Kapitel 1

72 7 3
                                    

--- Yuki ---

Als sie nun eintrat, war dort kein leeres Zimmer mehr. Überall standen Bücher herum. Yuki hatte mit Kakashi zusammen Aufträge erfüllt und sie hatte in ihren jungen Jahren genauso einen Sold dafür erhalten wie ihr Sensei. Weit weniger als Kakashi, aber genug um sich Bücher zu kaufen. Genug, um Leckereien in Konoha zu besorgen und Poster. Ihr Zimmer war erfüllt von Landschaftspostern. Bilder, die ihr die Fenster ersetzten. Es war Kakashis Vorschlag gewesen und sie mochte es noch immer. Diesmal aber betrachtete sie diese Poster nicht. Sie lief zielgerichtet zu ihrem Rucksack und öffnete ihn. Die wichtigsten Dinge hatte sie bereits verstaut. Ihre Tasche war immer gepackt, für den Fall, das sie schnell aufbrechen mussten. Karte, Kompass, Nahrungspillen. In purer Routine zog sie diese hervor und überprüfte noch einmal, ob sie das Röhrchen mit den Pillen auch aufgefüllt hatte. Hatte sie. Auch ihren Regenmantel zog sie noch einmal hervor. Überprüfte ihn auf Beschädigungen. Alles in Ordnung. Zufrieden lief sie zum Schrank um Wechselkleidung zu holen. Packte ihre Sachen zusammen. Dann kontrollierte sie noch einmal ihre Waffentasche am linken Oberschenkel. Es war wichtig zu wissen, wie viele Waffen man bei sich trug. Sie hatte immer eine gewohnte Menge an Kunai, Schuriken, Briefbomben und Kampfdraht dabei. Es war von Vorteil, instinktiv zu wissen, wie viele Waffen man für einen Kampf übrig hatte. Es war alles da. Frisch geschärft und bereit für jeden Auftrag. Sie war einsatzbereit. Am Ende blieb nur noch eines. Ihr Kopf drehte sich und sie lief zu ihrem Bett herüber. Jenem, in dem sie lange nicht mehr schlafen würde. Ein abgenutztes Büchlein lag auf dem Nachtschränkchen daneben. Wie oft hatte sie der kleine Prinz nun gelesen? Konnte sie das noch an einer Hand abzählen? Nachdenklich griff sie danach und hob es an. Betrachtete das Buchcover. Eine süße Kinderzeichnung eines kleinen Jungen auf seinem Planeten mit dieser Rose darauf. Sie hatte es so oft gelesen. Ob sie mittlerweile mit dem Herzen sah? Sie hatte Menschen getroffen, wie dieser kleine Prinz Menschen auf seiner Reise getroffen hatte. Von dem Fuchs über diesen König bis hin zu dem Mann vom Flugzeugabsturz. Yuki hatte Tobio, Rie und Nisa getroffen. Doch wie der kleine Prinz waren das vergangene Erinnerungen. Plötzlich klopfte es an der Tür. „Snow, bist du soweit?" Kakashi. Hastig verstaute Yuki das Büchlein - ihre kleine Bibel - in der Gürteltasche, dann drehte sie ab. „Ich komme." Damit eilte sie zur Tür herüber. Noch im Lauf griff sie nach ihrer Anbumaske und setzte diese auf, während ihre Gestalt sich zu ihrer Einsatzform veränderte. Weiße Haare, blaue Augen. Zwölf Jahre alt. Im Augenwinkel konnte sie sich selbst sehen und Ries Worte kehrten zu ihr zurück. >Ich hoffe, das ihr diese Masken irgendwann einmal nicht mehr braucht.< Noch einmal stoppte sie und sah in den Spiegel hinein. Bis jetzt kannte sie die Antwort auf die Frage nicht. War diese Maske wirklich ein Fehler? War sie zu tragen wirklich so falsch? Sie schüttelte den Kopf und erreichte endlich die Tür. Als sie diese öffnete, blickte ihr Kakashi mit seiner Anbumaske entgegen, durch deren Augenschlitze man nur sein rotes Auge heraus leuchten sah. „Ich bin soweit, Sensei." Sie verneigte sich kurz und Kakashi wandte sich um. „Dann komm." Kurzerhand schloss sie die Tür hinter sich, dann verließen sie das Anbu Versteck um sich langsam auf den Weg Richtung Süden zu machen. Unscheinbar blickte Yuki kurz in eine andere Richtung. Jener, aus der sie vorhin gekommen war. Der Junge. Ob er noch trainierte? „Alles ok, Snow?" Kakashi hatte ihren Blick, trotz der Maske, bemerkt. Sofort nickte sie und ließ den Jungen Jungen sein. „Ja. Alles ok." Sie beeilte sich um zu ihrem Sensei aufzuholen und lief dann an seiner Seite. Es war das erste Mal, das ihr Weg sie Richtung Süden führte und so war es auch das erste Mal, das sie den Friedhof passierten. Yuki hatte ihn bereits einmal gesehen. Doch diesmal begleitete sie ihr Sensei. Verwirrt bemerkte sie, das er stehen blieb. „Snow." Begann er leise. Irgendwie klang seine Stimme belegter als sonst. „Ja?" Er verließ den Weg Richtung Süden und lief auf eine Statue zu. Sie wirkte wie ein sehr großer Kunai, der hoch Richtung Himmel zeigte. Yuki folgte ihrem Sensei, bis sie davor stehen blieben. Namen waren in einer Metallplatte eingraviert. „Weißt du was das ist?" Fragte er mit gedämpfter Stimme und sie betrachtete die Namen. Sie kannte keinen einzigen davon. Sollte sie diese kennen? „Nein, Sensei." Alles was sie erkannte, war, das dort Blumen am Fuße des Monuments lagen. „Es ist der Gedenkstein der Helden Konohas. Alle Namen, die du darauf findest, sind die Namen Verstorbener, die im Dienste für Konoha fielen." Ein Monument der Gefallenen. Yuki verstand. All die Namen waren Leute, die auf Missionen und Aufträgen ums Leben gekommen waren. „Wenn du kannst, versuche niemals hier einen Platz zu finden." Etwas schweres lag in seiner Stimme und diesmal verstand Yuki nicht. Sie hatte nicht vor darauf zu stehen. Sie hatte nicht vor eine Gefallene zu sein. Sie hatte ihre Aufträge zu erfüllen und dazu durfte man nicht sterben. Außerdem war dort noch immer ihre Zuversicht. Jene, die der Wolf ihr gegeben hatte. Dieses Gefühl von Sicherheit. >Ich beschütze dich.< „Das werde ich nicht." Sagte sie überzeugt. Doch es wurde still. Sehr still. Kakashi antwortete ihr darauf nichts. Weder gutes noch schlechtes. Gar nichts. Sein Verhalten irritierte sie, denn sie wusste nicht warum er so war. Ob sie etwas falsches gesagt hatte. Dann hob er plötzlich seine Hand und strubbelte ihr leicht durchs Haar. „Gehn wir weiter." Damit drehte er sich um. Sein Kopf wirkte irgendwie gesenkt, doch Yuki würde das niemals hinterfragen. Stattdessen drehte auch sie ab und folgte ihrem Sensei. Setzte den Weg Richtung Süden fort.


Falling Snow - Ich beschütze dich || NarutoWhere stories live. Discover now