> Part 22

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Mira sah total unsicher aus und schien mit sich zu ringen.

Auch Mike war überrascht und verengte die Augen zu Schlitzen. Dass seine eigene Freundin sich gegen ihn stellte, hätte er wohl nicht erwartet. Und ganz ehrlich - nicht mal im Traum hätte ich gedacht, dass Mira mich gegen Mike verteidigen würde, egal wie sehr sie sich geändert haben mag.

"Ach ja? Und warum nicht?", fragte er nun misstrauisch. Die ganze Schule schien uns zuzuhören.

"Ich weiß es einfach", beharrte sie und trat an Mikes Seite, fasste ihn sanft am Arm. "Und jetzt lass gut sein, okay?

Er schien immer noch ganz ensetzt darüber zusein, was sich gerade hier abspielte. Aber ich hoffte nur, dass er auf Mira hören und mich in Ruhe lassen würde. Doch er war nicht der Typ, der sich von seiner Freundin irgendwas sagen ließ und trat ein Schritt näher zu mir.

"Mir kannst du nichts vormachen, du kleine Bitch", zischte er mit funkelnden Augen. Dann drehte er sich um und verließ mit Mira an seiner Seite die Cafeteria. Nachdem sie weg waren, wendeten sich die Blicke der Schüler sofort ab und sie kümmerten sich wieder um ihren eigenen Kram.

***

"Und ihr wisst auch wirklich wo alles steht?", fragte Sally uns zum abertausendsten mal und warf Damian und mir abwechselnd fragende Blicke zu. Sie schien nicht zu glauben, dass Damian und ich ein paar Tage ohne sie auskommen würden und wahrscheinlich vergaß sie in dem Moment, dass Damian schon länger als ein paar Tage ohne sie in seinem Internat ausgekommen war.

Er rollte mit den Augen. "Essen im Kühlschrank, Fiebertabletten im Badezimmer, der Feuerlöscher im Abstellraum und das Geld liegt im Küchenschrank - nur für Essen ausgeben, keine Partys, kein Videospiele."

Sally schien zufrieden und ihr Blick wanderte zu mir. Wir drei standen an offenen Haustür und warteten auf Dad, der Sallys Koffer runterbrachte. "Und du kommst auch klar?"

Ich nickte und lächelte. "Sicher."

"Gut, dann kommt mal her." Sie schloss erst Damian in die Arme, der sich bereitwillig von ihr umarmen ließ und dann zog sie mich zu ihr.

In genau dem Moment kam Dad die Treppe runter und stellte den Koffer neben sich ab. "So, Kinder, wenn irgendwas ist, ruft sofort an", sagte er und schaut uns warnend an. "Hört ihr? Egal was ist."

Als er auf mich zu kam wurde seine Miene weicher und er nahm mich in den Arm. Als er zurückwich, lächelte er und wendete sich Damian zu, dem er aber nur kumpelhaft auf die Schulter klopfte. "Aber ihr kommt sicher klar."

Sally und Dad traten aus dem Haus und Dad hiefte die zwei Koffer in das Auto, während Sally sich zum Beifahrersitz begab. Sie winkten uns nocheinmal zu, als sie die Straße entlangfuhren, bis sie schließlich nicht mehr zusehen waren.

Damian seufzte und schloss die Haustür, während ich mich auf den Weg zum Fernseher mache. Ich hatte vor den restlichen Nachmittag vor der Glotze zu verbringen, doch Damian machte mir einen Strich durch die Rechnung: er riss mir die Fernbedienung aus der Hand, ließ sich auf das Sofa fallen und schaltete den Fernseher an.

"Sag mal, geht's noch?", fragte ich empört.

"Jap, alles bestens", antwortete er und legte seine Füße auf dem Sofatisch ab, während er durch die Kanäle zappte und bei einem Fußballspiel hängen blieb.

Ich trat auf ihn zu und holte mir meine Fernbedienung zurück. Ganz bestimmt würde ich mir kein Fußballspiel ansehen! Er sah mich verärgert an, aber ich ignorierte ihn und schaltete demonstrativ auf einen anderen Kanal um, wo gerade Miley Cyrus auf der Bildfläche erschien. Definitiv besser als irgendein blödes Fußballspiel, wo Leute einen Ball hinterher rannten. Doch Damian griff wieder nach der Fernbedienung, aber ich dachte nicht daran loszulassen, klammerte mich an sie und ehe ich mich versah - hatte er mich mit seiner Kraft auf sich gezogen. Schnell wollte ich irgendwie von ihm runterkrabbeln, ehe das noch peinlicher wurde, aber er hielt mich fest und grinste, die Fernbedienung in seiner Hand. Toll.

Er lag quer über der Couch, ich komplett auf ihm drauf, doch ich schien federleicht (oder zumindestens nicht tonnenschwer) für ihn zusein, denn er verzog nicht das Gesicht, sondern grinste nur. Da ich so klein war, berührten meine Füße gerade mal die Mitte seiner Wade, während sein Gesicht nur ein paar Centimeter von meinem entfernt war. Ich schaute geradewegs in seine Augen, fast wie hypnotiersiert und staunte wie jedesmal über dieses unglaublich blaue Blau, das von unzähligen schwarzen Wimpern umrandet war. Oh Gott, Aria! Hör auf ihn anzustarren! Hör auf, Hör auf, Hör auf!

Ich räusperte mich, wendete den Blick ab und wurde total rot, jedoch war Damian immer noch nicht bereit mich loszulassen. Sein Grinsen wurde breiter, als er mein rot angelaufenes Gesicht sah.

"Ich mach dir einen Vorschlag", sagte er und ich spürte seinen warmen Atmen. "Wir wetten: Irland spielt gegen England. Für wen bist du?"

Ich runzelte die Stirn, verwirrt über seinen Vorschlag. "England natürlich."

Er nickte zufrieden und fuhr weiter fort: "Gut, also wenn England gewinnt, dann kannst du für den Rest der Woche das gucken, was du willst, ohne das du dich mit mir wegen der Fernbedienung prügeln musst."

Ich vermied es, ihm ins Gesicht zu schauen und schaute auf einen Punkt hinter ihm. Seine Hand hielt er immer noch an meinem Rücken. "Und wenn Irland gewinnt?"

"Das muss ich mir noch überlegen", sagte er. Ich stöhnte (ein wenig genervt) auf, worauf sein Grinsen breiter denn je wurde. Am liebsten hätte ich mich geohrfeigt, doch ich beließ es dabei, mit der erneuten Röte im Gesicht genug bestraft zusein. Ich nickte einfach, eine stumme Bestätigung für seinen Vorschlag, wollte einfach nur noch von ihm runter, um mich so weit es ging, von ihm wegzusetzten.

Sein Blick glitt über mein Gesicht, ehe er mich losließ und ich frei war. Gott, das war alles so, argh, peinlich!

Ich setzte mich an das Sofaende, während Damian wieder zurück zu dem Fußballspiel schaltete. Ich vermied jeden Blick zu ihm.

Im Moment lag England mit einem Tor in Führung, wie ich mit einem Blick auf die kleine Anzeigefläche oben links im Bild erkennen konnte. Ich redete mir gut zu, dass das alles doch nicht so langweilig sein konnte, wie ich dachte, aber nachdem ich etliche Minuten dem kleinen, sich ständig bewegendem Ball hinterherschaute, merkte ich, wie die Stimme des Kommentators immer leiser und leiser wurde, bis ich sie schließlich gar nicht mehr hörte.

***

Ich wachte erst auf, als ich durchgerüttelt wurde. Verschlafen blickte ich in Damians Gesicht, dem es offensichtlich egal war, dass er mich beim Schlafen gestört hatte und sich gerade mit irgendwas Quadratischem zurück in die Couch sinken ließ. Beim näheren Hinsehen erkannte ich, dass es eine Pizzaschachtel war, die er gerade aufriss.

"Essen ist da", sagte er und zeigte auf eine weitere Pizzaschachtel auf dem Tisch.

Ich setzte mich gerade auf und strich mir meine strähnigen Haare aus dem Gesicht und rieb mir die Augen. Im Fernsehr lief gerade irgendein Horrorfilm, danach zu urteilen war also das Fußballspiel zu Ende und es musste ziemlich spät sein. Es war auch schon dunkel draußen.

"Wer hat gewonnen?", murmelte ich, immer noch ein wenig verschlafen.

"Irland natürlich. Du hast das beste Spiel allerzeiten einfach verschlafen!", erwiderte er grinsend und zog einen Käsefaden seiner Pizza in die Länge. Ich zog eine Augenbraue hoch und schaute misstrauisch auf den Fernseher; ich wusste nicht so recht, ob ich ihm glauben sollte, immerhin stand England vor meinem Tiefschlaf ja noch in Führung.

Damian, der meinen Blick richtig deutete, seufzte tief. "Vertraust du mir etwa nicht?", fragte er und schnappte sich die Fernbedienung, schaltete auf Videotext und deutete auf das Geschriebene.

"Wiedermal bewies Irland Kampfgeist blabla", las er vor. "Irland gewann mit 3:1 gegen England, obwohl es anfangs nicht gut für die Iren stand, blablabla."

"Okay, okay", gab ich mich geschlagen und er schaltete zurück. "Was ist jetzt dein Preis?"

Er zuckte die Schultern und kaute auf ein neues Stück Pizza herum. "Weiß noch nicht", sagte er, als er die Pizza runtergeschluckt hatte.

Ich seufzte, nickte und stand auf. "Okay, dann sag einfach Bescheid, wenn du's dann irgendwann mal weißt." Ich war schon auf dem Weg zur Treppe, als er rief:

"Hey? Was ist mit deiner Pizza?"

"Ich hab keinen Hunger, kannst sie haben", rief ich zurück und warf schließlich noch ein "Gute Nacht" hinterher, bevor ich mich mit Magenknurren in mein Bett schmiss.

Our Little SecretWhere stories live. Discover now