Kapitel 40

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Noch zwanzig Minuten.

Neunzehn Minuten und fünfundvierzig Sekunden.

Neunzehn Minuten und dreiundzwanzig Sekunden.

Ich starrte auf mein Handy und zählte, wie viel Zeit mir noch blieb, bevor ich mich der Realität stellen musste. Die Uhr tickte unaufhaltsam.

Neunzehn Minuten und zwei Sekunden.

Wie sehr wünschte ich mir in diesem Moment, dass die Zeit stillstehen würde. Es sollte nur für einen Moment ruhig sein. Absolute Stille. Damit ich meine Gedanken ordnen und mich auf das, was kam, vorbereiten konnte. Doch das war das Problem mit der Zeit. Sie war das einzig Beständige auf dieser Welt. Auch wenn die Welt aufhörte, sich für mich zu drehen, schleifte sie mich unbeirrt weiter. Obwohl ich einfach stehen bleiben wollte. Doch sie zwang mich weiterzumachen. Denn das war das Wesen der Zeit, sie nahm keine Rücksicht und tickte einfach weiter, als wäre nichts gewesen.

Als verhöhnte sie mich.

Als testete sie, wie viel Schmerz ich noch ertragen konnte, bevor ich endgültig zerbrach.

Meine Hände, die das Handy fest umklammert hielten, zitterten unkontrolliert. Ich biss die Zähne zusammen und ignorierte das Zittern meiner Finger. Auch das Taubheitsgefühl meiner Beine verdrängte ich. Denn letztendlich war es egal, wie es mir ging. Alles war egal. Ich war leer und voll zugleich. Ich fühlte nichts und gleichzeitig zu viel.

Achtzehn Minuten und achtzehn Sekunden.

Ich schloss meine Augen und ließ mich erschöpft in den kalten Sitz fallen.

Alles würde gut werden. Ich musste nur ein- und ausatmen.

Ein Bild von Evans bernsteinfarbenen Augen und seinem seidig braunen Haarschopf blitzten vor mir auf. Erschrocken riss ich die Augen auf. Meine Kehle schnürte sich zu. Jegliche Luft entwich meiner Lunge und mir fiel es schwer zu atmen. Panisch krampfte ich meine Hand in die Sitzlehne und holte angestrengt Luft. Meine Atmung ging flach und unregelmäßig. Es war nicht genug Luft. Tränen brannten in meinen Augen und mein Körper begann an am ganzen Leib zu zucken.

Beruhige dich.

Doch das machte es nur noch schlimmer. Panik machte sich in mir breit. Mein Kopf dröhnte und ein Schwindelgefühl überkam mich.

Bitte nicht, flehte ich in Gedanken und hielt mir mit der freien Hand die Augen zu.

Gleich würde ich Luft bekommen.

Nur noch sechzehn Minuten.

Dann wäre ich hier raus.

Kalter Schweiß rann meine Stirn hinab.

Ich würde das hier überstehen, wie zuvor auch. Es würde alles gut werden.

Plötzlich umschlossen zwei warme Hände mein Gesicht und drehten mich nach links. Mein Blick flackerte, ehe ich die eindringlichen dunkelgrünen Augen wahrnahm, die mich sorgenvoll musterten. Meine Lider wurden immer schwerer und ich hatte Mühe, sie offen zu halten.

,,Aza, schau mich an. Du musst atmen. Ein und aus. Ein. Und. Aus.''

Seine Stimme beruhigte mich und ich bemühte mich, seine Anweisungen zu befolgen.

,,Gut machst du das. Ein. Und wieder aus.''

Mein Atem kam flach und stoßweise. Das Zittern ließ allmählich nach und ich ließ mich erschöpft gegen Ravens Schulter fallen.

Sein Herzschlag raste, doch er ließ sich nichts anmerken. Stattdessen streichelte er mir über den Rücken und flüsterte mir beruhigende Worte ins Ohr.

Someday we'll see each other againWhere stories live. Discover now