"Beweg deinen Arsch hier runter, und zwar sofort!"

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Triggerwarnung!
Dieses Kapitel kann für manche Personen triggernd sein. Falls euch Themen und Krankheiten bezüglich mentaler Gesundheit triggern, solltet ihr wenigstens den kursiv geschriebenen Teil überspringen
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Alles schien in den letzten Wochen einfach zu glatt zu laufen. Natürlich konnte man unsere Situation nicht als „glattlaufen" bezeichnen. Sich vor dem größten dunklen Magier aller Zeiten zu verstecken, war alles andere als normal.

Aber wenn man von diesen Tatsachen absah, lief alles ganz ruhig ab. Voldemort ließ sich schon länger nicht mehr Blicken, Todesserangriffe gab es zwar immer noch, aber der Orden hatte alles (auch ohne uns) gut im Griff.

Doch kurz nach James' Geburtstag, stand Remus plötzlich vollkommen aufgelöst in unserem Wohnzimmer...

„Remus!" Ich sprang vom Sofa aus, als Remus aus dem Kamin stolperte. Etwas stimmte nicht, das wusste ich. Denn Remus war keiner, der einfach so, ohne Ankündigung, bei einem reinplatzte. „Was machst du denn hier? Ist alles in Ordnung?"

„Nichts ist in Ordnung!", erwiderte er barsch. Ich bewunderte ihn dafür, dass seine Stimme dabei trotzdem ruhig blieb. Egal wie sehr er sich aufregte, er blieb immer so ruhig wie möglich.

Erst jetzt bemerkte ich, dass er was in der Hand hielt. Es sah aus wie ein leicht zerfetztes Blatt Pergament. Beunruhigt legte ich Harry in den Stubenwagen und gab ihm zur Ablenkung sein Lieblingskuscheltier (ich brauche wohl kaum erwähnen, dass sein Lieblingskuscheltier ein schwarzer Hund war und von Sirius stammte).

„Was ist passiert, Remus?", hakte ich nach.

„Ist James da? Ich habe nicht die Kraft es zwei Mal zu sagen."

„James! Remus ist da! Beweg deinen Arsch hier runter, und zwar sofort!", rief ich nach oben. Remus schaute mich argwöhnisch an. „Was?"

„Nichts, nichts."

Dann erklangen Schritte, die die Treppe runterkamen und James betrat den Raum, die Augenbrauen abwartend hochgezogen. Sein Blick viel auf Harry, der in seinem Stubenwagen lag und vor sich hingluckste, während er mit dem Stofftierhund spielte. „Lily, keine Schimpfwörter, wenn Harry direkt neben dir ist", mahnte er mich halbherzig. „Was gibt's, Moony?"

Remus hielt mir das Blatt Pergament hin. „Das gibt es. Emilia ist angehauen!"

„Was?!", hörte ich James im Hintergrund noch ausrufen, doch ich war zu sehr damit beschäftigt den Brief zu lesen.

Rem,

wenn du das liest, habe ich mich entschieden zu gehen. Ich weiß, dass du mich dafür hassen wirst, aber ich möchte, dass du dir wenigstens meinen Brief durchliest. Danach kannst du mich hassen.

Ich wünschte, dass ich dir eine gute Begründung geben könnte, warum ich gegangen bin, aber die gibt es nicht. Würde es die geben, wäre ich schon viel früher gegangen. Aber ich habe die letzten Wochen und Monate immer wieder den Gedanken gehabt einfach alles hinter mir zu lassen. Es ist mir nicht leichtgefallen den Entschluss zu fassen, aber als meine Familie letzte Woche entschieden hat, das Land zu verlassen, haben mir meine Eltern offen zu entscheiden gelassen, ob ich bleibe oder mit ihnen gehe. Für mich schien es ein Zeichen zu sein. Also entschied ich mich zu gehen.

Ich konnte einfach nicht mehr; ich habe es nicht mehr ausgehalten! Und ich glaube würde ich bleiben, würde es nicht mehr lange dauern, bis ich mein Leben selbst beenden würde...

So wie du deine Zeit gebraucht hast, mir zu erzählen, dass du ein Werwolf bist, habe ich auch meine Zeit gebraucht, um meine eigenen Dinge zu verarbeiten. Dinge, von denen ich noch nicht mal Lily oder Marlene erzählt habe. Ich brauchte selbst erstmal Zeit, um damit klarzukommen und dann wollte ich es dir irgendwann erzählen. Es tut mir leid, dass du es jetzt durch diesen Brief erfahren musst.

Schon seitdem ich vierzehn bin, leide ich an Angststörungen. Man kann sich vorstellen, was man darunter versteht und ich könnte es einfach dabei verlassen, aber ich möchte, dass du diese Angststörungen erstmal verstehst. Denn für Außenstehende, die davon nicht betroffen sind, ist es oft nicht mehr als eine psychische Krankheit, die als nicht so dramatisch erscheint.

Diese Angstzustände zu haben ist wie ängstlich und müde gleichzeitig zu sein. Es ist die Furcht zu versagen, aber man hat nicht den Willen etwas dagegen zu tun. Es ist Freunde haben zu wollen, aber soziale Kontakte zu hassen. Es ist allein sein zu wollen, aber nicht einsam. Es ist sich über alles Sorgen zu machen und gleichzeitig zu denken, dass es einem am Arsch vorbei geht. Es ist alles auf einmal und doch gar nichts zu fühlen.

Und das alles wird niemand anderes je so gut verstehen, wie die Person, die davon betroffen ist.

Nach außen hin merkt man oft nicht, dass eine Person davon betroffen ist. Meine Angst ist leise, sie lebt in mir und manchmal kriege ich an einem Tag nichts zustande. Nicht weil ich faul bin, sondern weil ich so unglaublich erschöpft davon bin, mich durch jeden einzelnen Tag zu kämpfen, wenn Aufgeben viel einfacher wäre. Und die Situation, in der wir uns gerade befinden, machte das alles für mich nicht leichter.

Ich möchte auch nicht, dass du oder einer von unseren Freunden sich Vorwürfe macht, dass ihr es nicht bemerkt habt; das war alles so geplant. Ich wollte auf euch nicht wie eine psychisch labile Person wirken. Das war wahrscheinlich einer der ersten Fehler, die ich begangen habe, die hierzu geführt haben. Ich hätte mich euch anvertrauen müssen, aber ich dachte immer, dass es anderen Leuten schlimmer geht. Jetzt weiß ich, dass dieser Fakt meine Situation nicht besser macht.

Die Angstzustände haben sich bei mir in Panikattacken ausgedrückt. Diese hatte ich immer nur, wenn ich alleine war, meistens mitten in der Nacht. Es ist jedes Mal so, als würde alles um mich herum zusammenbrechen und ich wäre mittendrin und würde von den Trümmern erschlagen werden. Und ich konnte nichts dagegen tun.

Ich hoffe, dass ich es dir verständlich erklären konnte; aber auch meine Angstzustände sind keine Entschuldigung für das, was ich tue.

Rem, du bist das Beste, was mir die letzten Jahre passiert ist. Du warst immer mein Licht am Ende des Tunnels, du hast mir gezeigt, dass es noch Hoffnung gibt; dass es noch Gute Dinge im Leben gibt. Ich kann gar nicht ausdrücken, wie dankbar ich bin, dich an meiner Seite gehabt zu haben. Bei Merlin, ich könnte hundert Rollen Pergament vollschreiben mit Dingen, die ich an dir liebe.

Und ich werde dich immer lieben, auch wenn du mich hassen wirst.

Ich und meine Familie haben, wenn du das hier liest, das Land verlassen. Wir werden unter Muggeln leben und alles, was mit Magie zu tun hat, aus unserem Leben streichen. Und ich werde mir mit der Zeit Hilfe holen. Mehr weiß ich bis jetzt auch noch nicht.

Ich wünsche dir alles Gute für dein weiteres Leben. Du wirst irgendwann eine Frau finden, die es mehr als ich verdient hat, dich in ihrem Leben zu haben. Du bist ein toller Mensch und hast nur das Beste verdient.

Lily und James wünsche ich, dass Harry nicht von Voldemort auserwählt wird und alles so schnell wie möglich vorbei ist.

Peter, Marlene und Sirius wünsche ich, dass sie immer sie selbst bleiben.

Eigentlich würde ich so viel mehr zu ihnen sagen, aber mir läuft die Zeit davon. Sag ihnen, dass es mir leidtut.

Was ich zum Schluss noch sagen möchte ist, dass du mich vergessen sollst Remus. Hass mich von mir aus, den Rest deines Lebens, aber lass es nicht die Hauptemotion in deinem Körper sein. Sei deswegen nicht verbittert, sondern behalt dein Herz aus Gold!

Es tut mir unendlich leid!

Emilia


„Rem", sagte ich. Meine Stimme war nicht mehr als ein Flüstern. James nahm mir den Brief aus der Hand und las ihn sich selbst durch. Ich trat auf Remus zu und schloss ihn fest in die Arme.

Und beide weinten wir und schluchzten lautstark, bis James zu uns kam... und mit uns weinte.

Hopeless Love - Jily FanfictionWhere stories live. Discover now