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Sebastian sieht mir forschend in die Augen, während ich überlege wie ich darauf am besten antworten soll. Ich kann ihm ja nicht einfach hinknallen, dass wir früher miteinander ins Bett gegangen sind. Ich kann und möchte ihn aber auch auf keinen Fall anlügen.

Sebastian wackelt kurz mit dem Kopf und hebt fragend eine Augenbraue. Ich atme tief durch. Wenn ich die Antwort noch länger hinauszögere macht mich das nicht gerade weniger verdächtig.

"Also gut.", seufze ich. "Ja, es ist mal was zwischen uns gelaufen. Aber das hatte keine Bedeutung. Damals nicht und auch jetzt nicht. Es war Alkohol im Spiel und dann ist es eben passiert. Ich kann es nicht rückgängig machen, aber du brauchst dir deshalb keinerlei Gedanken machen."

Ich hebe meinen Blick und sehe Sebastian ins Gesicht. Er sieht auf seine Knie hinab und scheint damit beschäftigt zu sein, seine Gedanken zu ordnen. 

"Wie lange ist es her?", fragt er, ohne seinen Blick zu heben.

"Ich weiß es nicht. Es ist schon ewig her.", antworte ich.

Ohne, dass ich es direkt so gesagt habe, geht er wohl davon aus, dass es sich um eine einmalige Sache handelt. Das ist gut. Denn ich habe keine Ahnung wie er es finden würde, wenn er wüsste, dass wir eine Art Affäre hatten. Natürlich habe ich meine Erklärung aber bewusst so formuliert, dass es Platz für Spekulationen offen lässt.

"Und ihr habt darüber gesprochen und seid euch einig, dass es nichts zu bedeuten hatte?"

Jetzt hebt er seinen Kopf und sieht mir wieder in die Augen. 

"Ja.", lüge ich.

Wir haben uns nie darüber unterhalten, was genau uns dieses miteinander schlafen bedeutet hat. Wir haben nur darüber gesprochen, dass wir keine Beziehung wollen und das sofort aufhört, sobald einer von uns eine Beziehung eingeht. Das ist doch genug Darüberreden, oder? Man muss ja nicht gleich säntliche Gefühle offen legen - obwohl die bei uns rein freundschaftlich sind und waren.

"Okay.", nickt er. 

Er steht auf und geht auf mein Fenster zu. Er lehnt sich gegen die Fensterbank und sieht aus dem Fenster hinaus hinab auf den Innenhof. Eine ganze Weile lang steht er schweigend so da. 

"Okay.", wiederholt er und dreht sich um. "Ich glaube dir."

Ich atme tief ein, um meinen Relflex zu unterdrücken. Was soll denn heißen, er glaubt mir? Ich will schon sagen, dass ich ihn niemals anlügen würde, als ich mich gerade noch zurückhalten kann. Ich habe ihn tatsächlich angelogen und ich habe ihm auch die Geschichte zwischen Wincent und mir nur etwas verdreht erzählt. 

"Danke.", sage ich schließlich nur. 

Sebastian kommt auf mich zu und setzt sich neben mich auf das Sofa. Er legt seine Hände auf meine Oberschenkel und dreht mich zu sich.

"Tut mir leid, dass ich dich daran erinnert habe.", sagt er leise.

Es braucht ihm nicht leid zu tun, mich an den Sex mit Wincent erinnert zu haben. Ich denke gerne daran. Natürlich aber nicht unbedingt, wenn mein neuer Freund daneben sitzt. Das ist schon etwas merkwürdig.

"Ist schon okay.", antworte ich und lege ihm meine Hand auf seine.

Ich streiche sanft über seine Hand und hebe meinen Blick von unseren Händen und sehe ihm in die Augen.

"Es tut mir leid, dass du dir überhaupt Gedanken darüber machen musst.", sage ich.

Er legt mir einen Finger unter mein Kinn, hebt mein Gesicht an und drückt mir sanft seine Lippen auf meine. Vorsichtig hebt er seine Hand von meinem Oberschenkel zu meinem Nacken und zieht mich näher zu sich heran. Ich rutsche näher an ihn heran und setze mich auf seinen Schoß. 

Seufzend greife ich in sein Haar und drücke ihm mein Becken entgegen, während der Kuss immer leidenschaftlicher wird. 


"Ich bin froh, dass wir das geklärt haben.", flüstert Sebastian mir ins Ohr und küsst mich auf den Hals.

"Ich auch.", antworte ich.

Langsam drehe ich mich aus Sebastians Armen, wickle mich in eine meiner Decken auf dem Sofa ein und stehe auf.

"Wohin gehst du?", will er wissen.

"Nur auf die Toilette.", lache ich.

Kurz bevor ich das Zimmer verlassen werfe ich noch einmal einen Blick auf den nackt auf meinem Sofa liegenden Mann. Ein Lächeln huscht über mein Gesicht und ich gehe hinüber zur Toilette.

Ich schließe die Tür hinter mir, setze mich auf die Toilette und vergrabe meinen Kopf in meinen Händen. Meine Gedanken spielen verrückt. Wie konnte ich nur während dem Sex mit Sebastian an Wincent denken? Das kann doch nicht wahr sein! Immer wieder blitzten Erinnerungen auf. Zum Glück konnte ich das vor Sebastian verbergen. Zumindest hat er sich nichts anmerken lassen, sollte er bemerkt haben, dass ich nicht hundertprozentig bei ihm war. 

Ich betätige die Spülung und gehe zum Waschbecken, wo ich mir eiskaltes Wasser ins Gesicht spritze, um die hitzigen Gedanken zu vertreiben. Ich denke nur so viel an Wincent, weil wir gerade eben erst über unsere gemeinsame Vergangenheit gesprochen haben. Das hat all das wieder aufgewühlt. Natürlich geistert er mir dann durch den Kopf. Eine andere Erklärung gibt es nicht... 




Mit Dir bin ich irgendwie anders - WincentWeiss (Teil 1)Where stories live. Discover now