𝙺𝚊𝚙𝚒𝚝𝚎𝚕 𝙰𝚌𝚑𝚝

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Drei Wochen vor dem Unfall:

»Hör mir zu, Blake!«
Ich stand vor meinem Auto, als Blake gerade aus dem Training kam.
»Ich will nichts mehr davon hören!« Mit der Trainingstasche über der Schulter gespannt hetzte er zum Eingang seines Hauses.

»Blake, du kannst mich nicht für immer ignorieren. Schließlich ist es deine Schuld!«, warf ich ihm an den Kopf. Er drehte sich nicht um. Ich rannte ihm hinter her und fing ihn kurz vor der Treppe ab.

Vielleicht war es nicht so, vielleicht war es alles meine Schuld. Aber hier war etwas grundlegend falsch. Und das war Blake.
Mich wunderte, dass ich mich überhaupt noch traute, mehr als hundert Meter nah bei ihm zu stehen.

Nachdem ich unsere Beziehung endgültig beendet hatte, war er ein totales Arschloch zu mir gewesen. Deshalb wollte auch niemand glauben, dass...

»Emilia, du weißt genau, wie sehr ich dich wollte. Und du dankst mir das einfach, indem du mit diesem Typen-« Er konnte gar nicht zu Ende sprechen, so entsetzt war er. Selbst mir gegenüber log er. Und zwar wie gedruckt.

Meine Meinung änderte sich augenblicklich. Nein, das stimmte nicht und tief im Inneren wusste Blake genau, was das Problem war, er wollte es bloß nicht wahrhaben.

Deshalb verstieß er mich und erzählte meiner Familie, dass Julian es verdiente, für immer von mir fern zu bleiben. Seitdem stand alles auf dem Kopf. Alles, wegen eines Idioten. Wegen eines Feiglings.

Gegenwart:

»Mom? Wo genau wohnt Blake?«
Seit unserer letzten Diskussion tut sie so, als sei nie etwas passiert. Auch ich bemühe mich um eine friedliche Atmosphäre.

Ich sitze auf der Couch und habe gerade ferngesehen. Ich mag es, mich von den Programmen berieseln zu lassen. Es ist nicht ganz so wie lesen, aber es lässt mich in eine andere Welt eintauchen.

Mittlerweile hat sich der Sommer endgültig in Northbrook niedergelassen und mich dazu gebracht, ein dünnes gelbes Sommerkleid anzuziehen.

Nicht sonderlich überrascht antwortet Magrit mit einem Lächeln im Gesicht. Wie immer. »Einige Straßen von hier. In der High Street 42. Soll ich dich zu ihm fahren, Schatz?«, bietet sie mir mit diesem Funkeln in den Augen an. Bevor ich es mir genauer ansehen kann, ist es schon wieder weg.

»Nein«, sage ich gelassen und schwinge mich von der Couch hoch, um Blake einen Besuch abzustatten, der vermutlich alles verändern wird.

Den ganzen Tag habe ich das Haus nicht verlassen. Nicht nach meinem zufälligen Treffen mit einer bestimmen Person gestern, die nicht Blake war.

Mittlerweile ist mir aber langweilig und die Regale im Wohnzimmer und Arbeitszimmer habe ich inzwischen auch alle durchforstet.

»Ich werde es schon finden!« Entschlossen gehe ich nach oben - mein Fuß ist inzwischen komplett verheilt - um mich ein wenig zu schminken. Es ist, als habe ich es nie verlernt.
Unverzüglich mache ich mich auf den Weg zur High Street.

Ich muss bloß noch zweimal links abbiegen, bis ich bei Nummer drei ankomme. Angespannt überquere ich die Straße, um auf die Straßenseite mit den graden Hausnummer nach der 42 zu suchen.

Auch in dieser Straße fallen die Häuser nicht gerade klein aus.
Ich nähere mich der 42.
38.
40.

Da steht es. Ein dunkelgraues Haus. Noch größer als unseres und auch eindrucksvoller. Auf der Einfahrt steht ein schicker schwarzer Sportwagen. Seitdem ich meine Gedächtnisübungen mache, fällt es mir viel leichter, etwas in meinem Kopf zu behalten.

𝙻𝚘𝚜𝚝 𝙼𝚎𝚖𝚘𝚛𝚒𝚎𝚜 ~ 𝙼𝚢 𝚆𝚊𝚢 𝙱𝚊𝚌𝚔 𝚃𝚘 𝚈𝚘𝚞 ~Where stories live. Discover now