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Nazar.

Es ist jetzt mittlerweile Mitte September. Ich habe meinen Urlaub frisch hinter mir, bin braun gebrannt und erholt wie noch nie zuvor. Aber ich bin wiederum glücklich wieder zurück zu sein, denn man vermisst nach einer Zeit wieder seine Arbeit und seine Familie. Daheim ist es eben am schönsten.

Während den letzten zwei Monaten habe ich mich mehr auf die Arbeit und meine Familie konzentriert. Auch mit Rüya und Ilyas habe ich mich öfter mal getroffen, so wie in den alten Zeiten. Aber auch das Schreiben mit Capi hörte nicht auf. Naja, er hört nicht auf. Er sagt mir immer wieder, dass er mich eigentlich ziemlich cool findet und am liebsten mehr Zeit mit mir verbringen würde, jedoch hätte er gerade einfach zu viel Hype, sodass sich alle auf mich stürzen würden.

Von Samra hörte ich seit jenem Abend nichts mehr. Er ist einfach davon gerauscht. Und das auch aus meinem Leben. Zwar finde ich das nicht mal schlecht. Eher gut. Wir kriegen uns sowie nur in die Haare und mit so einem Menschen will ich nichts zu tun haben.

Dachte ich.

Denn in den nächsten Tagen würde entweder mein Onkel oder ich seinen geliehen Wagen zum Video Dreh fahren. Eigentlich mache ich sowas nicht, bis zu diesem einen Mal. Mein Onkel findet die Idee überaus gut, sodass es dieses Mal zwei Leute im Betrieb gibt, die diese Aufgabe übernehmen können.

Heute ist Sonntag und ich habe noch frei. Morgen muss ich aber wieder arbeiten und ich freue mich unglaublich darauf. Wahrscheinlich bin ich sogar der einzige Mensch, der sich auf seine Arbeit freut.

Für den heutigen Tag habe ich mich mit meiner Freundin Rüya in unserem Stammcafé in Lichterfelde verabredet. Als ich dort ankomme, mit einer fünf minütiger Verspätung, sehe ich schon, wie Rüya dort sitzt und sich mit einem Kerl unterhält. Dieser trägt eine Cap und einen schwarzen Jogginganzug.

Als ich dann auf den Tisch zu komme, strahlen die Augen meiner besten Freundin auf und sie springt mir gleich in die Arme. „Sisko", lacht sie in meinen Armen und kneift mir dann in meinen Arm.

„Was geht, Patates", lache ich und lasse meinen Blick zu dem Jungen gleiten. Sofort mache ich große Augen und er steht ebenfalls auf. „Vladi!"

„Hey Katze", grinst er mich an und nimmt mich ebenfalls in die Arme. Seine Umarmung fühlt sich aus irgendeinem Grund wirklich gut an, weshalb ich sie ebenfalls erwidere.

„Was für Katze? Ich bin keine Bitch", lache ich und schlage ihm spielerisch gegen den Arm. Wir setzten uns wieder hin. Vor mir ist der Platz leer, da wir einen vierer Tisch belegen, aber eine Jacke hängt trotzdem über der Stuhllehne. „Ist noch jemand da?"

„Eh ja. Also-", fängt Rüya neben mir an, aber stoppt, als jemand an mir vorbei läuft und sich vor mich setzt.

Ich glaube es nicht. Nicht im Ernst, oder? Rüya weiß ganz genau, dass er und ich uns nur streiten, wenn wir in der Nähe sind. Und das ist gerade Mal zwei mal vorgekommen.

„Ach, Prinzessin hat es ja auch noch geschafft aufzutauchen", grinst mich Hussein frech an und zwinkert mir provozierend zu.

Ich lege meinen Kopf schief und grinse ihn ebenfalls provokant an. „Eine Königen oder Prinzessin kommt niemals zu spät. Die anderen sind einfach zu früh da."

„Ich liebe dich", höre ich Capi lachen und sieht dann zu Rüya. Diese schaut der Szene ebenfalls amüsiert zu.

„Hey, der Satz ist aus Plötzlich Prinzessin", grinst sie und nimmt ihre Tasse in die Hand. „Also erzähl, wie war Izmir? Hast du dich endlich flanken lassen?"

„Alter", stöhne ich genervt auf und spüre, dass ich nun rot wie eine Tomate angelaufen bin. „Ich hab mich, wenn dann von den Wellen flanken lassen, aber nicht von einem x-beliebigen Kerl, der es nicht mal kann."

„Du weißt doch nicht, ob er es kann, wenn du es nicht mal versuchst hast", mischt sich mein Gegenüber ein. Dieser sieht mich musternd an.

„Du brauchst nichts zu kommentieren, Samra", zische ich ihn an und suche dann nach einer Kellnerin. Ich bräuchte jetzt Koffein. Eine Menge davon. „Hey, entschuldige", spreche ich eine jüngere Kellnerin an, die dann bei uns am Tisch stehen bleibt und mich lächelnd an blickt.

„Ja, alles in Ordnung bei euch?", dabei schaut sie kurz zu den Männern vor uns und dann wieder zu mir. Fame geile Kah.

Trotzdem behalte ich mein Lächeln auf den Lippen. „Ja alles in Ordnung. Ich hätte nur gerne einem Café mit viel Koffein. Wenn es sein muss, mach die ganze Dose rein."

„Kostet aber extra."

„Kein Problem", lächle ich sie an, und damit verschwindet sie dann auch.

Nachdem sie verschwunden ist, schaue ich zu den anderen. Samra mustert mich nur, aber schaut dann wieder auf sein Smartphone. Capi und Rüya reden über irgendein Thema, welchem ich nicht hinterher komme. Die beiden sind sowieso immer vertieft in ihre Gespräche.

„Weißt du, was ich nicht verstehe?", fängt Samra vor mir an und lässt mich zu ihm blicken. Seine Augen sind noch immer auf sein Handy gerichtet, bis er seinen Kopf hebt und in meine Augen blickt. „Wieso bist du immer so über freundlich zu den ganzen Kellnern? In der Shishabar, jetzt hier im Café? Ich meine, sie müssten zu dir nett sein und nicht du zu ihnen."

Ich schaue ihn einfach an und schüttle mit meinen Kopf. Ja klar, es heißt, der Kunde ist König. Aber wenn der Kunde sich wie ein Miststück benimmt, dann bringt es dir auch nichts.

Schluckend schaue ich zu Rüya, die noch immer lachend mit Capi redet.

„Du brauchst dir keine Hilfe von deiner Freundin holen, immerhin bist du diejenige, die so ist und nicht sie", spricht Hussein weiter und schaut immer noch zu mir.

„Sie ist auch so", zische ich und blicke ihn an. „Einfach aus dem Grund, weil sie weiß, dass ich ebenfalls mal gekellnert habe."

Samra grinst nur und nickt dabei. „Wow. Von Kellnerin zur Automobilkauffrau. Das muss man erstmal schaffen."

Ich lächle nur keck auf. „Und, was ist dein steiniger Weg zum Rapper? Welche Hürden musstest du durchleben, damit du ebenfalls zum Gangster Rapper wirst?" Er schaut mich einfach nur an. Mit diesem aggressiven Blick, welchen er mir zu oft schenkt. „Welche krummen Dinger hast du auf der Straße gedreht, huh?"

„Nazar, das reicht", höre ich die Worte von Rüya, doch ich reagiere nicht darauf. Stumm sehen Samra und ich uns an. Wir geben uns einen Blickduell und keiner hat anscheinend vor nachzugeben.

„Ich warte", sage ich dann nach einigen Minuten, mit fester Stimme und blicke immer noch in diese dunklen Augen.

„Boah, könnt ihr euch nicht mal wie Erwachsene verhalten? Jedes Mal streitet ihr euch", stöhnt Rüya genervt auf und lässt sich zurück in den Stuhl fallen.

„Hör auf zu stöhnen, Rüya. Das kannst du machen, wenn du mit ihnen einen Dreier schiebst", fauche ich sie an, doch lasse meinen Blick nicht von Samra los. Er ebenfalls nicht.

„Stimmt, wann ist der eigentlich?", erwidert Capi und lässt Rüya auflachen. „Aber jetzt auf ernst, warum streitet ihr euch jedes mal? Seid ihr Kinder?"

„Schlimmer", brummt meine beste Freundin auf. „Die Kinder bei mir im Kindergarten sind nicht mal so schlimm. Die streiten sich, aber vertragen sich dann wieder, weil sie wieder miteinander spielen wollen. Die beiden, sind wie Tom und Jerry."

Ich muss kurz schmunzeln über diese Vorstellung. Tom und Jerry. Natürlich.

„Du hast echt krasse Augen", nuschelt Samra und schaut zu seinem Kollegen. „Du hattest recht, Bruder. Sie hat die Augen einer Katze. Nur schade, dass Katzen hinterhältige Biester sind."

Okay, das hat er nicht gesagt oder?

„Dein Ernst?", schreie ich schon fast. „Du hast keine Ahnung, wie ich bin. Du weißt nicht mal, wer ich bin und gibst dir die Frechheit, so über mich zu sprechen? Junge, was stimmt nicht mit dir?"

„Na-"

„Nein, es reicht langsam", zische ich sie an und schlage ihre Hand weg. Ich greife nach meinem Portmonee und klatsche einen Zehner auf den Tisch. „Bin weg. Und du, ruf mich wieder an, wenn wir nur zu zweit sind. Aber unter diesen Umständen will ich mich nicht mit dir treffen."

𝖥𝖫𝖮𝖶𝖤𝖱𝖲. | 𝙎𝘼𝙈𝙍𝘼. + BEARBEITUNG Where stories live. Discover now