Kapitel 28

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,,Ich kann es kaum erwarten, dass es am Montag endlich losgeht'', quiekte Alice freudestrahlend vor sich her.

,,Ich freue mich auch schon riesig, besonders auf das Meer'', träumte ich.

Wir waren gerade auf dem Weg in die Mall, da wir für die Studienfahrt noch einige Besorgungen machen wollten. In zwei Tagen würden wir um diese Zeit bereits im Flugzeug Richtung Portland sitzen. Ein mulmiges Gefühl breitete sich in mir aus, wenn ich an die sechs Stunden Flugzeit dachte. Ich hatte es noch nie gemocht zu fliegen. Ich konnte absolut nicht nachvollziehen, wie manche Menschen es mögen konnten, in 10.000 Metern Höhe über der Erde zu sein. Mir war es lieber, festen Boden unter meinen Füßen zu haben. Alice dagegen gehörte zu der Kategorie Adrenalinjunkie. Sie würde sich auch mit einem Fallschirm aus dem Flugzeug stürzen, weshalb sie sich wahrscheinlich gar keine Gedanken um den Flug machte.

,,Aza, ich brauche unbedingt einen neuen Bikini und einen Sonnenhut. Meine Mom sagt zwar immer, dass ich meine Haut schützen sollte, aber was solls.''

Ich runzelte die Stirn. War das gerade ihr Ernst?

,,Ehm Alice, du weißt schon, welchen Monat wir gerade haben, oder?'', fragte ich ungläubig.

,,November, warum?''

,,Statt einem Bikini solltest du dich wohl eher nach einem Neoprenanzug umsehen, falls du wirklich vor hast ins Wasser zu gehen'', erwiderte ich schmunzelnd.

Ruckartig blieb sie stehen und starrte mich aus großen Augen an. Mit ihrer Hand klatschte sie sich gegen die Stirn und stöhnte: ,, Mist! Ich hatte nicht daran gedacht, dass es in Oregon im November auch kalt sein würde.''

Tröstend legte ich ihr eine Hand auf die Schulter. Das Grinsen, das war sich auf meinem Gesicht ausbreitete, entgegnete Alice mit einem angriffslustigen Blick.

,,Wenn ich es mir recht überlege, sollte die Kälte kein Hindernis für uns darstellen. Immerhin baden die Menschen in Finnland jedes Jahr bei null Grad Celsius. Das wollte ich sowieso schon immer mal ausprobieren'', erwiderte sie mit einem teuflischen Grinsen.

Ich hob abwehrend die Hände und schüttelte energisch mit dem Kopf. ,,Nur über meine Leiche.''

Alice lächelte als Antwort und wir gingen weiter. Als wir bei der Mall ankamen, verdüsterte sich schlagartig der Blick meiner Freundin. Wenn sie eine Katze wäre, hätten sich jetzt ihre Nackenhaare aufgestellt. Ich folgte ihrem Blick und erkannte den Grund für ihren Stimmungswechsel. Vor dem Eingang warteten Carter und Raven. Carter schien uns gerade entdeckt zu haben, denn er winkte uns zu.

,,Erklärst du mir nochmal, warum diese beiden Vollidioten uns unbedingt begleiten mussten?'', wandte sie sich missmutig an mich. Als Antwort zuckte ich mit den Schultern.

,,Guten Morgen ihr beiden'', strahlte uns Carter an, als wir bei ihnen ankamen. Sein Blick blieb einige Augenblicke zu lange an Alice hängen, die ihn jedoch geflissentlich ignorierte. Ein wenig tat er mir leid.

,,Ein guter Morgen wäre es, wenn ich euch zwei heute nicht hätte sehen müssen'', murrte sie. Das Lächeln von Carter verrutschte bei ihren Worten ein wenig. Sein Blick trübte sich.

Ich knuffte ihr mit meinem Ellenbogen in die Seite und lächelte den Jungs entschuldigend zu.

Raven beobachtete die Szene mit einem belustigten Grinsen, bis seine moosgrünen Augen meine fanden. Mir stockte der Atem und mir wurde augenblicklich warm. Sein elektrisierender Blick hielt mich gefangen, während sich seine Lippen zu einem wissenden Lächeln verzogen. Seine gesamte Präsenz hüllte mich ein und vernebelte meine Sinne. In seiner Nähe konnte ich nicht mehr klar denken. Seine Augen verfolgten aufmerksam jede meiner Bewegungen, während ich ihn wie ein scheues Reh noch immer anstarrte. Die dunkle Kleidung, die er trug, die Tattoos am Hals und seine definierten, kantigen Gesichtszüge ließen ihn auf der einen Seite bedrohlich aussehen. Doch hinter seiner Fassade steckte so viel mehr als das.

Someday we'll see each other againWhere stories live. Discover now