𝙺𝚊𝚙𝚒𝚝𝚎𝚕 𝚂𝚎𝚌𝚑𝚜

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Vier Wochen vor dem Unfall:

Aufgebracht lief ich in seinem Zimmer auf und ab, rieb mir dabei die Schläfen und versuchte eine Lösung zu finden. Leichter gesagt als getan.
»Hey!«, wollte er mich beruhigen und hielt mich fest.
»Lassen wir die anderen außen vor. Was ist mit deinen Gefühlen?«

Was damit war? Tja, das wusste ich ganz genau.
»Ich liebe dich.« Und genau das war mein Problem.
Er lächelte und schloss beschützend seine Arme um mich. Die Tränen drängten sich hervor. Ich musste mit Blake reden. Dringend.

Gegenwart:

Eigentlich hat er mir nichts getan. Blake, meine ich. Er hat sich eben so verhalten, wie immer. Für ihn ist das sicherlich auch nicht leicht, dass seine Freundin keine Ahnung hat, wer er ist. Leider kann das keiner von uns ändern.

Ich werde achtzehn. Morgen, um genau zu sein. Magrit hat natürlich Blake eingeladen. Auch Jo wird kommen, was schon jetzt eine große Herausforderung für mich ist. Persönlich kennengerlernt habe ich sie nämlich immer noch nicht.

Sicher habe ich mir meinen achtzehnten Geburtstag anders vorgestellt. Auch vor meinem Unfall. Aber mit einem gebrochenen Arm und verlorenen Erinnerungen habe ich nicht viele Möglichkeiten.

Dass ich Erdbeeren mag, habe ich ziemlich schnell festgestellt. Deshalb helfe ich meiner Mutter dabei, für morgen eine Erdbeertorte zu backen.

Erstaunlicherweise bin ich sehr gut darin und sofort kommt die Frage auf, ob ich früher schon gebacken habe.
Mit viel Mühe dekorieren wir das Untergeschoss mit Girlanden und Luftballons in Gold und Silber.

Ich habe keine Ahnung, wie ich auf Blake reagieren werde, nachdem ich ihn so abrupt habe sitzen lassen. Noch weniger weiß ich, wie ich mit Jo umgehen soll, deshalb quetsche ich alle möglichen Informationen aus Magrit heraus.

»Mom?«
»Ja, Liebling?« Konzentriert faltet sie einige Servietten, um sie ordentlich in ein Glas auf dem Tisch zu stopfen.
»Seit wann kenne ich Jo?«

Erstaunt blickt sie zur mir auf. In ihren Augen liegt jedoch pure Freude über meine Neugierde. »Seit dem Kindergarten. Damals habt ihr euch gehasst. Bis sie dich gezwungenermaßen zu ihrem Geburtstag in der ersten Klasse eingeladen hat. Seitdem könnt ihr fast nicht ohne einander.«

»Wieso gezwungenermaßen?«
Sie lächelt wissend. »Wir Mütter haben uns darüber unterhalten, dass ihr euch nicht immer gegenseitig beleidigen solltet. Tja, ich schätze, wir haben gute Arbeit geleistet.«

Ich schmunzle. Dennoch finde ich es ein wenig abartig, dass meine Mutter mir eine beste Freundin verschaffen hat.

»Was ist mit Blake?«
»Blake?« Meine Mutter sieht wieder von ihren Servietten auf, während ich den letzten Luftballon festbinde.

»Ja, wie lange bin ich schon mit ihm zusammen?« Das letzte Wort bringe ich bloß mit Mühe hervor. Blake ist nett, aber so etwas wie Gefühle habe ich nicht für ihn. Ruhig atme ich ein. Das braucht sicher bloß Zeit.

»Seit vorletztem Sommer glaube ich. Danach war es ein ständiges Hin und Her. Aber glaub mir, wenn ich dir sage, dass Blake es nur gut mit dir meint!«

Auch wenn mir diese Aussage vielleicht helfen soll, verunsichert sie mich eher. Magrit sagte das mit ziemlicher Überzeugung, aber einem bebenden Unterton. Sie ist meine Mutter, nicht wahr? Sie wird es schon wissen...

***

Gerade stellt Magrit die Torte auf den Tisch, als die Klingel läutet. Simon schlendert die Treppen in Jogginghose herunter. Als Magrit zur Tür hastet, faucht sie ihn wild an.

𝙻𝚘𝚜𝚝 𝙼𝚎𝚖𝚘𝚛𝚒𝚎𝚜 ~ 𝙼𝚢 𝚆𝚊𝚢 𝙱𝚊𝚌𝚔 𝚃𝚘 𝚈𝚘𝚞 ~Where stories live. Discover now