54 - Give It To Me

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Kapitel 54
»Give It To Me«

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Julia

Es gab viele Momente, in denen ich gar nicht mehr wirklich realisierte, was für ein Leben ich im Moment führte. Ich lebte von Termin zu Termin, von Trainingsstunde zu Trainingsstunde. Das Rasieren, das Duschen, die Toilettengänge und die neue Garderobe nahm ich inzwischen gar nicht mehr bewusst als unangenehm wahr. Dass mein Alltag nun aus Singen, Tanzen, Anproben und Meetings mit diversen Managern bestand, fand ich nur dann noch abstrakt, wenn ich abends in einem Bett lag, in dem Kim Seokjin vielleicht schon mal geschlafen hatte, und trotz völliger Übermüdung nicht in den Schlaf fand. Es war absurd, wie ich nachts wach lag und mit leerem Kopf an die Decke starrte, vormittags dann aber so energielos war, dass ich teilweise sogar auf den Stühlen im Tanzsaal einschlief. Dabei war ich nie der im-Sitzen-einschlafen-Typ gewesen.

»Hier, du solltest etwas trinken«, sagte Jimin fürsorglich und reichte mir eine Wasserflasche. »War doch gut heute, meinst du nicht?«

Ich nickte abwesend und nahm schnell einen großen Schluck, um ihm nicht weiter antworten zu müssen. Heute war nämlich keiner dieser Tage, an dem der Idol-Alltag einfach an mir vorbeizog. Heute war ein Tag, an dem mir das alles mal wieder so richtig bewusstwurde. Ein Tag, an dem ich realisierte, dass es mein Arbeitskollege Park Jimin war, der mir da gerade netterweise etwas zu Trinken angeboten hatte. Jetzt gerade unterhielt er sich mit einem weiteren Kollegen – Jeon Jungkook – über irgendwelche Adlibs in Mikrokosmos, die noch ausgebessert werden sollten. Es war doch viel zu verrückt, dass wir hier zusammen im Tonstudio standen und für anstehende Konzerte probten. Ich meine...was hatte jemand wie ich hier verloren?!

»Du managst den Bariton jetzt auf jeden Fall besser und triffst die meisten der Töne«, lobte mich unser heutiger Gesangscoach. »Wirklich problematisch ist nur die Höhe bei Answer: Love Myself. Aber das kriegen wir schon noch hin. Gute Arbeit, Jungs. Jin, bleibst du vielleicht noch kurz hier? Die Produzenten und ich haben uns abgesprochen und wir würden bei Dionysus deinen Part gerne nochmal neu aufnehmen. Der Rest kann gehen.«

Wir verabschiedeten uns alle mit einer Verbeugung, dann verließ ich mit Jungkook, Jimin und Taehyung – der uns die ganze Zeit nur schweigend zugeguckt hatte – das Studio. Inzwischen fühlte ich mich in dieser Gruppenkonstellation gar nicht mehr so unwohl, aber es wäre definitiv angenehmer, wenn Maya hier wäre. Da sie bei den Treffen der Vocal Line aber nichts verloren hatte, trennten sich hierbei unsere Wege jedes Mal. Vielleicht studierte sie ja gerade weiter die Choreografien ein oder gönnte sich ausnahmsweise mal eine Pause. Wo auch immer sie sich in diesem riesigen Gebäude gerade herumtrieb...ich vermisste sie hier an meiner Seite. Und ich hätte nicht gedacht, dass ich irgendwann in meinem Leben mal an einen Punkt kommen würde, an dem mir irgendetwas fehlte, während ich zwischen drei BTS-Members durch die BigHit-Flure schlenderte. Aber Maya und ich fanden in letzter Zeit so wenig Momente, in denen wir uns mal vernünftig austauschen konnten, dass ich fast das Gefühl bekam, meine beste Freundin so langsam zu verlieren. Zu gerne würde ich sie fragen, warum sie heute Vormittag einfach aus dem Tanzsaal gestürmt war. Aber mir blieb einfach kein Zeitfenster für sowas.

»Julia, können wir reden?«, fragte mich Taehyung mitten aus dem Nichts. Naja, eigentlich nicht wirklich. Ich hatte schon das gesamte Gesangstraining damit gerechnet, dass ihm irgendetwas auf dem Herzen lag und er mich früher oder später darauf ansprechen würde. Er war auffallend still gewesen.

»Eigentlich wollte ich zu Maya...«, murmelte ich.

»Ich glaube, sie ist beschäftigt«, warf Jimin ein. »Hobi hat mir vorhin eine Nachricht geschrieben, dass er mit ihr noch irgendetwas wegen der Rap-Parts absprechen wollte. Kann gut sein, dass sie damit noch nicht durch sind.«

perfecт ѕтrangerѕWhere stories live. Discover now