67 - Hongkong Pt. III

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Kapitel 67
»Hongkong Pt. III«

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Taehyung

Taehyung hätte es wissen müssen. Sie alle hätten es wissen müssen. Zwei völlig unerfahrene Mädchen in das professionelle Bühnenprogramm einer international erfolgreichen Band aufzunehmen, war eine unheimlich beschissene Idee gewesen. Er hatte wirklich all den Stress und die Selbstverwürfe verdient, die er sich nun beim Anblick Julias machte. Wie hatte er auch nur für eine Sekunde glauben können, dass es sein gutes Recht war, Julia das durchmachen zu lassen?!

»Komm schon...bitte«, flüsterte er leise und starrte weiterhin mit völlig panischem Blick auf den Bildschirm, der das Bühnengeschehen übertrug. »Ich glaube an dich. Du packst das.«

Während Taehyung seine Körpertauschpartnerin keine Sekunde aus den Augen ließ und wie versteinert neben Yoongi stand, um stille Gebete gen Himmel zu senden, rannten die restlichen Crew-Members hinter ihm quer durch den Aufenthaltsraum, als wären sie von Fischernetzen bedrohte Forellen. Es war buchstäblich die Hölle los. Taehyung hatte sich schon immer gefragt, was denn hinter der Bühne so geschah, während die Band performte, doch er hatte es sich lange nicht so stressig vorgestellt. Vielleicht lag es aber auch wirklich nur an Julia, dass hier gerade alle so ausrasteten.

»Was macht Taehyung denn da? Los, kommt schon. Redet mit ihm! Redet gefälligst über das Earpiece mit ihm. Er soll was machen. Irgendwas!«, rief irgendein uneingeweihtes Crew-Mitglied quer durch den Green Room.

»Sieht nach einem Blackout aus«, murmelte die Make-Up-Artistin Doyeon, die am Schminktisch neben Taehyung gerade ihre Pinsel sortierte und dabei immer wieder aufgeregt zum TV aufsah.

Taehyung nickte nur abwesend und kaute nervös auf seiner Unterlippe, während er Julia weiterhin durch den Bildschirm beobachtete. Sie war in eine völlige Starre verfallen, kaum hatten sie alle die Bühne betreten. Seitdem saß sie wie versteinert auf dem Drehstuhl neben den tanzenden Members und starrte panisch in die Menschenmassen vor sich. Die einzigen Bewegungen, die von ihr ausgingen, waren gelegentliche Zuckungen und das Zittern. Am liebsten wäre er selbst zu ihr gerannt und hätte sie dort weggeholt – das konnte und wollte er echt nicht länger mitansehen.

»Das hat er doch sonst nicht!«, kommentierte Heekyung, eine weitere Make-Up-Artistin, aufgebracht. »Irgendwie ist er so anders drauf in letzter Zeit.«

»Unsinn! Er benimmt sich ganz normal!«, platzte es in der Verzweiflung aus Taehyung heraus. Nur eine Sekunde später hätte er sich dafür am liebsten selbst geohrfeigt. Eigentlich hatte er die Lage weniger verdächtig aussehen lassen wollen, aber das war wohl nach hinten losgegangen...

»Und das kannst du Newbie jetzt so gut beurteilen weil...?«, erwiderte Doyeon schnippisch.

»Weil...weil...«, stammelte Taehyung aufgewühlt.

Zum Glück schien einer unwichtigen Person wie ihm aber sowieso niemand hier länger zuhören zu wollen, denn Doyeon reagierte überhaupt nicht auf sein Stottern, sondern spekulierte stattdessen lieber weiter mit den anderen Stylistinnen, was V denn nun fehlen könnte. Es frustrierte Taehyung ein wenig, wie anders ihn genau die Crew-Mitglieder nun behandelten, die ihm ursprünglich am nächsten gestanden hatten. Doyeon kam ihm mit einem Mal sogar ziemlich arrogant und zickig vor, obwohl sie sonst immer total nett und zuvorkommend zu ihm gewesen war.

Schnell verdrängte er diese Gedanken wieder. Jetzt gerade ging es nicht um ihn, sondern um Julia, die dort auf der Bühne saß und sich kein Stück rührte, obwohl sie gleich zumindest ihre Lippen zu seinem Part in Idol bewegen sollte. Das hier verwandelte sich allmählich in einen furchtbaren Albtraum. Er musste Julia irgendwie aufwecken. Sie konnte das schaffen – davon war er fest überzeugt. Aber dazu musste sie erst einmal einen Weg aus ihrer Starre finden!

perfecт ѕтrangerѕWhere stories live. Discover now