𝙺𝚊𝚙𝚒𝚝𝚎𝚕 𝙳𝚛𝚎𝚒𝚞𝚗𝚍𝚟𝚒𝚎𝚛𝚣𝚒𝚐

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Eine Woche vor dem Unfall:

»Was soll heißen, sie glauben dir nicht?«, fragte Julian verwundert nach meinem Bericht über das Gespräch mit meinen Eltern.

»Ich habe ja alles versucht, aber sie sind so verbissen! Ich weiß auch nicht, wie Blake das geschafft hat, ihnen weis zu machen, er sei der größte Unschuldsengel, den es je gegeben hat!« O Mann, seit knapp sieben Wochen gab es nur Ärger.

Wie sollte ich mich bei dem ganzen Theater mit meinen Eltern denn auf die Möglichkeiten konzentrieren, die mich momentan betrafen? Früher oder später hatte ich nämlich die Entscheidung zu treffen, was passieren sollte.

Egal, ob ich wollte oder nicht, da kam ich so schnell nicht wieder heraus, ohne jemanden zu verletzen.

Gegenwart:

Eine ganze Woche. Eine ganze Woche mindestens verabscheue, ignoriere und beschimpfe ich schon meine Eltern. Mein Innerstes beschwert sich schon darüber, dass ich solch wichtige Personen in meinem Leben einfach verstoße. Was habe ich aber für eine Wahl?

Dad lässt sich ab und zu wieder im Haus blicken, geht mir jedoch genauso aus dem Weg, wie ich ihm auch. Meine Mutter klopf immer an meine Zimmertür und fragt, wie es mir geht oder was ich gerade mache.

Ich weiß, dass sie mit mir reden will. Sie scheint bloß nicht zu wissen, was sie sagen soll. Die tausend Entschuldigungen und Wiedergutmachungen habe ich satt.

Allerdings halte ich es irgendwann nicht mehr aus und bitte sie in mein Zimmer, als sie zaghaft klopft, um mir frisch gewaschene Erdbeeren zu bringen.

Sie kommt mit langsamen Schritten auf mein Bett zu, als könne sie nicht glauben, dass ich wirklich ein Wort mit ihr gewechselt habe.

Sie legt die Schüssel vorsichtig auf meiner Bettdecke ab, sodass keine Erdbeere herausfällt. Wenig später lässt auch sie sich auf der Decke nieder und ich sehe von meinem Buch auf, das ich letztens Stolz meiner neuen Sammlung hinzufügte.

Blitzschnell greife ich nach einer Erdbeere und schiebe sie mir in den Mund. Ihre Süße trifft direkt auf meine Geschmacksnerven und ich kann nicht anders, als direkt noch eine zu nehmen.
Mom lächelt zaghaft.

»Hast du eigentlich schon ein Kleid für den Abschlussball?«, fragt sie gezielt, dennoch vorsichtig. Sofort könnte ich anfangen zu heulen, weil mir genau solche Gespräche mit meiner Mutter fehlen. Trotzdem muss ich mich zusammenreißen.

»Ja, habe ich. Es hängt im Schrank.«
Meine Mutter dreht den Kopf leicht und sieht mich fragend an. Ich nicke ihr zu und sie geht bedächtig zum Schrank, um das Kleid zu begutachten. Ihre Augen weiten sich, als sie den himmelblauen Stoff erblickt.

Der kleine silberne Gürtel um die Taille gefällt ihr besonders und sie streift vorsichtig den Stoff entlang.

»Es ist wunderschön. Wo hast du es gekauft?«, fragt sie nach. Mit dem Rücken zu mir steht sie noch immer vor meinem Schrank. Ich bin froh, dass sie nicht sehen kann, dass ich tatsächlich versucht bin, ihr zu antworten. Doch ich schließe meinen Mund schnell wieder und blicke hinunter auf die Bettdecke.

Mom dreht sich zu mir um und als sie mein Gesicht sieht, kommt sie mir wieder näher.

»Du musst es mir nicht sagen, Süße. Ich schulde dir viel mehr Antworten.«

Ihre Stimme ist kratzig und sie bringt jedes Wort bloß mit Mühe hervor.

»Weißt du eigentlich, warum ich Blake für dich so toll finde?«, platzt sie plötzlich mit der mich am meisten beschäftigten Frage heraus.

𝙻𝚘𝚜𝚝 𝙼𝚎𝚖𝚘𝚛𝚒𝚎𝚜 ~ 𝙼𝚢 𝚆𝚊𝚢 𝙱𝚊𝚌𝚔 𝚃𝚘 𝚈𝚘𝚞 ~Where stories live. Discover now