"Es tut einfach so scheiße weh!"

2.3K 107 24
                                    

Und plötzlich stand meine Welt still. Es war als würde sich alles in Zeitlupe bewegen und trotzdem blitzschnell verlaufen. Ich bekam auch gar nicht mehr mit, wie Professor Dumbledore mich traurig anschaute, sein Beileid aussprach und mit James noch ein paar Worte wechselte, ehe der Schulleiter sein Büro verließ. Das war doch alles ein schlechter Witz, oder? Ich hatte meine Eltern doch noch vor ein paar Stunden gesehen und mit ihnen geredet. Sie konnten nicht tot sein.

Ich war wie gelähmt und erst, als ich irgendwo aus weiter Ferne meinen Namen hörte schaute ich zu James. Und dieser Anblick hatte mir gereicht, um in Tränen auszubrechen. Ich war keine Person, die oft weinte. Ich hasste es zu weinen und ich hasste es vor allem vor anderen Leuten zu weinen. Doch diesmal wollte ich meine Tränen nicht unterdrücken, ich wollte nicht versuchen stark zu sein. Ich konnte und wollte es nicht.

„Lily", sagte James erneut und schaute mir fest in die Augen. Ich konnte sein Gesicht nicht mehr ganz klar ausmachen, da mein Blick von den Tränen verschwommen war. „Komm, wir gehen in unsere Räume", fuhr er leise und sanft fort. Ich war ihm dankbar, dass er versuchte einen klaren Kopf zu behalten, auch wenn ich ihm ansehen konnte, wie geschockt er war.

Ich weiß nicht mehr genau wie, aber irgendwie befanden wir uns nur kurze Zeit später in den Schulsprecherräumen. Ich fühlte mich einfach nur verloren, alles um mich herum war mir egal. Gedanken und Erinnerungen rasten durch meinen Kopf und ich hätte alles in dem Moment dafür gegeben, um nichts mehr denken zu müssen. Ich wollte die Stimme in meinem Kopf abschalten, doch das war verdammt nochmal nicht möglich.

Und als James mich in mein Bett verfrachtet hatte und ich ihn bat bei mir zu bleiben, ging es richtig los. Sobald er sich zu mir gelegt und mich fest in seine Arme geschlossen hatte, brach alles aus mir heraus. Jetzt weinte ich nicht mehr stumme Tränen, sondern schluchzte an seiner Brust und krallte mich haltsuchend an ihn.

Und er war, wie immer, für mich da. Ihm machte es nichts aus, dass ich sein T-Shirt vollheulte, ihm machte es nichts aus, dass er bei mir blieb. Was ihm aber was ausmachte war, dass ich weinte und vor allem auch der Grund warum ich weinte. Doch er ließ mich weinen, denn er wusste, dass dies eine wichtige Phase des Trauerns war. Und ja, in irgendeiner Art und Weise tat es verdammt nochmal gut zu weinen.

Erst als ich meine Augen öffnete, war mir bewusst, dass ich eigeschlafen war. Ich merkte einen warmen Körper neben mir und als ich meinen Kopf langsam zur Seite drehte, sah ich direkt in James' haselnussbraune Augen.

„Hey, wie geht es dir?", fragte er mit rauer Stimme. Ich zuckte nur mit den Schultern. „Dumbledore hat dir die komplette Schulwoche freigegeben. Vorhin ist auch noch ein Brief für dich angekommen"

„Danke James", sagte ich leise und richtete mich auf. Ich schaute auf die Uhr und bemerkte, dass es bereits zehn Uhr war. Den ganzen letzten Tag hatte ich mit James nur im Bett verbracht. Keiner von uns hatte irgendwas gesagt, sondern ich hatte entweder geweint, oder wir haben geschwiegen.

„Es tut mir so leid, Lily! Ich habe deine Eltern erst einmal gesehen, aber das hat mir gereicht, um zu wissen, was für unglaublich tolle Menschen sie sind"

Wieder bahnten sich Tränen in meinen Augen an. Ich wusste nicht, ob ich froh oder traurig über James' Worte sein sollte. Denn bei diesem einen Treffen würde es bleiben. Niemand würde meine Eltern je wiedersehen.

„Es tut einfach so scheiße weh!", brachte ich hervor, ehe James mich an sich zog. Doch ich wollte nicht wieder weinen. „Wo ist der Brief?", fragte ich stattdessen und er reichte mir den Umschlag.

Ich überflog den Brief und das, was darinstand, machte mich noch trauriger. Was hatte ich aber auch erwartet?! Ich wusste schon von vorne rein, dass dieser Brief in den nächsten Tagen kommen würde, doch schon jetzt, wo meine Eltern doch erst gerade mal einen Tag tot waren?

Doch meine Schwester wollte es anscheinend schneller hinter sich haben als ich. Ich wusste nicht, ob ich schon bereit dafür war, mich von meinen Eltern endgültig zu verabschieden. Aber bereit oder nicht, ich hatte keine andere Wahl.

„Die Beerdigung ist schon am Mittwoch. Petunia hat anscheinend schon ganze Arbeit geleistet, sodass sie es so schnell wie möglich vergessen kann und, dass sie glücklich in ihr neues Eheleben starten kann", stellte ich grimmig fest. Etwas sanfter fragte ich dann: „Begleitest du mich? Du musst nicht, wenn du nicht-"

Doch James ließ mich nicht ausreden. „Natürlich komme ich mit Lily! Ich bin für dich da, wenn du mich brauchst"

Ich wusste, dass es stimmte, was er sagte und diese Tatsache erwärmte für kurze Zeit mein Herz. Er hatte mir in dieser einen Woche Beziehung schon so viel gegeben, was ich niemals begleichen könnte.

Die Tage vergingen langsam und zugleich so unglaublich schnell, bis auch schon der Mittwoch vor der Tür stand. James und ich hatten kein einziges Mal die Schulsprecherräume verlassen. Ich wunderte mich auch gar nicht, dass James nicht zum Unterricht ging, denn wahrscheinlich hatte er Dumbledore angebettelt bei mir bleiben zu dürfen, damit ich nicht allein bin. Was mich aber wunderte war, dass unsere Freunde kein einziges Mal bei uns aufkreuzten. Zumindest nicht bis an diesem Morgen.

James zog sich gerade das Jackett seines schwarzen Muggel Anzuges an und ich saß in einem komplett schwarzen, langärmeligen Kleid auf der Couch und blickte ins Leere, als das portraitloch aufging und Marlene gefolgt von Peter, Sirius, Remus und Emilia den Raum betrat. Letztere schienen zu versuchen erstere aufzuhalten, jedoch mit wenig Erfolg.

„So jetzt will ich aber wirklich mal wissen, was hier los ist. Mir ist egal, dass Dumbledore gesagt hat, wir sollen euch in Ruhe lassen, aber ihr habt euch jetzt lange genug verkrochen. Was bei Merlins Bart ist passiert? War Petunias Hochzeit so schlimm?", sagte Marlene energisch.

„Meine Eltern sind tot", erwiderte ich leise und kaum hörbar, während ich weiterhin ins Leere starrte.

„Was?!", fragte Marlene entsetzt.

„Meine Eltern sind nach Petunias Hochzeit bei einem Autounfall ums Leben gekommen", wiederholte ich meine Worte und meine beste Freundin ließ sich neben mich auf die Couch fallen.

„Das- Es tut mir so leid Lily!", sagte sie geschockt und umarmte mich. Auch Emilia war sofort an meiner Seite und alle anderen im Raum, sprachen nach und nach ihr Beileid aus.

„Lily, wir müssen langsam los", entgegnete James schließlich und ich stand auf und ging zu ihm.

„Wir sehen uns später", sagte ich an meine Freunde gewandt und verließ mit James den Raum. Ein weiteres Mal, wie schon ein paar Tage zuvor, machten wir uns auf den Weg nach Hogsmeade, von wo aus wir apparieren würden. James griff meine Hand und drückte sie fest.

Ich erwiderte seinen Blick. „Bringen wir es hinter uns!"

Hopeless Love - Jily FanfictionDonde viven las historias. Descúbrelo ahora