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Mittlerweile ist es Donnerstag und ich habe immer noch nichts von Wincent gehört. Ich habe ihm mehrere Nachrichten geschrieben und auch ein paar mal versucht, ihn anzurufen, doch er reagiert auf nichts.

Da es jetzt auch schon Abend ist und keine 24 Stunden mehr übrig sind, bis wir uns auf den Weg nach Rosenheim machen sollten, versuche ich es ein weiteres Mal bei Wincent. Natürlich hebt er nicht ab.

Also bleibt mir nichts anderes übrig, als seinen Manager anzurufen und nachzufragen. Ich möchte schließlich ungerne morgen ohne Karten am Einlass stehen und wieder nach Hause fahren müssen.

"Hallo?", hebt er nach dem dritten Klingeln ab.

"Hi, Sascha. Hier ist Katharina."

"Katharina?"

"Die Freundin von Wincent, Mensch.", lache ich.

"Ach ja, klar. Sorry. Alles klar? Wincent hat schon länger nichts mehr von dir erzählt."

"Sicher, alles klar. Wir haben uns auch schon länger nicht mehr gesehen. Und genau deshalb rufe ich im Grunde auch an. Ich erreiche Wincent gerade nicht, aber vielleicht kannst du mir ja sagen, ob das mit den Karten für das Festival morgen geklappt hat?"

"Du erreichst Wincent nicht? Komisch, er sitzt gerade draußen in der Sonne und genießt seinen freien Tag.", entgegnet Sascha unsicher.

"Vielleicht möchte er einfach gerade seine Ruhe haben.", versuche ich mir nicht anmerken zu lassen, wie irritiert ich über Wincents Verhalten bin.

"Vielleicht. Also, worum geht es nochmal? Du möchtest morgen beim Festival vorbei kommen?"

"Ja, genau. Wincent wollte da etwas organisieren."

"Gib mir mal eine Minute, dann checke ich das kurz."

Während Sascha das Gespräch unterbricht, denke ich über seine Worte nach. Wincent hat heute frei? Dann gibt es überhaupt keine sinnvolle Erklärung, wieso er mir nicht antwortet. Bis eben hatte ich mir eingeredet, dass er einfach viel zu tun und keine Zeit hat.

"Deine Karte ist am Eingang hinterlegt. Alles abgemacht.", höre ich Sascha am Ende der Leitung sagen.

"Okay, super. Danke. Müssen wir zu einem bestimmten Eingang oder ist das egal?"

"Da ist nur ein Eingang. Aber wieso denn 'wir'? Auf der Liste steht nur dein Name."

"Wie? Wir sind aber zu zweit."

"Ach so. Wincent hatte nur eine Karte für dich angemeldet. Hast du ihm denn von deiner Begleitung erzählt?"

"Ja, natürlich."

"Okay, das müsste auch so noch klappen. Ich melde einfach Kathi plus 1 an. Alles gut, kein Problem."

"Super, vielen Dank!"

"Klar... Oh, warte mal. Wincent kommt eben. Ich gebe ihn dir kurz, dann könnt ihr das klären."

Noch bevor ich protestieren kann, da ich nach diesen Informationen eigentlich keine große Lust habe, mit ihm zu sprechen, höre ich, wie er das Handy weiterreicht.

"Hallo? Weiß?"

Offensichtlich hat Sascha ihm nicht gesagt, wer am anderen Ende der Leitung ist. Wüsste Wincent, dass ich es bin, würde er sich nicht mit seinem Nachnamen melden. Und vermutlich wäre er auch gar nicht erst rangegangen,

"Hi.", sage ich knapp.

"Oh. Hallo."

Wir schweigen uns einen Moment lang an. Ich höre, wie Wincent schwer atmet und überlege, wie ich das Gespräch am besten anfange.

"Was gibt's denn?", sagt er irgendwann unfreundlich.

"Nichts. Sascha hat das Handy einfach weitergereicht.", antworte ich patzig.

"Ach so. Na dann."

Ich atme tief durch.

"Wincent, was ist los?", frage ich ernst.

"Was soll denn los sein?"

"Du weißt genau, was ich meine! Du reagierst seit Tagen nicht auf meine Nachrichten und Anrufe! Du wirkst total desinteressiert und hast mir immer noch nicht gesagt, ob das mit den Karten morgen klappt oder nicht."

"Karten sind bestellt."

"Ach, echt? Willst du mir da nicht noch was dazu sagen?"

"Was denn?"

"Vielleicht, dass du nur eine Karte bestellt hast?", werde ich jetzt etwas lauter.

"Woher willst du das denn wissen? Hast du deshalb Sascha angerufen? Lässt du mich jetzt kontrollieren?"

"Bitte?! Wieso denn kontrollieren? DU hast mir immerhin nicht geantwortet und ich habe wenig Lust, morgen in Rosenheim zu stehen und nicht reinzukommen!"

"Na gut, okay. Ich muss jetzt los. Bis morgen."

Und schon ist die Leitung tot. Das ist überhaupt nicht seine Art! Er ist noch nie einem Streit aus dem Weg gegangen. Meistens hat er zwar dann eingelenkt, aber einfach abzubrechen mitten dirn - das ist sehr untypisch.

Wütend wähle ich Samiras Nummer. Ich muss Dampf ablassen und mir eine zweite Meinung einholen.

"Kathi?", hebt sie sofort ab, als hätte sie auf meinen Anruf gewartet.

"Das ist doch echt unglaublich!", wettere ich sofort los. "Was ist denn plötzlich sein Problem? Das gibt es doch nicht!"

"Wincent oder Sebastian?"

"Wincent natürlich!"

"Hast du ihm von Sebastian erzählt?"

"Ja, irgendwie schon. Ich habe zwei Karten für das Festival bei ihm angefragt. Er dachte zuerst, dass du mich begleitest. Nachdem ich dem widersprochen habe, war dann ja eigentlich schon alles klar. Ich habe gesagt, dass ich ihm jemanden vorstellen mag. Ab dem Zeitpunkt wurde er total scheiße zu mir."

"Was hast du denn erwartet?", lacht meine beste Freundin.

"Was meinst du? Ich habe schon erwartet, dass sich mein bester Freund für meine Liebe freut!"

"Ich habe dir gesagt, dass er nicht besonders erfreut reagieren wird."

"Das ist doch nicht fair!"

"Was hat er denn genau gesagt?"

"Eigentlich gar nicht mehr viel. Nur noch mürrische Kommentare und dann war er die letzten Tage nicht zu erreichen, obwohl er heute frei hat! Ich musste seinen Manager anrufen, um herauszufinden, ob wir nun morgen reinkommen oder nicht."

"Warte doch erst mal euer Treffen morgen ab, bevor du dich da jetzt zu viel hineinsteigerst. Vielleicht findet er Sebastian ja ganz cool und das legt sich alles wieder."

"Ich weiß ehrlich gesagt gar nicht mehr, ob ich da morgen überhaupt noch hin will! Das endet doch im Chaos."

"Das kannst du nicht machen! Das wirft kein gutes Licht auf eure Freundschaft. Da würde Sebastian doch nur misstrauisch werden."

"Wieso denn? Er weiß doch davon noch gar nichts."

"Er weiß nicht, dass du mit Wincent befreundet bist?"

"Nein. Er weiß nur, dass ich Karten für das Festival habe. Ich wollte sie ja morgen erst einander vorstellen und dann alles erklären."

"Dann mach das auch so. Bring es hinter dich."

Ich stimme ihr zu und wir unterhalten uns noch eine Weile darüber, wie die letzten Tage so verlaufen sind.

Mit Dir bin ich irgendwie anders - WincentWeiss (Teil 1)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt