𝙺𝚊𝚙𝚒𝚝𝚎𝚕 𝙳𝚛𝚎𝚒𝚞𝚗𝚍𝚣𝚠𝚊𝚗𝚣𝚒𝚐

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Elf Monate vor dem Unfall:

»Wir sind schon fast ein Jahr zusammen, Emilia. Wie kann es sein, dass wir uns im letzten Monat nur in den Haaren haben?«, wunderte sich Blake und raufte sich die Haare.

Eigentlich sollte ich mich in meinem eigenen Zimmer wohl fühlen, doch im Moment würde ich gern aus der Tür rennen und mich im Keller verkriechen.

Blake war keine einfache Person, aber ich auch nicht. Deshalb war es bei unseren ganzen Krisen nie bis zum Äußersten gekommen. Wir hatten immer zueinander gefunden.

Aber um ehrlich zu sein habe ich mittlerweile Bedenken, ob es wegen der Gefühle füreinander war, oder ob es einfach bequem war, zusammen zu sein. Alles zusammen zu machen. Überall zusammen hinzugehen.

»Du kannst mir nicht vorwerfen, ich habe mich verändert! «, ärgerte er sich wieder. Diesmal griff ich ein. »Das tue ich auch nicht. Du bist schon immer so gewesen. Ich habe es nur jetzt wieder bemerkt.«

Gegenwart:

Julian fährt mich nach Hause. Zwischen uns ist nach der Explosion von Gefühlen in meinem Magen nichts mehr passiert und ich weiß nicht recht, ob das enttäuschend oder besser so ist.

Wir halten vor meinem Haus an. Unmerklich schlucke ich. Ich weiß nicht, wie ich ihn ansehen soll. Ich weiß immer noch nicht, was passiert ist. Das ist zu viel für meinen anfälligen Kopf.

»Also dann«, sagt Julian mit einem Räuspern. Mir wird wieder bewusst, dass hier Endstation für mich ist. Ich greife ungeschickt nach meiner Tasche vor dem Sitz, wobei ich meine Haare ins Gesicht bekomme.

Nur mit Mühe verschaffe ich mir wieder eine klare Sicht. Julian muss das wohl alles beobachten, was mir nur noch unangenehmer ist.

Am liebsten würde ich aus dem Auto sprinten und mich im tiefsten Keller verkriechen, aber so feige bin ich nicht. Nicht mehr.

»Danke!« Ich drehe mich zum ersten Mal zu Julian. »Für alles.« Was ich meine, ist nicht nur dieser Nachmittag, sondern dass er von Anfang an nicht aufgegeben hat. Ohne Julian wäre vieles noch anders. Noch falsch.

Ein Lächeln umspielt seine Lippen und ich muss mich zwingen, nicht darauf zu starren und an vorhin zu denken. »Wir sehen uns Montag!«, verabschiedet er sich und ich steige langsam aus dem Auto aus. Denn wie schon erwartet, bereue ich, dass ich nicht länger bei ihm geblieben bin.

Der Wagen ist schon lange hinter der Ecke verschwunden, als ich aus meiner Traumwelt zurück in die Realität kehre und mich zum Haus begebe.

Meine Eltern sind nach einer gefühlten Ewigkeit mal wieder da und ich rufe nur kurz durchs Haus, um meine Rückkehr zu verkünden. Jedoch hastet meine Mutter von oben zu mir hinunter und verdirbt mir fast meine Laune.

»Wo warst du?«
Mist. Ich bin ohne Simon zurückgekommen. Daran hat keiner von uns gedacht.

»Weg«, ist meine Antwort. Damit stelle ich Mom jedoch nicht zufrieden. »Weg? Was soll das heißen? Bei Blake?« Blake. Er ist der Letzte, an den ich jetzt denken will.

Genervt rolle ich mit den Augen und kassiere einen finsteren Blick meiner Mutter. »Ich habe dir doch gesagt, das mit Blake ist nicht mehr!« Zwar habe ich damals im Restaurant bloß grobe Andeutungen gemacht, aber früher oder später wird sie sowieso erfahren, dass es aus ist.

»Emilia Sant!«, faucht Mom, als ich eigentlich nach oben huschen möchte. »Du sagst mir auf der Stelle, wo du dich herumgetrieben hast und vor allem mit wem!« Das reicht mir. Ich bin doch kein kleines Kind mehr!

»Das interessiert dich doch sowieso nicht! Solange es nicht Blake ist, ist dir das völlig egal!«, werfe ich ihr vor. Enttäuscht stelle ich fest, dass ich manchmal wirklich das Gefühl habe, meiner Mutter ginge alles nur um Blake.

𝙻𝚘𝚜𝚝 𝙼𝚎𝚖𝚘𝚛𝚒𝚎𝚜 ~ 𝙼𝚢 𝚆𝚊𝚢 𝙱𝚊𝚌𝚔 𝚃𝚘 𝚈𝚘𝚞 ~Onde histórias criam vida. Descubra agora