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Nazar.

Ich bin wütend. Und wie ich das bin. Das bemerkt auch meine Familie und sie bekommt es leider auch zu spüren. Aber wenn ich wütend bin, dann bekommen es eben auch andere zu spüren.

„Nazar, unsere Adoptivschwester ist da", ruft mein Bruder aus dem Flur und lässt mich gleich noch mal ein Level wütender werden.

Es sind zwei Tage vergangen, seitdem ich es mit Ilyas weiß und er hatte sich in diesen zwei Tagen ein paar Mal gemeldet und sich entschuldigt. Heute hat er nur ein, zwei Nachrichten geschrieben, aber es dann aufgegeben.

„Schick die Bitch wieder weg", rufe ich und springe sofort von meinem Bett auf, um meine Tür abzuschließen. Doch das kann ich nicht, denn die Tür wird aufgerissen und meine blonde Freundin steht dort. Grinsend und gestylt wie eh und je.

„Was geht, Bitch?", grinst sie mich immer noch an und will mir gerade einen Kuss auf die Wange drücken.

„Verpiss dich, du scheiss Hain", zische ich sie an und versuche sie aus meinem Zimmer zu bekommen.

„Was für Verräter? Was hab ich bitte getan?", fragt sie mich verwirrt und sieht mich auch so an. „Was hab ich falsch gemacht? Oh mann, ist es wegen dem einen Tag als wir bei Vladi waren und ich dich gezwungen habe? Dann tut's mir echt Leid, Nazar. Ich verstehe langsam, dass-"

„Wieso sagst du mir nicht, dass Ilyas auf mich steht?", spreche ich einfach dazwischen und sehe sie wieder wütend an. Sie blickt mich sprachlos an und öffnet ihren Mund.

„Er hat mich dazu gebeten, Nazar", flüstert sie. Seufzend lasse ich sie doch in mein Zimmer und zusammen setzen wir uns auf mein großes Boxspringbett. „Ilyas war sich immer sicher, dass du nichts von ihm willst und wollte auch deshalb nie etwas sagen. Aber auch, weil er die Freundschaft zwischen euch beiden nicht kaputt machen wollte." Entschuldigend sieht sie mich dann an, worauf ich einfach nur stumm nicke. Auf dieses Mädchen kann ich sowieso nicht länger als fünf Minuten sauer sein. „Ich glaube, das mit der Freundschaft war ihm auch am wichtigsten."

Frustriert lasse ich mich zurück auf das Bett fallen und starre die Decke an. Wieso habe ich das nie bemerkt, dass Ilyas auf mich steht? Bemerkt man sowas überhaupt? Ich weiß es nicht.

„Habt ihr noch geschrieben? Oder so? Wann hat er es dir gesagt?", fragt sie mich und legt sich ebenfalls zurück. Kopf an Kopf liegen wir in meinem Bett und schauen einfach nur die Decke über uns an.

Das ist so ein Ding zwischen uns. Immer wenn etwas passiert, worüber wir sprechen müssen, legen wir uns zurück und schauen auf einen Punkt. Dabei liegen wir so, das unsere Köpfe nebeneinander liegen.

„Vor zwei Tagen, also am Montag", gebe ich zurück und presse meine Lippen aufeinander. „Haben wieder unseren nächtlichen Trip zu McDonalds gemacht und da hat er es mir gesagt." Ich drehe meinen Kopf zu meiner besten Freundin und sehe sie verzweifelt an. „Ich will das nicht, Rüya. Er ist mein bester Freund. Wie ein Bruder für mich. Ich könnte niemals mehr für ihn empfinden. Vor allem nicht so wie er es möchte."

Rüya dreht ihren Kopf nun ebenfalls in meine Richtung und zieht ihre Mundwinkel zu einem aufmunterndem Lächeln hoch. „Ich weiß. Und was ich auch weiß, ist, dass sich das alles in einigen Wochen wieder legen wird. Aber du musst ihm das genau so sagen, damit er von dir los kommen kann. Verstehst du?"

Eine Weile blicke ich meine Freundin einfach nur schweigend an, ehe ich leicht nicke und wieder zur Decke hoch starre. „Und..", will ich beginnen doch schüttele wieder mit dem Kopf. „Ach egal."

„Nein, sag schon, Canim", pickst sie mir in die Wange und lacht leicht auf. „Du weißt, du kannst mir alles erzählen. Also."

Ich schlucke leicht auf und fixiere weiterhin meinen Blick auf die Decke über mir. Es ist so befreiend, wenn man mit einer Person über alles reden kann. So wie Rüya eben. Sie verurteilt mich nie für Dinge, die ich ihr erzähle und ich sie nie, für die Sachen, die sie mir erzählt. Sowieso, ist sie diejenige, die schon mehr in ihrem Leben versucht hat. Egal um was es ging.

„Wegen Samra", ich ziehe meine Augenbrauen zusammen und weiß nicht wie ich weiter sprechen soll. Ich weiß nicht mal, was ich überhaupt sagen soll. Es kam gerade einfach so aus meinem Mund heraus, ohne das ich nachgedacht habe. „Ich verstehe nicht, wieso er und ich uns jedes Mal streiten. Ich weiß nicht mal, ob ich das tief im Inneren überhaupt will. Aber er macht mich so rasend, provoziert mich, weshalb ich ihn zurück provoziere."

Wir sehen uns an und schmunzeln leicht. Ja, Rüya weiß, dass man mich eben nicht mehr so schnell provozieren kann. Es gibt zwar Ausnahmen, aber niemals hätte ich gedacht, dass Samra es jedes Mal schaffen würde.

„Vielleicht ist das bei euch einfach so", zuckt sie mit den Schultern und blickt immer noch schmunzelnd zu mir. „Vielleicht ist das so ein Ding zwischen euch. Sobald ihr euch seht, geht ein Schalter an und ihr habt das Bedürfnis zu stressen."

Ich seufze laut auf und schüttle mit dem Kopf. „Es ist aber anstrengend. Jedes verfickte Mal kommt das vor und irgendwann wird es so eskalieren, dass einer von uns leiden wird", sage ich und werde immer leiser beim Sprechen. „Und ich hab Angst, dass ich es bin."

Rüya atmet tief durch und mustert mein Gesicht. „Nein, das glaube ich nicht, Nazar. Du bist eine starke Frau, die sich zu wehren kennt. Wenn dann wird er leiden, weil du ihm deine Meinung sagen wirst."

Ich denke über ihre Worte nach und schaue wieder an die Decke, während sie nun auf ihrem Handy tippt. Grinsend versteht sich. Was sie wieder auf diesem macht, will ich nicht wissen. Kann mir auch egal sein, wenn ich ehrlich bin.

„Du solltest aber noch wissen", beginnt sie grinsend und lässt ihren Blick nicht vom Display ab. „Was sich liebt, das neckt sich. Und ihr neckt euch wirklich jedes verfickte Mal, Nazar."

𝖥𝖫𝖮𝖶𝖤𝖱𝖲. | 𝙎𝘼𝙈𝙍𝘼. + BEARBEITUNG Where stories live. Discover now