93 - Epilog Pt. I : Maya

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»Ja, sieht ganz so aus«, stimmte ich ihr zu, nachdem ich den an seinem Wagen lehnenden Koreaner mit zusammengekniffenen Augen in der Ferne ausgemacht hatte. Warum auch immer mich sein Anblick glücklich machte...eigentlich hatten wir mit ihm nie ein Wort gewechselt.

Unser Fahrer stellte sich tatsächlich als Kim Sungho heraus, der uns sogar mit einer Andeutung von Wir-kennen-uns-ja-bereits begrüßte und uns darauf half, das Gepäck im Auto zu verstauen. Seine Kommunikationsbereitschaft endete dennoch, nachdem wir alle eingestiegen und kurz die Route durchgesprochen hatten. Dann konzentrierte er sich nur darauf, den Wagen vom Flughafengelände zu lenken.

Ich nahm mir einen Moment und genoss die kühle Luft, die uns von der modernen Klimaanlage des Hyundais entgegengepustet wurde. Tatsächlich hatte ich Seoul noch nie in seiner voll vom Sommer aufgeheizten Pracht erlebt. Die Hitze, die mir beim Verlassen der Eingangshalle ins Gesicht geknallt war, hatte mich kurz schlucken lassen. Dann jedoch hatte ich mich daran erinnert, dass es eben immer gewisse Opfer gab, die man bringen musste. Oh ja...und wie ich das inzwischen wusste!

»Ich kann's echt kaum glauben, dass wir jetzt endlich wieder hier sind«, seufzte Julia neben mir, die ganz offensichtlich ebenfalls den frischen Windhauch mehr als wertschätze. »Jede Fahrt von den Flughäfen zurück in die Stadt, die wir gemacht haben...sie waren alle so...«

»...scheiße?«, ergänzte ich grinsend, woraufhin sie beschwichtigend nickte.

»Gerade deswegen genieße ich das hier heute umso mehr«, fuhr sie fort und ließ sich dabei mit einem Ausdruck tiefster Zufriedenheit in ihren Sitz sinken. »Auch, wenn ich ein bisschen Angst hab, wenn hier die Uni losgeht.«

»Das wird schon, ich glaub' ganz fest dran«, versuchte ich sie, wie immer, zu ermuntern. Und ich musste dabei gar nicht erst so tun als ob.

Es dauerte, wie jedes Mal, eine ganze Weile, bis Sungho mit uns endlich das eigentliche Stadtgebiet von Seoul erreichte. Noch einmal eine gute halbe Stunde, bis er sich durch den regen Verkehr bis in den Yongsan-gu ins UN Village durchgekämpft hatte. Meinem neuen Zuhause, das sich absolut nicht weit entfernt von meinem quasi-alten auf Hannam The Hill befand. Letztendlich kam der Wagen vor dem gut abgesicherten Eingang der verschachtelten, cremefarbenen Wohnanlage zum Stehen und der Chauffeur stieg mit mir aus, um mir das Gepäck aus dem Kofferraum zu hieven. Erst, als ich alles beisammen hatte, drehte ich mich zu Julia um, die ihre Scheibe heruntergelassen hatte.

»Also wir sehen uns dann später«, verabschiedete sie sich mit einem fetten Grinsen auf dem sommersprossigen Gesicht. »Wehe ihr seid nicht pünktlich. Euren Spaß könnt ihr auch nach der Party noch haben.«

»Fick dich, Weasley«, erwiderte ich kopfschüttelnd, ehe ich ihr eine ironische Kusshand zuwarf.

»Alles klärchen, Mayonnaise!«

Sie winkte unberührt und nach wie vor grinsend, ehe sie unter einem Summen die Scheibe wieder hochfuhr und der Wagen unter dem leisen Knirschen der Reifen davonrollte.

Ich atmete tief durch, während ich mich dem Eingang der Anlage zuwandte, die ich bisher nur von Bildern gekannt hatte. Meine Finger schlossen sich in der Tasche meiner viel zu warmen Weste um den Anwohnerausweis, der mir von Yoongi vorsorglich zugeschickt worden war. Erst nach einigen Sekunden konnte ich mich endlich dazu durchringen, mein neues Heim zu betreten. Immerhin wartete darin bereits jemand auf mich, bei dem ich es kaum erwarten konnte, ihn wieder in die Arme zu schließen.


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Yoongis hellbraun gefärbte Haare rochen nach dem gleichen Shampoo, das er vor drei Monaten noch benutzt hatte, als ich mein Gesicht darin vergrub. Mein Herz raste, als würde ich ihn gerade zum ersten Mal treffen – trotz der Tatsache, dass sich seine Umarmung anfühlte wie Nachhausekommen. Das leise Brummen, das er während unserer innigen Umarmung von sich gab, war das Knistern des Feuers im Kamin an einem kalten Wintertag. Seine Wärme die einer kuschligen Decke, in die man sich wickelte, wenn es draußen in Strömen regnete. Ich hatte Yoongi so sehr vermisst, dass sich dieses Wiedersehen fast schon schmerzvoll in meiner Brust anfühlte – einfach nur deswegen, weil mein Herz wirklich drohte, meine Rippen zu sprengen.

perfecт ѕтrangerѕWhere stories live. Discover now