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Nazar.

Ungeduldig warte ich - ein paar Straßen weiter entfernt von meinem Haus - auf meinen Freund, welcher wirklich viel zu lange braucht.

Vor fünfzehn Minuten hat er mir geschrieben, dass ich raus und ein paar Straßen weiter gehen soll, damit uns keiner erwischt. Aber er lässt auf sich warten.

Drei Mal habe ich ihn schon angerufen. Alle fünf Minuten. Doch langsam bin ich es satt. Schließlich hasst er es doch selbst, wenn man zu spät kommt.

„Oh mama mia", höre ich jemanden und versuche nicht um mich zu schauen. Ich bin kein Hund. Weder höre ich auf ein Pfeifen noch auf dumme Kommentare. „Wer is'n die schöne Lady hier?"

Ich nehme einen tiefen Atemzug und drehe mich grinsend um. Mein Grinsen ist mehr aufgesetzt als echt.

„Meint ihr mich?", schaue ich zwei große junge Männer an, welche direkt neben mir an der Bushaltestelle stehen.

„Siehst du hier noch jemanden, der so schön ist und die ich ansehe?", lächelt er mich an und lehnt sich gegen die Haltestelle. „Natürlich meine ich dich."

Wieso kommen Typen eigentlich immer erst an, wenn man vergeben ist oder kein Interesse an Typen hat? Merken die sowas?

„Wie heißt du?", fragt er mich dann, als ich ihm keine Antwort gebe.

„Nazar, du?", beantworte ich ihm seine Frage und schaue zu seinem blonden Freund.

Eigentlich will ich ihm nicht antworten. Ich will nicht einmal mit ihm sprechen. Denn alles was mir durch den Kopf geht, ist Hussein. Hussein, der jeden Moment auftauchen und uns sehen könnte.

Und ich weiß jetzt schon wie er reagieren wird. Er wird durchdrehen und ich werde diejenige sein, die alles abbekommt.

„Mert. Und das ist Akin, mein Kindheitsfreund", stellt er sich und seinen Freund vor. „Wohin geht's? Mit welchen Bus musst du fa-"

„Mert, kusura bakma", unterbreche ich ihn und lächle ihn entschuldigend an. „Aber ich kann nicht mit dir hier sprechen und so tun, als sei ich Single. Mein Freund holt mich jeden Moment ab und wenn er uns hier zusammen sieht, dann gehen bei ihm alle Sicherungen kaputt." (Kusura bakma = Nichts für ungut.)

Mit offenem Mund schaut er mich an, aber nickt dann. „War schon vorauszusehen, dass jemand wie du, nicht mehr zu haben ist", lacht er beschämt auf. „Wie lange seid ihr schon zusammen?"

Ja, Nazar. Wie lange sind wir schon zusammen? „Wenn ich das wüsste", lache ich. „Aber definitiv mehr als ein halbes Jahr."

Erstaunt nicken beide auf. „Krass. Ich hoffe, er behandelt dich gut", gibt er zurück und schaut kurz zur Straße. „Dein Freund kann sich glücklich schätzen, so eine wie dich zu haben. Nicht nur, weil du so gut aussiehst. Sondern auch, weil du ihm treu bist."

Lächelnd blicke ich ihn an, doch zucke erschrocken auf, als es neben uns laut hupt. Mit großen Augen schaue ich dorthin und erblicke den weißen Mercedes von meinem Freund.

Verdammt.

Hussein fährt das Fenster hinunter und schaut zu uns. Dabei blickt er mit einem tödlichen Blick zu Mert und Akin. „Nazar", zischt er nach mir und nickt mir zu. „Steig sofort ein!"

„Sorry", nuschle ich den Jungs zu und laufe mit schnellen Schritten auf das Auto zu, um gleich darauf einzusteigen.

Im Auto schnalle ich mich an und werde in den Sitz gedrückt, da Hussein viel zu schnell fährt.

„Kannst du mal langsamer fahren?", bitte ich ihn und schaue zu ihm. „Ich hab keinen Bock auf-"

„Halt dein Maul", unterbricht er mich zischend und zündet sich eine Zigarette an. „Was redest du mit irgendwelchen Typen? Und dann auch noch zwei von ihnen, huh?"

𝖥𝖫𝖮𝖶𝖤𝖱𝖲. | 𝙎𝘼𝙈𝙍𝘼. + BEARBEITUNG Onde histórias criam vida. Descubra agora