Kapitel 15

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,,Die Party ist schon am nächsten Samstag und du sagst mir erst jetzt Bescheid?'', schrie mich Alice aufgebracht an.

Während sie wie ein aufgeschrecktes Huhn durch die Gegend lief, flogen ihre langen Haare wild durch die Luft.

,,Ich habe nichts zum Anziehen! Wir müssen unbedingt shoppen gehen und das am besten sofort. Stell dir vor, wie viele Sahneschnittchen da rumlaufen werden, da ist bestimmt auch für dich etwas dabei'', fügte sie mit einem Augenzwinkern hinzu.

Ich verzog angewidert das Gesicht. Das Letzte, worauf ich Lust hatte, war, irgendeinen 0815-Typen abzuschleppen. Ich hatte schon genug Probleme an der Backe kleben und das im wahrsten Sinne des Wortes.

Seit einigen Tagen wurde ich Carter, meinen Schatten, nicht mehr los. Egal, ob im Unterricht, während der Freistunden oder in der Bibliothek – er wich mir nicht von der Seite. Als ich ihn gestern darauf angesprochen hatte, was dieses Theater eigentlich sollte, war er nur schulterzuckend an mir vorbeigelaufen. Mit Carter als meinem Schatten hätte ich ja noch umgehen können, auch wenn ich nicht wusste, was sein Verhalten bedeuten sollte, aber Jace raubte mir meine letzten Nerven.

Wenn er mir auch nur ein kleines Stückchen zu nah kam, wurde Carter so wütend, dass er sich ihm energisch in den Weg stellte. Einerseits war ich froh für seine Interventionen, doch manchmal war es echt übertrieben. Schließlich kannten wir uns gerade mal knapp drei Wochen und wirkliche Freunde waren wir auch nicht.

Als mich heute ein Junge aus meinem Geschichtskurs angesprochen hatte, hatte Carter diesen die ganze Zeit über böse angefunkelt. Der Junge, ich glaube, er hieß Steven, hatte mich gerade gefragt, ob ich mit ihm einen Kaffee trinken gehen wollte, doch da hatte mich Carter schon von ihm weggezogen. Mit einem zischenden ,,Kein Interesse'' hatte er Steven an der Schulter angerempelt und bugsierte mich in die entgegengesetzte Richtung. Nach dieser Aktion hatte ich ihn den ganzen Tag über ignoriert, doch ihm schien das Ganze nichts auszumachen.

Der einzige Grund, weshalb ich mich entschieden hatte auf die Party zu gehen, war, weil ich für einen Abend alles vergessen wollte. Ich wollte eine normale Zwanzigjährige sein, die auf eine Studentenparty ging, Alkohol trank und sich mit ihrer Freundin amüsierte. Einen Abend, mehr wollte ich gar nicht. Denn mir wurde übel, wenn ich daran dachte, welcher Tag nächste Woche war.

Ich schüttelte meinen Kopf, um diese Gedanken schnell zu verdrängen. Ich beobachtete Alice dabei, wie sie sich in eine enge High-Waist-Jeans zwängte. Mit ihrem bauchfreien schwarzen Crop-Top, den großen goldenen Ohrringen, den offenen Haaren und ihren weiblichen Rundungen sah sie fantastisch aus. Ich entschied mich für eine schwarze Jeans und einen grauen Pullover. Ich wollte nicht so viel Haut zeigen wie Alice. Ich konnte nicht, denn dann würde sie meine Narben sehen und diesen Anblick wollte ich ihr ersparen.

Alice drehte sich überrascht zu mir um, als sie mich anerkennend pfeifen hörte.

,,Lass uns gehen, bevor du noch anfängst mit sabbern'', fügte sie lachend hinzu und hakte sich bei mir unter.

***

Erschöpft ließ ich mich auf die Fensterbank des Diners fallen. Neben mir stellte ich die zahlreichen Tüten ab, von denen die meisten Alice gehörten. Nach diesen drei Stunden hatte ich etwas Wesentliches über die kleine Asiatin gelernt: Sie liebte es, einkaufen zu gehen. Wir waren gefühlt in jedem Laden dieses kleinen Einkaufscenters gewesen. Schließlich konnte ich sie überreden, in das Diner zu gehen, in dem wir nun auf unsere Burger warteten.

Gedankenverloren nippte ich an dem Strohhalm meiner Sprite, als mir etwas einfiel.

,,Sag mal Alice, warum halten sich eigentlich alle von Raven und Carter fern? Und weißt du, warum Raven sich nur mit ihm abgibt?''

Someday we'll see each other againWhere stories live. Discover now