Kapitel 57

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,,Our last goodbye was tough because I knew this was it, and I wasn't ready to lose my best friend, my laughter, my safe place, and a special piece of my heart.''

-Aprzywolski


Niemand sagte mir, dass es solche Tage geben würde.

Der Himmel war wolkenlos und erschien in seinem tiefen Hellblau fehl am Platz. Die Sonnenstrahlen erwärmten meine Haut und doch konnten sie nicht durch diese meterdicke Eisschicht hindurchbrechen. Ich gefror innerlich.

Es war anders als das letzte Mal. Ruhiger. Friedlicher. Als wäre heute nicht einer der schlimmsten Tage in meinem Leben. Es fühlte sich an, als würde die Sonne mich verhöhnen. Es sollte in Strömen regnen. Der Himmel sollte dunkelgrau sein, dass kein Licht hindurchdringen konnte. Und doch schien diese verdammte Sonne auf mich nieder und versuchte mich zu wärmen.

Hand in Hand  trat ich gemeinsam mit Raven durch das schwere metalleiserne Eingangstor. Den Blick hielt ich starr auf den Boden gerichtet. Ich wollte niemanden ansehen und nicht diese Blicke voller Mitleid und Traurigkeit spüren. Doch außer meinen Großeltern und dem Trauerredner war noch niemand zu sehen. Erleichtert atmete ich aus und verstärkte dabei meinen Griff um Ravens Hand.

Ich wollte nicht mit dem Redner sprechen und seine Floskeln hören, die er wahrscheinlich zu jedem Familienangehörigen sagte. Wie eine nie endende Dauerschleife.

Deshalb blieb ich mit Raven wenige Meter vor ihnen unter einer hängenden Trauerweide stehen. Ich versteckte mich in seinen Armen, die er um mich gelegt hatte. Raven schirmte mich ab vor der Realität, die mit jeder verstrichenen Sekunde auf mich lauerte und darauf wartete, dass ich mich ihr stellte.

,,Ich schaffe das nicht.'' Meine Stimme hörte sich seltsam belegt an. Sie klang wehleidig, schmerzverzerrt, irgendwie fremd. Als gehörte sie nicht zu mir. Ich wusste, dass ich nicht gehen konnte, doch ich wollte auch nicht bleiben. Ich hatte dasselbe Szenario vor vier Jahren schon durchstehen müssen. Ich war am Ende. Mir fehlte die Kraft, diesen letzten Weg zu gehen. Mich zu verabschieden und ihn gehen zu lassen. Nun endgültig.

,,Wir werden diesen Tag überstehen. Du und ich. Ich werde an deiner Seite sein. Die ganze Zeit.''

Ich nickte und atmete kräftig ein und aus. Der Druck und die Leere in mir waren eine gefährliche Kombination. In diesem Moment fragte ich mich, ob man innerlich an seinem eigenen Schmerz ertrinken konnte. Fühlte es sich so an, zu ersticken?

Schwarze Punkte tanzten vor meinen Augen. Instinktiv klammerte ich mich an Ravens Jackett, um die Panik nicht gewinnen zu lassen.

Ich hatte jegliches Zeitgefühl verloren. Wie lange ich mich in Ravens Armen befand, konnte ich nicht einschätzen. Irgendwann löste er sich zaghaft von mir und schaute mir in die Augen. Sein Blick war voller Sorge. Er sagte etwas zu mir, doch ich konnte ihn nicht verstehen. Ich hörte alles wie durch Watte.

Es war nicht real.

Und doch setzte ich einen Schritt nach dem anderen, als Raven uns in Richtung der kleinen weiß angestrichenen Kapelle führte. Jeder Schritt kostete mich enorme Kraft. Meine Beine zitterten unkontrolliert. Ich wollte dort nicht hin. Nicht schon wieder. Wenn Raven mich nicht gehalten hätte, wäre ich wahrscheinlich nicht in der Lage gewesen, allein aufrechtzustehen. Er hatte den Arm stützend um mich gelegt und flüsterte mir immer wieder beruhigende Worte ins Ohr. Du machst das gut. Ein Schritt nach dem anderen.

Mein Blick, der die ganze Zeit über starr auf den Boden geheftet war, erhob sich zögerlich, als wir nur wenige Schritte vor dem Eingang zum Stehen kamen. Ich zuckte zusammen, als ich die ersten Menschen eintreffen sah in ihrer schwarzen düsteren Trauerkluft. Evan hätte diesen Anblick gehasst. Er liebte knallige Farben über alles, deshalb trug ich die knallroten Erdbeersocken für alle gut sichtbar über meiner Strumpfhose.

Someday we'll see each other againWo Geschichten leben. Entdecke jetzt