10 - Jamais Vu | Berlin Pt. I

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Kapitel 10
»Jamais Vu | Berlin Pt. I«

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Maya

Ich drückte mir den Schal so sehr ins Gesicht, dass ich zusammen mit der tief über die Stirn gezogenen Kapuze meines Pullovers fast Probleme bekam, etwas zu sehen...geschweige denn zu atmen. Die graubraunen Haare hatte ich versucht, irgendwie mit unter die Beanie zu stopfen, was mir mehr oder minder gut gelungen war. Alles in allem musste ich aussehen wie ein Eskimo mit einem Hauch von Einbrecher. Wie gut, dass in Berlin oft noch viel Absurderes herumfleuchte, als dass man mich so als »besonders auffällig« eingestuft hätte.

Mein Herz – das zu meiner erschreckenden Erkenntnis wohl auch nicht mehr mein eigenes war – sprang mir trotzdem fast aus der Brust, als ich den Bahnhof Berlin-Pankow erreichte. Das altertümliche Bahnhofsgebäude erhob sich heute noch gruseliger als sonst neben den vielen sechsstöckigen Mehrfamilienhäusern des Stadtteils. Die uralte Uhr über dem Eingang zeigte gerade halb 10 an und erinnerte mich nur noch einmal mehr daran, dass meine eigentliche Schicht schon vor einer halben Stunde begonnen hatte. Es war aufgrund der fortgeschrittenen Uhrzeit nicht mehr allzu viel los, doch genug, um mir noch mehr Angst einzujagen. Zwar schien mich keiner wirklich zu beachten, doch ich fühlte mich so beobachtet, dass mir ständig die Knie weich wurden.

Mit stur auf den Boden gerichteten Blick marschierte ich durch das Gebäude, bis ich schließlich auf dem S-Bahn-Gleis landete. Die verwaschenen, rot-gelb gekachelten Fliesen starrten mir entgegen, während ich mich eiligst hinter die beiden geschlossenen Verkaufshäuschen verziehen wollte – nur, um dann festzustellen, dass dort ebenfalls schon einige Leute standen. Auch eine Gruppe von Schulmädchen, die kichernd über einem Handy hingen. Nie hätte ich gedacht, dass mir so etwas mal Panik bescheren würde.

In diesem Moment schossen mir unendlich viele Fragen durch den Kopf. Wie viele ARMYs lebten wohl in Berlin? Wie viele davon wären fähig, einen BTS-Member auf der Straße in so einem Aufzug zu erkennen? Und wie viele davon würden es wagen, auf ihn zuzugehen oder ihn zu fotografieren? Schlagartig wurde mir klar, was für ein Chaos ich eigentlich anrichten konnte. Würde man mich entdecken, könnte das Höllenwellen schlagen. Min Yoongi in Berlin. Ganz alleine, ohne auch nur einen Security-Angestellten, der ihn vor den auf Twitter organisierten Fan-Massen beschützen konnte.

Bei dem Gedanken daran hätte ich am liebsten auf der Stelle wie ein alkoholisierter Obdachloser an den stählernen Pfeiler des Bahnhofs gekotzt. Ich fühlte mich so beschissen wie schon lange nicht mehr. Immerhin schaffte ich es, mich ein wenig zu beruhigen, als die Mädchengruppe im ankommenden Zug auf der anderen Seite des Bahnsteigs verschwand.

Es dauerte nur ein paar Minuten, bis auch endlich meine knallgelbe Metro-Bahn der Linie 1 mit einem leisen Quietschen auf dem Gleis einfuhr und unter einem stetigen Piepen ihre Türen öffnete. Ich stolperte fast in eine Frau mit Kinderwagen, als ich mit immer noch gesenktem Kopf in den Waggon hechtete. Ich konnte ihren wütenden Blick förmlich im Nacken brennen spüren, als ich mich nicht entschuldigte...obwohl ich es wirklich gerne getan hätte.

Zu meiner großen Sorge musste ich schnell feststellen, dass die Bahn ziemlich voll war. So landete ich letztendlich mit einem Anzugträger und zwei businessmäßig gekleideten Damen in einem der Durchgänge. Meine Hand klammerte sich so heftig an die gelbe Haltestange, dass die Knochen weiß hervortraten, während mir von dem stetigen Schwanken der Fahrt schon wieder schlecht wurde.

Abgesehen von meinem flauen Magen fühlte ich mich auch anderweitig immer noch komisch. Falsch im eigenen Körper. Meine Hose drückte an Stellen, an denen sie bisher nie gedrückt hatte und ich kam mir vor wie ein Schrank im Vergleich zu der Statur, die ich zuvor besessen hatte...Hilfe, wie bescheuert das klang. Dabei war Yoongi nicht einmal besonders breit oder hoch gebaut.

perfecт ѕтrangerѕOpowieści tętniące życiem. Odkryj je teraz