Mit Dir bin ich irgendwie anders - WincentWeiss (Teil 1)

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"Nein! Natürlich nicht. Das hat damit überhaupt nichts zu tun. Ich heiße es nur nicht gut, weil sie eine Bitch ist."

"So, jetzt hör aber bitte mal mit den Beschimpfungen auf! So bist du doch sonst auch nicht.", tadelt mich meine beste Freundin. "Und jetzt reißt du dich einmal zusammen! Du bist doch kein Teenager mehr und Wincent ist nicht dein Freund, der gerade fremdflirtet. Lass ihm doch den Spaß und steh da drüber. Er wird schon noch rechtzeitig merken, was sie für eine Person ist. Wincent lässt sich sicherlich nicht verarschen. Und vielleicht will er dich damit auch gerade einfach nur ein wenig ärgern."

"Wieso sollte er mich denn damit ärgern wollen? Er ignoriert mich ja schon den ganzen Tag lang und hat nur noch Augen für Julia."

"Ganz genau. Und er hatte von Anfang an keine Lust auf dieses Treffen. Vielleicht will er dir damit einfach nur eins auswischen.", mutmaßt sie.

Ich lasse mir das kurz durch den Kopf gehen, verstehe es aber nicht wirklich. Ich schimpfe noch ein bisschen weiter, ehe ich dann mein Auto in eine der Parklücken vor einem großen Bürogebäude lenke. Wincents Auto kann ich allerdings nicht entdecken. Verwundert steige ich aus, schließe mein Auto ab und gehe zum Eingang. Ich drücke auf die Klingel, woraufhin sich Kevin an der Sprechanlage meldet.

"Hi, ich bin's. Darf ich rein?", lache ich.

Statt einer Antwort ertönt das Surren des Türöffners und ich trete ein.

Wincents Produzent erwartet mich schon an der Eingangstür.

"Wo hast du denn deine bessere Hälfte gelassen?", fragt er und sieht verwundert an mir vorbei in den Flur hinaus.

"Weiß auch nicht.", zucke ich die Achseln und umarme ihn kurz zur Begrüßung. "Der ist mit Julia unterwegs. Ich bin alleine gefahren."

Ich schiebe mich an ihm vorbei in die Wohnung hinein. Es ist eine kleine Wohnung, die aber als reines Studio genutzt und nicht bewohnt wird. Zumindest nicht dauerhaft bewohnt. Bei langen Sessions kommt es schon mal vor, dass die Jungs hier auch schlafen.

"Julia? Wer ist das denn? Ich wusste gar nicht, dass du nicht alleine kommst.", sagt er. "Möchtest du etwas trinken?"

"Nein, danke.", sage ich und lasse mich auf das kleine Sofa im Raum fallen. "Ich habe Julia mitgenommen, weil sie ein Fan von ihm ist. Ausnahmsweise hat er einmal so einem Treffen zugestimmt und das habe ich nun davon."

Kevin lehnt sich an die Wand, verschränkt die Arme vor der Brust und zieht eine Augenbraue hoch. Er scheint meinen Unmut nicht nachvollziehen zu können.

"Ich finde es voll uncool von ihm, dass er mich da jetzt einfach links liegen lässt.", schimpfe ich wieder.

"Aber wieso? Wolltest du denn nicht genau das? Du wolltest deiner Freundin einen Gefallen tun und ihr Wincent vorstellen. Jetzt macht er da extra für dich eine Ausnahme, wirft seine Prinzipien bezüglich Privatleben vom Beruf trennen für einen Moment über Bord, und steigt darauf ein und du findest das uncool von ihm?"

"Nein, so meine ich das nicht.", sage ich kleinlaut. "Ich finde es ja gut von ihm, dass er das überhaupt macht. Aber er muss mich doch deshalb nicht gleich vollkommen ignorieren."

Dass Julia keinesfalls eine Freundin von mir ist, stelle ich lieber nicht klar. Das würde nur Fragen aufwerfen und Unruhe stiften.

"Okay, das verstehe ich. Aber freu dich doch für deine Freundin, dass Wincent sich so viel Zeit für sie nimmt."

Jedes mal, wenn er Julia als meine Freundin bezeichnet, muss ich den Reflex unterdrücken ihm zu widersprechen. Niemals ist Julia eine Freundin von mir. Eher noch eine Feindin.

"Ja.", nicke ich nur. "Aber wo bleiben die denn jetzt?"

Ich stehe auf und gehe zum Fenster hinüber. Ich sehe hinunter auf den Parkplatz, wo die beiden gerade lachend aus Wincents Mercedes aussteigen.

"Da sind sie doch schon. Alles gut.", sagt Kevin und streicht mir kurz beruhigend über die Schulter. "Mach dir keine Sorgen."

Ich will ihn noch fragen wie er das meint, doch er ist schon zur Tür gegangen, um die beiden herein zu lassen. Wieso sollte ich mir denn Sorgen machen?

"Wo wart ihr denn so lange? Kathi ist schon vor fünf Minuten hier gewesen und erwartet euch schon sehnsüchtig.", höre ich Kevin sagen.

"Ich habe ihr nur kurz die Gegend gezeigt.", antwortet Wincent.

"Ja, war voll cool von dir.", das war Julia.

Ich drehe mich um und sehe die beiden herein kommen.

"So, dann zeige ich dir mal unser Studio.", sagt Wincent und verschwindet sofort mit Julia im Nebenraum.

"Okay, vielleicht musst du dir doch ein wenig Sorgen machen.", lacht Kevin und kommt zu mir herüber.

Ich drehe mich wortlos um und sehe wieder aus dem Fenster. Ich möchte mich mit Kevin nicht über Wincents und mein Verhältnis unterhalten. Ich glaube, Kevin ist einer der wenigen, die Bescheid wissen, auch wenn es weder Wincent noch ich jemals direkt zu ihm gesagt haben. Kevin hat schon das ein oder andere mal etwas gesagt, das darauf schließen lässt, dass er weiß, dass Wincent und ich uns näher gekommen waren.

"Hey.", sagt er vorsichtig und dreht mich zu sich um. "Das ist doch nur eine Spielerei von ihm. Ein Flirt. Sie kann dir doch niemals das Wasser reichen."

Er legt mir eine Hand auf die Schulter und sieht mich forschend an.

"Schon okay. Er kann doch tun was er will. Wenn sie ihm gefällt, dann soll er doch machen."

Ich versuche so gleichgültig wie möglich zu klingen, doch es gelingt mir nicht mal ansatzweise. Es ist ja nicht so, dass ich ihm das nicht gönne. Natürlich gönne ich es ihm. Aber ich gönne es ihr nicht! Wincent ist viel zu gut für sie. Und wenn Wincent wüsste, wie sie an dieses Treffen gekommen ist, würde er sie sofort hochkant rauswerfen und nie wieder etwas von ihr hören wollen. Aber das kann ich ihm nicht sagen. Ich kann es ihm nicht einmal dann sagen, wenn ich nicht mehr ihre Marionette bin, weil ich Sebastian alles erzählt habe. Denn das würde ihn nur verletzen. Wieder einmal eine Frau, die nur an dem Künstler und nicht an der echten Person interessiert ist. Nein, das möchte ich ihm nicht antun. Ich muss einfach dafür sorgen, dass der Flirt zwischen den beiden ohne große Worte ausläuft. So wird es das Einfachste sein.