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Am nächsten Tag stehe ich pünktlich um 17:30Uhr bei Sebastian vor der Haustür und klingle. Wenige Sekunden später ertönt das Surren des Türöffners und ich drücke gegen die Tür.

"Sebi?", rufe ich ins Treppenhaus hinauf.

"Ich komme.", ruft er zurück.

Ich bleibe stehen und warte, bis er aus dem vierten Stock nach Unten zu mir gelaufen ist.

"Hi.", lächelt er mich an und gibt mir einen kurzen Kuss auf die Lippen.

"Hallo.", sage ich gut gelaunt.

Wir verlassen das Haus und gehen eine Straße weiter, da ich in seiner Straße keinen Parkplatz finden konnte. An meinem Auto angekommen wirft er seinen Rucksack auf meine Rückbank und setzt sich auf den Beifahrersitz.

Die Fahrt zum Festival sollte etwa eineinhalb Stunden dauern. Wincent ist der Hauptact, das heißt er tritt um 20:00Uhr auf. Da ich nicht weiß, ob wir nur normale Karten haben oder auch der Backstrageeintritt dabei ist, möchte ich gegen 19:00Uhr dort sein, damit wir uns gegebenenfalls noch gute Plätze erkämpfen können.

Der Verkehr ist nicht so schlimm wie ich es erwartet hatte und so sind wir schon etwas früher dort. Ich suche mir einen Parkplatz auf dem riesigen Feld, das als dieser ausgeschildert ist. Zum Glück soll es heute trocken bleiben, denn sonst wäre das eine matschige Angelegenheit beim Ausparken.

"Warst du schon einmal hier?", will Sebastian wissen, als wir uns auf den Weg zum Festivalgelände machen.

"Nein. Aber ich war schon auf manch anderem Festival."

"Das ist eigentlich gar nicht so meins.", lacht er. "Aber wir übernachten hier ja nicht im Zelt sondern im Hotel."

Ich nicke und greife nach seiner Hand, als wir der Menschenmenge näher kommen. Wir reihen uns hinten in der Schlange ein.

"Hast du die Karten?", fragt er.

"Nein, ich habe keine. Ich habe sie uns hinterlegen lassen.", gebe ich zu.

Eigentlich hatte ich dieses Gespräch so lange wie möglich hinauszögern wollen, aber jetzt komme ich wohl nicht mehr darum herum.

"Wie denn das? Kennst du etwa jemanden hier?"

"Ja, so in der Art. Ich erkläre es dir, wenn wir drinnen sind, okay?"

"Oooookay?"

Ich drücke sanft seine Hand als Zeichen, dass er sich keine Gedanken machen muss, und gehe ein paar Schritte nach Vorne, um an der Schlange wieder anzuschließen.

Wir müssen nicht allzu lange anstehen, da beim Einlass ja nichts mehr bezahlt werden muss, sondern nur die Karten vorgezeigt werden müssen. Die Taschenkontrolle kommt erst danach.

Am Einlass steht ein junger Mann mit Zopf und langem Bart. Er sieht mich mit hochgezogenen Augenbrauen an, als er bemerkt, dass keiner von uns beiden eine Karte in der Hand hält.

"Für uns müssten Karten hinterlegt sein oder wir stehen auf der Liste.", lächle ich ihn möglichst freundlich an.

"Ach ja.", spottet er lachend.

Er greift nach dem Klemmbrett, das neben ihm auf einem kleinen Campingtisch liegt, und blättert durch.

"Nein, sieht nicht so aus.", grinst er schließlich.

"Ach so? Nach welchem Namen hast du denn bitte gesucht?", entgegne ich, nun nicht mehr allzu freundlich.

Ich bin es gewohnt, dass man am Einlass nicht gerade freundlich empfangen wird, wenn man auf der Liste steht. Vermutlich gehen die Leute dann immer davon aus, dass man denkt, man sei etwas Besseres.

"Bitte?", pampt er zurück.

"Du hast nicht gefragt nach wem du suchen musst."

"Hier stehen auch nur noch drei Namen für heute und da steht bei keinem ein +1, also könnt ihr das nicht sein."

"Ach so. Ähm... Steht da vielleicht eine Katharina Schmidt?", werde ich nun unsicher.

Er sieht nochmal auf seine Liste und nickt. Ich krame meinen Ausweis aus der Tasche und zeige ihn vor.

"Okay, gut. Aber hier steht nur eine Person."

"Das muss ein Missverständnis sein. Es war abgemacht, dass es ein +1 gibt."

"Nicht vermerkt. Sorry."

Ich gehe ein paar Schritte zur Seite, sodass der normale Einlass weitergehen kann, und hole mein Handy aus meiner kleinen Tasche.

"Gibt's Probleme?", fragt Sebastian.

"Ja. Die haben vergessen, dich mit auf die Liste zu nehmen. Aber ich kläre das kurz. Gib mir eine Minute."

Ich wähle Wincents Nummer, doch er drückt mich sofort weg. Nach seinem Verhalten der letzten Tage sollte es mich nicht mehr ärgern, tut es aber trotzdem. Aber ich rede mir ein, dass er wohl gerade zu tun hat. Also rufe ich wieder Sascha an.

"Hallo?", hebt er nach etlichem Klingeln ab.

"Sascha, endlich! Wir stehen hier am Eingang, kommen aber nicht rein. Nur ich stehe auf der Liste, aber ohne einem +1.", lege ich sofort los.

Im Hintergrund ist es sehr laut und ich erkenne Wincents Stimme. Offenbar haben sie gerade Soundcheck. Da kann er natürlich wirklich nicht mit mir telefonieren.

"Was? Entschuldige. Moment.", schreit Sascha.

Ich höre, wie die Musik und die Stimmen immer leiser werden.

"So, jetzt. Was ist los?"

"Das +1 fehlt auf der Liste. Ich stehe zwar drauf, aber Sebastian kommt nicht rein."

"Oh, Sebastian?"

"Ja, meine Begleitung. Ich hatte dich doch gestern noch extra angerufen, um das abzuklären."

"Ja, klar. Aber ich dachte, dass du Sami mitnimmst. Ich habe eure beiden Namen auf die Liste packen lassen. Wincent hatte aber auch keine Korrektur vorgenommen. Na okay, gut... Ich telefoniere kurz und dann müsstet ihr auch reinkommen. Wie heißt deine Begleitung noch einmal?"

"Sebastian Winkler."

"Okay, gut. Alles klar. Klär ich ab!"

"Vielen Dank. Bis gleich."

Ich lege auf und fange den belustigten Blick des Kerls am Eingang auf. Er ist wohl der Meinung, dass ich nicht reinkomme.

"Mit wem hast du gesprochen?", fragt Sebastian.

"Mit meinem Kontakt da drin."

Er sieht mich fragend an, doch ich tue so, als hätte ich den Blick übersehen.

Die ältere Dame, die die ganze Zeit über ein paar Meter entfernt vom Eingang hinter einem Laptop sitzt, spricht in ein Walky-Talky und winkt dann den bärtigen Kerl zu sich. Sie tauschen ein paar Worte, ehe sie auf Sebastian und mich zeigt. Der Mann nickt und bedeutet uns, dass wir zu ihnen kommen sollen.

"Hat es sich geklärt?", frage ich.

"Ja, scheint so. Also Schmidt und Winkler?"

"Korrekt.", nicke ich und reiche der Dame meinen Ausweis.

Auch Sebastian holt seinen heraus und zeigt ihn vor.

"Okay. Hier sind eure Eintrittskarten. Backstagepass wurde aber nur für dich hinterlegt.", sagt sie und reicht mir eine kleine Plastikkarte, die an einem Bändchen baumelt.

"Nur für mich? Wirklich?", entgegne ich, während ich mir das Bändchen um den Hals lege.

Sie nickt und bindet Sebastian das normale Bändchen ums Handgelenk. Ich seufze, habe aber keine Lust, weiter zu diskutieren oder noch einmal bei Sascha anzurufen. Dann geht eben keiner von uns in den Backstagebereich.

Wir gehen durch den Eingang zur Taschenkontrolle. Die beiden Jungs werfen flüchtige Blicke in unsere Taschen und winken uns dann durch.

"Wie kommst du an einen Backstagepass? Ist doch bestimmt teuer!", will Sebastian wissen.

"Komm mit! Lass uns etwas zu Trinken besorgen und dann erkläre ich dir alles. In Ordnung?"

Er nickt.

Mit Dir bin ich irgendwie anders - WincentWeiss (Teil 1)Where stories live. Discover now