𝙺𝚊𝚙𝚒𝚝𝚎𝚕 𝚉𝚠𝚎𝚒𝚞𝚗𝚍𝚍𝚛𝚎𝚒𝚜𝚜𝚒𝚐

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Drei Wochen vor dem Unfall:

Ich konnte es einfach nicht glauben. Blake hatte es wirklich getan. Dieser Idiot hatte sich bei meinen Eltern eingeschleimt und sie knallhart belogen, sodass Julian schlecht dastand. Noch schlechter.

Sie hatten ihn sowieso schon wegen der Prügelei auf dem Kicker. Da passte es Blake ja wunderbar, ihn in noch schlechteres Licht zu werfen.

Wut pulsierte in meinen Adern und das Feuer loderte in mir, als ich mich mit meinen Eltern stritt.

»Blake hat uns alles erzählt, Emilia!« Ja, das konnte ich mir denken. O Mann. Warum hatte ich ihnen beim ersten Mal nicht die Wahrheit gesagt? Leider fürchtete ich, die Antwort darauf zu kennen. Es war aus purer Angst. Angst vor Blake. Deswegen musste ich jetzt wenigstens versuchen, Julian in Schutz zu nehmen.

»Julian war das nicht, Mom! Vielleicht fragst du mal Blake, was da wirklich passiert ist!«, schnauzte ich mittlerweile mit Tränen in den Augen.

Mom schlug sich die Hand vor den Mund und kam langsam auf mich zu. »Sieh nur, was er dir angetan hat. Du bist seinetwegen so verschreckt, dass du nicht mal erkennen kannst, dass es seine Schuld war!«

»Mom!«, schrie ich. Doch ich merkte schon, das alles hatte keinen Zweck. Blake hatte meine Eltern besser im Griff als ich. Das würde schlimm enden.

Gegenwart:

Als ich mich schließlich endlich aufraffe, meinen Weg zurück nach Hause zu finden, empfängt mich dort niemand. Das Haus ist menschenleer. Ich vermute mal, dass meine Eltern jetzt panisch zu Doktor Roland gerannt sind. Ich könnte ihnen wieder hinterher.

Allerdings finde ich, dass für 24 Stunden schon genug Licht ins Dunkle gebracht wurde. Und wie man sieht, komme ich schon mit den neuen Details prächtig klar...

Draußen ist es bereits dunkel. Ich kann eine Mütze Schlaf nach der letzten Nacht ziemlich gut gebrauchen und gehe hoch, um mich fertig zu machen. Dabei lasse ich die Terrassentür offen, um das Erdgeschoss durchzulüften.

Nachdem ich mir oben die Zähne geputzt habe, falte ich noch brav einige Handtücher zusammen und lege sie in den Schrank, bis ich kurzerhand zusammenschrecke und herumfahre.

Ein leises Poltern kommt aus meinem Zimmer nebenan. Ich habe keinen Haustürschlüssel gehört und auch keine lauten Stimmen, weshalb es nicht meine Eltern sein können. O Gott! Ich habe die Terrassentür ja noch offen! Was, wenn jemand hineingekommen ist?

Augenblicklich verschwindet meine undenkbare Müdigkeit und durch meine Adern schießt pures Adrenalin. Da ist jemand, zweifellos. Hektisch bereite ich mich auf einen Einbrecher vor.

Schnell ergreife ich den nächstgelegenen Gegenstand, womit ich mich im Notfall wehren kann. Zu meinem Pech ist es das Haarspray auf dem Waschbeckenrand. Immerhin würde der Einbrecher daran ersticken können. Hoffentlich...

Wieder poltert es und ich vernehme leise und schwere Schritte. Langsam schleiche ich zu der Tür. Ich frage mich, warum ich nicht einfach im Badezimmer eingeschlossen bleibe und dafür bete, der Einbrecher möge alles nehmen, was er möchte, und dann schnell wieder verschwinden.

Aber nein, mein naives Ich stellt sich an die Tür und lauscht jedem Geräusch. Inzwischen ist jedoch nichts mehr zu hören und ich bin noch angespannter.

Ich entschließe mich dazu, das Licht im Bad auszuschalten. Geräuschlos drücke ich die Türklinke zum Bad und schließlich zu meinem Zimmer hinunter und spähe in den Raum.

Stockfinster ist es und nur die Umrisse meines Bettes sind durch das hereinscheinende Mondlicht zu erkennen. Ich sehe einen Schatten an dem Bett vorbei huschen.

𝙻𝚘𝚜𝚝 𝙼𝚎𝚖𝚘𝚛𝚒𝚎𝚜 ~ 𝙼𝚢 𝚆𝚊𝚢 𝙱𝚊𝚌𝚔 𝚃𝚘 𝚈𝚘𝚞 ~Where stories live. Discover now