50 - The Truth Untold

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Kapitel 50
»The Truth Untold«

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Julia

Mit jeder weiteren Stufe, die ich die Treppe emporstieg, zitterten meine Hände noch ein wenig mehr. Selten war so viel Adrenalin durch meinen Körper geschossen, wie in diesem Moment. Eigentlich war ich ja froh, nicht länger mit Taehyungs Eltern an einem Tisch sitzen zu müssen, aber die bevorstehende Begegnung mit seinem Bruder war noch viel schlimmer. Ich hatte keine Ahnung, was genau zwischen den beiden vorgefallen war, da Taehyung es während unserer Vorbereitungen auf das Treffen nur mit einem »Wir haben uns einfach auseinandergelebt« abgetan hatte. Jetzt gerade wünschte ich mir, er hätte seine Erzählung ein wenig mit Details ausgeschmückt.

Die obere Etage war wie das Wohnzimmer in einem gemütlichen Landhausstil eingerichtet. Die Decke wurde von ein paar dunkelbraunen Balken gestützt, von denen Hängepflanzen baumelten, und an den Wänden hingen zahlreiche Bilder. Ich erhaschte einen Blick auf ein Urlaubsfoto, in dem Taehyung mit seinen Geschwistern im Sand eingebuddelt am Strand lag. Gleich daneben war er beschmiert mit Schokoladeneis abgebildet. Das markante, boxartige Grinsen zierte seine Lippen, die dunklen Haare wurden vom Wind verstrubbelt und das Strahlen in seinen Augen war wirklich entwaffnend. Für einen kurzen Moment schien meine Angst zu schwinden und ich musste sogar ein wenig schmunzeln. Dann jedoch wurde mir bewusst, dass mich die Fotos erstens nichts angingen und ich zweitens etwas Wichtiges zu erledigen hatte.

Die Türen waren alle geschlossen, allerdings war zumindest Eonjins Zimmer erkennbar. Taehyung hatte mir erzählt, wie sehr sie Volleyball liebte, weshalb das große Haikyuu-Poster sofort auffiel. Darunter hing ein Metall-Schild, auf dem »Eomma, Appa, Jeongyu: Zutritt verboten. Aliens, Hogwarts-Eulen, Peter Pan: Immer willkommen« geschrieben stand. Alles schön und gut...aber wie sollte ich Jeongyus Zimmer finden, der mir nicht so eindeutige Hinweise an der Tür hinterlassen hatte?

Auf gut Glück begann ich einfach an der Tür neben Eonjins zu klopfen. Niemand antwortete mir, aber damit hatte ich gerechnet. Als ich die Klinke mit schwitzigen Händen hinunterdrückte und in den Raum spähte, entpuppte dieser sich als Badezimmer. Seufzend schloss ich die Tür wieder und blieb unentschlossen im Gang stehen. Wahrscheinlich hätte ich noch ewig weiter suchen müssen, wenn nicht plötzlich aus dem Zimmer am Ende des Flurs eine Gitarrenmelodie zu mir gedrungen wäre, die mir seltsam bekannt vorkam. Ich horchte überrascht auf. Das musste Jeongyu sein.

»Komm rein«, hörte ich ihn rufen, noch ehe ich angeklopft hatte. Verwirrt kam ich der Aufforderung nach und drückte die Klinke herunter.

Jeongyus Zimmer war wunderschön. An die Wände und an die Decke hatte er in bunten Farben Graffitis gesprüht, an seinem Schreibtisch hingen überall eigene Zeichnungen und ein großer Chinchilla-Käfig stand am Fenster. Die Gitarre in seiner Hand hatte er mit ganz vielen Stickern beklebt. Mein Unwohlsein schwand mit jeder Sekunde, in der mein Blick durch das wundervolle Chaos des Raums wanderte.

Jeongyu lenkte meine Aufmerksamkeit auf sich, als er erneut diese Melodie zu spielen begann. Nun erkannte ich sie endlich. Ich dachte nicht weiter darüber nach, begann einfach leise und brüchig den Songtext zu singen.

»Would you love me more...if I killed someone for you?...Would you hold my hands?...They're the same ones that I used...when I killed someone for you...Would you turn me in...when they say I'm on the loose?...Would you hide me when...my face is on the news?...'Cause I killed someone for you.«

Er verspielte sich und brach ab; ich hörte auf zu singen. Wir starrten einander einfach nur an, unschlüssig und peinlich berührt. Sein Blick durchbohrte mich kalt und unbarmherzig, während meine Panik zunehmend stieg.

perfecт ѕтrangerѕWhere stories live. Discover now