80 - What Am I to You

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Kapitel 80
»What Am I to You«

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Maya

Der frische Wind blies mit um die Ohren und wirbelte meine ohnehin schon völlig wirren Haare umher. Eigentlich hatte der bevorstehende April Wärme mit nach Seoul gebracht, doch heute Nacht fröstelte es mich bis auf die Knochen. Oder sollte ich besser sagen, bis aufs Herz?

Ich wusste nicht so recht, was mich letztendlich in den anliegenden Park, den Berg hinauf und schließlich zu dem Pavillon gebracht hatte, an dem ich mit Yoongi vor einigen Wochen skaten gewesen war. Vielleicht die Tatsache, dass ich ohnehin nichts anderes in der Umgebung kannte und meine beiden Handys, wie letztes Mal auch, zuhause lagen und mich nicht navigieren konnten. Vielleicht aber auch einfach die Nostalgie und der Wille, mich nur noch einmal mehr selbst zu verletzen.

Es war inzwischen so spät, dass ich keine Menschenseele auf dem Weg und am Aussichtspunkt selbst angetroffen hatte, was mir letztendlich auch ganz recht war. Nach wie vor flossen mir in unaufhaltsamen Strömen die Tränen über die Wangen und brannten salzig auf meiner Haut und meinen Lippen. Wegen Julia. Wegen Yoongi. Wegen einfach all dem, was ich gerade noch mein klägliches Leben nennen konnte.

Ich saß auf dem Holzbalken am Geländer, der als Sitzbank diente, und starrte hinab auf Seoul. Von fern drangen die Geräusche der Stadt an meine Ohren und die Lichter blinkten unaufhörlich. Traurig, dass ich jetzt schon über zwei Monate hier »lebte« und noch immer so gut wie nichts wirklich gesehen hatte. Nicht Hongdae und seine vielen hippen Shops und Neon-Schilder. Nicht den N Seoul Tower, den ich selbst von hier durch die Nacht leuchten sehen konnte. Nicht den Gyeongbokgung-Palast, den Gwangjang-Markt, das Szeneviertel Itaewon oder den Seoul Forest. Alles, was ich kannte, war der Flughafen Incheon, das Marriott und das BigHit-Gebäude von innen, einen hochkarätigen Friseursalon und die Filmsets. Und eben diesen kleinen Aussichtspunkt auf Hannam The Hill.

Das Traurigste daran war, dass ich mich gerade nicht einmal motiviert dazu fühlte, all diese Orte zu besuchen. Ich war nie jemand gewesen, der je den Drang verspürt hatte, alleine zu reisen. Wenn dann wollte ich solche Momente mit jemanden teilen. Doch ich hatte niemanden für Sightseeing in Seoul. Niemanden jedenfalls, der es mit mir machen würde oder es überhaupt konnte.

Ich griff in meine Jackentasche, nur um mir wieder darüber bewusst zu werden, dass ich keins meiner Handys mitgenommen hatte. Dabei wäre ich jetzt gerne dem Drang nachgekommen, Paulis und meinen Chat zu öffnen. Tausendmal hatte ich überlegt, sie noch einmal zu fragen, ob ich nicht vielleicht doch das Zimmer behalten konnte...doch ich schaffte es einfach nicht. Es fühlt sich nicht richtig an. Konnte Julia nicht verstehen, dass ich sie nicht so lange hinhalten wollte? Dass ich lieber mit ihr alleine eine Wohnung suchen würde, wenn wir jemals wieder nach Berlin zurückkehren konnten? Dass ich verdammt nochmal keinen Fuß aus Seoul setzen würde, solange sie noch in Taehyungs Körper steckte?

Ich hätte es ihr sagen sollen. Es ihr genauer erklären. Aber ihre Worte und ihre unbändige Wut hatten mich so unsagbar verletzt, dass ich lieber einfach abgehauen war. Vielleicht die bessere Entscheidung. Wenn Julia einmal auf Hundertachtzig war, dann ließ man sie am besten erst einmal in Ruhe. Doch das änderte nichts an meinem Gefühl, dass ich mit meinen Fehlern einen unsagbar großen Schaden angerichtet hatte. Einen, den ich vielleicht wirklich nicht mehr reparieren konnte...

Ich schniefte und ballte meine leeren Hände in meinen Jackentaschen zu Fäusten. Wieso war nun alles noch einmal so viel schwerer geworden, obwohl ich doch eigentlich wieder genau das hatte, nach was ich mich so gesehnt hatte? Mein Körper gehörte wieder mir und doch saß ich hier alleine unter einem Pavillon und ertrank förmlich in meiner Verzweiflung. Was würde erst passieren, wenn Yoongi mir in den nächsten Tagen eröffnete, dass er sich entschieden hatte? Wenn er mir sagen würde, dass es nicht reichte? Und selbst, wenn er es probieren wollte...was würde es mir nutzen, wenn er immer noch diese Unsicherheit in sich trug? Wenn er immer derjenige blieb, der weniger fühlte?

perfecт ѕтrangerѕWo Geschichten leben. Entdecke jetzt