Kapitel 23

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Mein Kopf dröhnte, als ich langsam wieder zu mir kam. Ich streckte mich unter meiner warmen Decke und kuschelte mich enger in das weiche Material. Ein zarter moschusartiger Duft vermischt mit einem Hauch von Minze drang in meine Nase. Automatisch zog ich den Geruch ein. Ich liebte diesen Duft, denn es roch nach zu Hause.

Mit geschlossenen Augen fuhr ich über das weiche Material. Ich stutzte, als der Stoff plötzlich aufhörte. Es stellte sich heraus, dass meine Decke keine war, sondern eine Jacke. Eine Jacke?

Ich konnte mich nicht erinnern, dass ich mir eine Jacke zum Zudecken übergelegt hatte, bevor ich eingeschlafen war.

Die unsichtbaren Alarmglocken in meinem Kopf schrillten. Ruckartig öffnete ich die Augen. Ich musste mehrmals blinzeln, bis ich den dunklen Schemen vor mir richtig einordnen konnte. Noch immer lag ich neben Evan im Bett. Eine männliche, schwarze Jacke bedeckte meinen Körper halsabwärts.

Als ich meinen Blick zögerlich nach links wandern ließ, starrten mir zwei dunkelgrüne Augen entgegen.

Raven.

Was machte er hier und woher wusste er, wo ich war?

Tausende Fragen schwirrten mir durch den Kopf, da ich mir keinen Reim darauf machen konnte, warum er hier bei Evan im Krankenhaus war. Es ergab keinen Sinn.

Wir starrten uns an. Keiner sagte ein Wort, während die Stille um uns herum immer erdrückender wurde.

Seine pechschwarzen Haare waren leicht verwuschelt, was normalerweise untypisch für ihn war, da er sie meistens locker zurückgegelt hatte. Eine kleine Strähne hing ihm in der Stirn, was ihn noch viel verruchter aussehen ließ. Sein Dreitagebart betonte seine Kieferpartie, welche momentan unwillkürlich zuckte. Er trug ein schwarzes, kurzärmliges T-Shirt, wodurch ich zum ersten Mal seine Tattoos näher betrachten konnte. Eine feingestochene schwarze Schlange ringelte sich um seinen Unterarm, während sein rechter Oberarm von einem Maori-Muster geziert wurde. Mein Blick wanderte zu seiner linken Seite. Wieder stach mir der täuschend echte Rabe ins Auge. Während ich ihn näher betrachtete, hatte ich das Gefühl, seine dunklen Augen würden mich verfolgen.

Mein Blick richtete sich wieder auf Ravens Gesicht. Da er noch immer nichts sagte und mich nur stumm anschaute, nahm ich mir die Zeit, um ihn weiterhin eingehend zu betrachten.

Mit seiner undurchdringbaren Aura und seinem kalten Blick müsste ich ihn eigentlich abstoßend finden. Ich stand nicht auf Badboys und war auch nicht der Typ, der gerne Risiken einging oder unerlaubte Sachen tat. Ich hielt mich an Regeln und ging Gefahren immer aus dem Weg.

Doch ich wusste nicht, was dieser Junge mit den grünen Augen an sich hatte, dass mich so faszinierte und gleichzeitig anzog. War es der Umstand, dass er mich vor drei Jahren gerettet hatte oder war da vielleicht noch etwas anderes?

Wenn ich über den Campus lief oder in der Mensa saß, hielt ich immer Ausschau nach ihm. Er zog mich an, so wie das Licht die Motte und ich wollte unbedingt wissen, wieso.

Zaghaft richtete ich mich auf. Dabei rutschte die Jacke ein Stück nach unten. Ich klammerte mich an ihr fest, als ich mich an Raven wandte.

,,Was machst du hier?''

Meine Stimme klang kratzig und zerbrechlich. Ohne eine Antwort zu geben, ging er zu dem kleinen Beistelltisch neben dem Bett und füllte Wasser in ein Glas, das er mir kurz darauf reichte.

,,Hier trink. Danach sollte es dir besser gehen.''

Während er sprach, blieb seine Miene eisern. Er presste seine Mundwinkel zusammen und wich meinem Blick aus. Ich nahm einige wenige Schlucke und stellte das Glas neben mir ab. Danach herrschte wieder erdrückendes Schweigen.

Someday we'll see each other againWo Geschichten leben. Entdecke jetzt