Kapitel 34

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,,Maybe the universe breaks people in different ways so they fit when they're together.''

– Blake Auden


Raven

Nachdem wir der kleinen Strandbar den Rücken zugekehrt hatten, liefen wir schweigend am Strand nebeneinanderher. Aza schien ihren Gedanken nachzuhängen und ich wollte sie dabei nicht unterbrechen. Der Abend hatte sie schon genug Kraft gekostet, da musste sie sich nicht meine Probleme auch noch anhören.

Mit den Händen in den Taschen und dem Kopf nach oben gerichtet betrachtete ich das funkelnde Sternenzelt über uns. Es wäre der perfekte Ort gewesen, um ihr alles über mich zu erzählen. Doch wieder einmal war es nicht der richtige Zeitpunkt. Mein Timing war schon immer grandios schlecht gewesen.

Mein Blick wanderte zu Aza. Wie eine leblose Hülle trottete sie mit gesenktem Kopf und hängenden Schultern neben mir her. Wenn ich könnte, dann würde ich all ihre Schmerzen nehmen. Sie hatte all das, was ihr zugestoßen war, nicht verdient. Doch das Leben war nicht fair, auch wenn ich es mir für sie gewünscht hätte. Sie sollte nicht den Schmerz kennen, jemanden zu vermissen, der nicht mehr zurückkommen würde.

Ich wandte mich ab und beobachtete stattdessen das Meer. Der Sturm von heute Mittag hatte sich ein wenig gelegt. Trotzdem war der Ozean in Aufruhr. Die Wellen brachen geräuschvoll in sich zusammen und hinterließen ein angenehmes Gefühl in meiner Brust. Ich liebte das Meer, denn obwohl die Wellen jedes Mal das Ufer verließen, kamen sie immer wieder zurück. Es beruhigte mich, dass wenigstens eine Sache auf dieser gottverdammten Welt beständig war. Ganz egal, ob ich nun existierte oder nicht.

Wir liefen nun schon eine ganze Weile. Die Bar war nicht mehr zu sehen. Die Dunkelheit der Nacht hüllte uns ein und ließ uns beinahe verschwinden. So als könnten wir uns auf Ewigkeiten vor unseren Lastern verstecken. Obwohl ich wusste, dass die Dämonen in mir mich immer finden würden. Egal, wie weit ich auch davon lief, sie holten mich wieder ein.

,,Wollen wir uns setzen?'', unterbrach Aza die Stille zwischen uns.

,,Sicher, dass du nicht frieren wirst?''

Ich wollte nicht, dass sie sich bei den kalten Temperaturen erkältete. Wir hätten vielleicht schon vor einer Weile umkehren sollen.

Stirnrunzelnd musterte ich ihren dünnen Parka. Sie hätte sich viel wärmer anziehen müssen. Bestimmt fror sie, nur war sie zu stolz, um es zuzugeben.

,,Schon gut. Ich stehe noch unter Adrenalin, da spüre ich die Kälte nicht.''

Wer's glaubt.

Ich zuckte mit den Schultern und ließ mich neben ihr in den kalten Sand fallen. Niemand von uns sagte ein Wort. Ihr verlorener Blick war starr auf das Meer gerichtet. Nervös kaute sie auf ihren Lippen herum, bis sie anfing, leise mit ihren Zähnen zu klappern. Wusste ich es doch.

Leise schmunzelnd rückte ich näher an sie heran und reichte ihr meine Mütze.

,,Hier, Miss Ich-spüre-die-Kälte-nicht. Setz sie auf'', neckte ich sie mit hochgezogener Augenbraue.

,,Danke'', schnaubte sie und griff widerwillig nach der Mütze.

,,Geht es dir besser?'', fragte ich vorsichtig nach wenigen Minuten des Schweigens. Ich wollte keine alten Wunden aufreißen. Doch sie sollte nicht das Gefühl haben, dass ich sie vergessen hätte. Vielmehr sollte sie wissen, dass ich ihr zuhörte, wenn sie reden wollte.

Sie zupfte immer wieder an ihrer Jacke herum und spielte nervös mit den Händen. Unruhig wanderte ihr Blick umher, bis sie meine Augen fand. Während ich für sie undurchdringbar erscheinen musste, konnte ich in ihren Augen all ihre Gefühle ablesen. Es schien, als hatte sie Angst zu sagen, an was sie gerade dachte. Oder sie wusste nicht, wie sie auf die Frage antworten sollte.

Someday we'll see each other againWhere stories live. Discover now