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Nazar.

Ich glaube echt nicht, dass es euer Ende ist.

Es ist nur ein Satz. Aber ein Satz mit so viel Bedeutung für mich. Jemand, der so wenig über meine Beziehung weiß, hat gesehen, was mir dieser Mann bedeutet.

Nazar. Guck mal. Als wir uns in der Polizeistation gestritten haben, wegen ihm, hast du einen nicht Verwandten in Schutz genommen. Jemanden, der nicht dein Blutsverwandter ist. Du hast Samra in seiner An- und Abwesendheit so in Schutz genommen, dass ich sogar daran gezweifelt habe, ob ich überhaupt noch deine Familie bin. Aber ich habe auch im Nachhinein gemerkt, dass er dir viel zu viel bedeutet.

Ja, er bedeutet mir zu viel. Und das hätte ich niemals zu lassen sollen. Dennoch nagen die Worte meines Cousins an mir. Ich zweifle an meiner Entscheidung zu der Trennung, die ich aus Wut entschieden habe. Ich hätte es vielleicht überdenken sollen. Ich hätte ihn aussprechen lassen sollen. Ich hätte ihn anhören sollen, als er zu mir auf die Arbeit kam. Aber ich habe mich gewehrt. Mich dagegen gesträubt. Ich wollte nichts von ihm wissen.

Ob das noch immer so ist?

Aber du liebst ihn. Und er ist dein erster Freund. Sowas sollte man wegen einer Kleinigkeit nicht enden lassen. Du hast diese Kündigung hinter dir. Du hast etwas aus dir gemacht und wäre diese Kündigung nicht passiert, würdest du nicht da stehen, wo du heute bist.

Riza sollte Psychologie studieren. Oder etwas in der Art. Er hat so viel Empathie. Ich verstehe es nicht, wie er sich so gut in Menschen hinein versetzen und verstehen kann. Wie er trotz seiner kühlen Art, so ein reines Herz hat.

Samra liebt Nazar, mehr als du glaubst und ich bin mir ziemlich sicher, dass er es nicht auf sich sitzen lassen wird. Das hat er schon am Freitag bewiesen und er wird es sicherlich auch die nächsten Wochen beweisen. Also können du und Nazar sich darauf einstellen, dass etwas von ihm kommen wird.

Ob noch was von Hussein kommen wird? Ob er sich je wieder bei mir melden wird? Wird er versuchen die Beziehung zwischen uns zu retten, oder wird er meiner Bitte nachgehen und mich in Frieden lassen?

Will ich das denn? Will ich Hussein endgültig verlieren? Ihn gehen lassen? Will ich all die schönen Momente mit ihm hinter mich lassen und mein Leben wie zuvor weiterleben?

Grübelnd liege ich in meinem Bett und starre meine Decke an. Ich starre sie an und hoffe dort eine Antwort zu finden, doch es kommt keine. Es wird nicht auf eine magische Weise eine Antwort auftauchen und mir weiterhelfen.

Du und Nazar könnt denken was ihr wollt. Aber Hussein Akkouche liebt unsere Freundin. Mehr als wir jemals gedacht hätten. Und keiner von euch, kann ihm das unterstellen.

Vielleicht hat er mich wirklich geliebt. Vielleicht tut er es immer noch. Vielleicht habe ich ihm wirklich so viel bedeutet, wie er es mir gesagt und gezeigt hat.

Die vielen Momente, von denen keiner außer uns beiden weiß. Die kleinen, besonderen Momente, die ich für mich behalten habe. Weil es mein eigenes kleines Glück sein sollte. Meine kleine Traumwelt, in welcher ich mich gefangen habe.

Ich weiß nicht einmal, ob ich meine Sturheit überwinden kann und mich bei ihm melden soll. Ich habe ihn am letzten Freitag, an unserem letzten Treffen verdeutlicht, dass ich ihn nicht sehen will. Dass ich ihn nicht sprechen möchte.

Doch ich vermisse ihn. Ich vermisse ihn so sehr. Es tut so weh, nicht zu wissen, was er gerade macht. Wie es ihm geht. Wie sein Tag war. Seine Woche. Wie weit er mit seinen Songs ist.

Ich vermisse die Unterhaltungen, welche wir jedes Mal führen, wenn wir uns lange Zeit nicht gesehen haben.

Verfickt nochmal, dir hätte was passieren können, habibti. Weißt du, was mir durch den Kopf gegangen ist, als ich dich gesehen habe, als ich am Alex' ankam? Als ich gesehen habe, wie der Drecksbastard dich im Griff hatte und du dich nicht eine Sekunde wehren konntest? Dass er dir sonst etwas hätte antun können?Weißt du das eigentlich? Was wäre, wenn ich nicht am Handy gewesen wäre? Huh? Was wäre, wenn ich dich nicht abgeholt hätte und du mit der verfickten Bahn fahren müsstes? Was hättest du dann gemacht, Nazar? Da war kein einziger Mensch, der dir geholfen hat und es hätte dir keiner geholfen. Niemand hätte dir geholfen. Niemand, hörst du!

Benommen wische ich mir die Tränen aus dem Gesicht, welche über meine Wange fließen und den Anschein machen, nicht aufhören zu wollen.

Ich würde jeden umbringen, der dich auch nur verletzt, Nazar. Ich würde sterben, wenn dir etwas zustößt.

Auch wenn ich es verdränge, an seine Worte zu denken, kann ich nicht anders. Es klingt verrückt, aber ich sehe jeden Moment mit ihm, wie es sich vor meinen Augen abspielt. Ich höre seine Stimme, die ich misse. Ich sehne mich nach seinen Berührungen. Nach seinen Küssen. Seinem Lachen.

Ich vermisse ihn, doch ich bringe es nicht übers Herz, mich zu melden.

Ich liebe dich, Nazar. Ich liebe dich wie verrückt, dass ich mich manchmal selbst einweisen würde, weil ich so verrückt nach dir bin. Weil ich niemals gedacht hätte, dass du mir jemals so viel bedeuten wirst. Dass du jemals zu mir gehören wirst. Dass du mein bist.

Schluchzend halte ich meine Hand gegen meinen Mund und versuche nicht laut loszuweinen. Ich versuche es zu ersticken. Mit meiner Hand. Versuche es zu töten. Das Gefühl aus mir zu nehmen.

Ich wusste schon von Anfang an, dass jemand von uns daran leiden wird. Und ich wusste, dass ich es sein werde. Aber kann ich mir sicher sein, dass er nicht leidet? Dass es ihm genauso viel zu setzt, wie mir? Dass er auch Nächte lang an mich denkt und kein Auge zudrücken kann?

Wie kann ich wissen, ob er nicht leidet? Wie soll ich je herausfinden, dass es ihm schlecht geht?

Ich liebe dich, Nazar.

𝖥𝖫𝖮𝖶𝖤𝖱𝖲. | 𝙎𝘼𝙈𝙍𝘼. + BEARBEITUNG Where stories live. Discover now