder zurück auf Anfang. Nein, nicht nur wegen der bescheuerten Schuhe, sondern auch, weil Kim Taehyung vor ein paar Minuten ein Bild in unsere Gruppe geschickt hatte.

Fehler Nummer 1: Die Dreistigkeit, allen BTS-Members ein Selfie von meinem Gesicht zu schicken! Natürlich noch mit Grimasse dazu, weil...wenn dann richtig, ne?

Fehler Nummer 2: Mit dem Flugzeug-Essen zu posieren und sich dabei ein Stück Hühnchen in den Mund zu schieben. An diesem Punkt war ich mir sicher, dass er mich provozieren wollte. Wenn er glaubte, mich an den Anblick gewöhnen zu können, wie meinem Körper Fleisch zugeführt wurde, dann musste er jetzt in den sauren Apfel beißen. Dieses Foto nahm ich ihm wirklich übel.

Am liebsten würde ich gerade heulen. Ich hatte Heimweh und sehnte mich nach dem Gefühl, meiner Familie in den Armen zu liegen. Die kleinen, alltäglichen Dinge fehlten mir, wie beispielsweise mir die langen Haare zu bürsten oder mich abends nach einem anstrengenden Tag selbst berühren zu dürfen. Natürlich würde ich Taehyungs Körper nie im Leben anfassen – aber genau da lag das Problem. Ich brauchte dieses Gefühl wieder, für meinen eigenen Körper verantwortlich zu sein und dementsprechend meine eigenen Entscheidungen zu treffen. Eigentlich sollte das doch selbstverständlich sein...aber da mein Körper gerade am anderen Ende des Flugzeugs saß und geschlachtetes Tier in sich hineinstopfte, wurde ich offenbar mindestens um die Hälfte aller meiner Menschenrechte beraubt. Und es interessierte niemanden, denn ansonsten müsste ich hier nicht in diesen Slippers sitzen.

Vielleicht lag es an dieser Reise, dass ich gerade so emotional wurde. Denn ein winziges Bisschen hatte sich unser Amerika-Aufenthalt schon wie Urlaub angefühlt...aber Urlaub bedeutete für mich, dass man sich anschließend wieder auf das Gefühl von Zuhause freuen durfte. Für Maya und mich ging es jedoch zurück nach Seoul...und so sehr ich mir vor ein paar Wochen auch gewünscht hätte, einmal diese Stadt zu bereisen, so sehr wollte ich nun, dass unser Flieger einen Zwischenstopp in Berlin machte, um uns zwei dort abzusetzen. Es wurde einfach zu viel. Noch vor kurzem hätte ich es niemals für möglich gehalten, dass ich mich jemals von BTS wegwünschen würde.

perfecт ѕтrangerѕWhere stories live. Discover now