Kapitel 59

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Die schwarzen Punkte vor meinem Sichtfeld verdichteten sich. Die schwere Eingangstür kam mir in diesem Moment wie ein Geschenk des Himmels vor, als ich sie mit letzter Kraft aufstieß und nach draußen stürmte.

Die Welt um mich herum drehte sich wie ein Karussell. Um den Schwindel und die Übelkeit zu stoppen, ging ich vor den Steintreppen in die Hocke und hielt mir meinen pochenden Kopf. Ich schloss die Augen und versuchte, das Geschehen um mich herum auszublenden. Ich ignorierte die Blicke einiger Studenten und konzentrierte mich auf mein panisch schlagendes Herz.

Ich bin okay, murmelte ich immer wieder zu mir selbst und wiegte mich vor und zurück. Ein stechender Schmerz durchfuhr meinen Schädel und ließ mich aufstöhnen.

Ich muss nur ruhig atmen. Ein und aus. Doch mein pulsierender Herzschlag beruhigte sich nicht. Meine Hände begannen zu zittern. Ich hielt mir die Ohren zu, da ich diese Stimme nicht hören wollte, die immer wieder meinen Namen rief.

Jemand berührte mich und umschloss meine Schulter mit seinen beiden Händen. Sie rüttelten an mir. Jemand rief panisch meinen Namen. Ich hörte seine Stimme nur verzerrt und dumpf, als wäre ich unter Wasser. Doch ich kannte diese Stimme. Ich konnte ihr nur nicht zuhören, ich wollte nicht.

,,Du machst mir Angst'', schluchzte die Stimme. Ich hörte die Panik und die Dringlichkeit in seinen Worten. Doch die schwarzen Punkte tanzten noch immer vor meinen Augen.

,,Bitte, rede mit mir. Ich weiß nicht, was ich tun soll'', stotterte die Stimme. Ich konnte mir sein angsterfülltes Gesicht förmlich vorstellen. Er sollte sich keine Sorgen um mich machen, doch ich konnte mich nicht befreien. Wieso verstand er das nicht?

,,Ich...ich rufe Raven an. Er kann dir helfen. Warte kurz'', rief die Stimme, die sich von mir zu entfernen drohte und all die Wärme mitnehmen wollte. Schneller, als ich realisieren konnte, was ich als nächstes tat, ergriff ich seine Hand und hielt sie fest umklammert.

,,Nicht...'',wisperte ich, ohne den Kopf zu heben. Er durfte Raven nicht holen. Er würde nicht von meiner Seite weichen. Das durfte nicht passieren. Ich musste ihn davon überzeugen, dass ich ohne ihn zurechtkam. Ich musste aufstehen. Mich zusammenreißen.

,,Aza! Gott sei Dank. Hier trink etwas Wasser. Hast du einen Hitzeschlag? Soll ich dich zur Krankenstation bringen?''

Blinzelnd öffnete ich die Augen. Das grelle Licht blendete mich und ich hielt schützend den Arm vors Gesicht. Die schwarzen Punkte lösten sich auf. Meine Umgebung wurde langsam wieder klarer. Mein Herz beruhigte sich und meine Atmung flachte ab. Mit meiner freien Hand wischte ich mir den Schweiß von der Stirn und verzog angewidert das Gesicht. Bis mein Blick an meerblauen Augen hängen blieb, die mir ängstlich entgegenblickten.

,,Es geht schon'', entgegnete ich Jace und nahm dankend die Wasserflasche an, die er mir in die Hand drückte. Ich musste ihn glauben lassen, dass es mir gut ginge, sonst würde er Raven und Alice von der Sache erzählen. Das konnte ich jetzt nicht gebrauchen. Fieberhaft überlegte ich, wie ich Jace dazu bringen sollte, seine Klappe über diesen Vorfall zu halten. Die Hitze erschien mir eine plausible Erklärung. Niemand sollte wissen, dass ich mal wieder eine Panikattacke gehabt hatte.

Mit zitternden Händen setze ich die kalte Flüssigkeit an meinen Mund und trank gierig die halbe Flasche leer.

Jace' Blick ließ mich nicht los. Er verfolgte jede meiner Bewegungen aufmerksam, als würde ich in der nächsten Sekunde wieder zusammenbrechen.

,,Danke'', flüsterte ich mit kratziger Stimme und reichte ihm die Flasche zurück, die er kurz darauf in seinem Rucksack verstaute.

,,Soll ich dir hochhelfen?'', bot er an, nachdem ich Anstalten machte, aufzustehen. Ich nahm seine Hilfe dankend an. Meine Beine waren noch immer wie Wackelpudding, doch ich zwang mich dazu, aufrecht stehen zu bleiben. Ich durfte mir nicht noch einmal so eine Schwäche erlauben.

Someday we'll see each other againWhere stories live. Discover now