119| Unexpected

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Einen Monat später, 14. Mai 2020
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Kapitel 119
Unexpected
[Melody Rose Morgan]
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Ich bin wirklich viel zu unfähig dafür. Angestrengt versuche ich das strampelnde Etwas, das vor mir liegt, zu bändigen.

"Halt still!", fordere ich es auf. Es hört nicht auf mich, wie sollte es anders sein. Ich piddele an dem seitlichen Klebestreifen der Windel herum.

"Stillhalten oder ich spiele dir Justin Bieber vor!", gebe ich streng von mir und wackele mit meinem Zeigefinger vor seiner kleinen Nase herum.

"Zja, noch lachst du. Die Musik ist wirklich grauenhaft", gebe ich von mir. Der kleine Zwerg beginnt sich stattdessen noch mehr zu winden. Was mache ich denn falsch? Ich will doch nur seine Windel wechseln.

"Du hörst wohl nicht auf mich, was?", brumme ich und blicke böse drein.

Grinsend sieht es mich aus seinen braunen Augen an.

"Na gut. Du wolltest es nicht anders. Is it to late now to say sorry?", fange ich an. Ich unterbreche mich. Nein, das geht wirklich gar nicht.

Plötzlich klingelt es an der Tür.

"Wenn du der Essenslieferant bist, stell es einfach vor der Tür ab!", brülle ich, da ich es schon online bezahlt habe.

Es klingelt noch einmal. Augenverdrehend nehme ich das Baby hoch und laufe zu der Tür.

Könntest du nicht auf Brandon aufpassen?

Ich hätte einfach 'nein' sagen sollen. Dabei habe ich ihr sogar gesagt, dass ich nicht mit Kindern kann.

Ich öffne die Tür.

"Shawn"

Vor Freude hätte ich den kleinen Stinker fast fallen lassen.

"Melody!", grinst er, wobei sein Blick gleich auf Brandon fällt, "Wie ist denn das passiert?"

Ich lache auf.

"Nachbarn - Obwohl ich gesagt habe, dass ich nicht mit Kindern kann. Jetzt bekomme ich die kack Windel nicht gewechselt. Shawn, wieso bin ich so unfähig?", frage ich und sehe auf das Baby, das in meinem Arm liegt.

Wenn ich so auf ihn hinuntergucke, ist er schon süß.

"Na, wie heißt du denn?", fragt Shawn, als er sich hinunterbeugt.

"Du weißt schon, dass er dich nicht hören kann?", frage ich und sehe ihn grinsend an, bevor ich hinzufüge, "Aber er heißt Brandon"

"Ja, das weiß ich. Aber es soll die Entwicklung fördern, wenn man mit ihnen spricht"

"Aha", ich ziehe meine Augenbraue hoch. Ich mache ihm Platz zum Eintreten.

"Darf ich Mal?", fragt er und deutet auf das Baby.

Ich nicke und reiche es ihm.

"Ich muss schon die ganze Zeit auf die Toilette, aber wollte ihn nicht alleine lassen", sag ich, schließe die Tür hinter mir und renne nach oben. Vielleicht sollte ich mir auch eine Windel anziehen. Wobei, jetzt ist Shawn ja da.

Als ich die Treppe wieder herunterkomme als ich fertig bin, stockt mein Atem. Langsam lass ich mich auf die Treppenstufe sinken.

"Schlaf Kindlein, schlaf", beendet Shawn sein Gesang. Es klingt unheimlich schön.

"Weißt du, fast wäre ich Vater geworden. Dann hätte ich jemanden wie dich. Ein kleines, süßes Bündel, das in einem Bettchen liegt", flüstert er dem Kind zu. Trotzdem kann ich es deutlich hören.

Es ist, als wären seine Worte Pfeilspitzen, die meine Brust durchdringen.

"Ich hätte gerne ein kleines Kind", murmelt er.

Mir schießen die Tränen in die Augen. Was bin ich für ein Mensch? Wieso bin ich so ein grauenhafter Mensch?

"Wir hätten viel Spaß haben können", er lächelt traurig, während er dem Kind über den Kopf streicht.

Ich muss mir eine Hand vor den Mund halten, um nicht zu schluchzen.

"Wenn es größer wäre, würde ich ihm Harry Potter vorlesen. Und wir könnten Eishockey spielen..."

Shawn setzt sich mit dem Baby im Arm auf den Sessel im Wohnzimmer.

Ich räusperte mich leise und stehe auf. Ich darf jetzt nicht verheult aussehen. Wirklich nicht. Es ist nicht angemessen.

Langsam laufe ich die Treppe hinunter, wobei ich meinen Blick nicht von Shawn lösen kann.

Wieso sieht er so perfekt aus, während er Brandon im Arm hält? Automatisch stelle ich mir vor, wie es aussähe, wenn Shawn unser Kind im Arm hätte.

"Da bist du ja", lächelt er. Je näher, dass ich ihm komme, desto mehr merke ich, dass es ihn auch nicht kalt lässt. Jedoch auf eine andere Weise, als auf die, wie es mich berührt.

"Sorry, dass es so lange gedauert hat", murmele ich und schaue mich um, da meine Augen immer noch glasig sind.

"Was ist denn los?", fragt er mich plötzlich. Ich atme geräuschvoll aus und lächele.

"Nichts"

"Ich sehe es dir doch an, Melody", murmelt Shawn und steht auf. Langsam begibt er sich auf mich zu und sieht mir in die Augen.

"Shawn, ich habe alles gehört", murmele ich kleinlaut. Ich weiß nicht, was es ist, aber vor ihm kann ich keine Geheimnisse haben. Die Art wie er mich ansieht ist warm, sodass ich einfach sagen muss, was mich bedrückt. Ich fühle mich klein, obwohl er mir nie das Gefühl gibt.

"Es tut mir leid", sagt er bedrückt.

Ich schüttele meinen Kopf.

"Das ist es gerade. Nicht dir soll es leidtun, sondern mir! Mir tut es so verdammt leid! Das Baby ist wie für dich gemacht. Diese Sätze Shawn..."

"Die habe ich gar nicht so gemeint. Es war einfach dahin gesagt", sagt er schnell. Immer noch halten wir Augenkontakt.

"Du kannst mir nicht sagen, dass diese Sätze nicht ernst gemeint waren...sie waren verdammt ehrlich"

"Melody..."

"Nein, Shawn. Es tut mir leid. Ich liebe dich und es schmerzt mich jedes Mal dich so zu sehen. Wie kann ich dir helfen? Du willst ein Kind? Dann lass uns ein Kind haben"

Was habe ich bitte gerade gesagt? Ich will kein Kind! Nicht jetzt. Doch... Für ihn würde ich einfach alles tun.

"Das meinst du nicht so. Das weißt du. Außerdem sind wir zu jung. Ich bin erst 21. Du erst 20"

"Für dich würde ich alles tun"

"Nein, Melody. Das solltest du nicht. Versprich mir nur, dass wir irgendwann Kinder haben werden"

Dieser Satz klingt endgültig. So verdammt endgültig. Wir werden wahrscheinlich den Rest unseres Lebens zusammen verbringen. Obwohl ich erst 20 bin, macht es mir keine Angst.

unexpected [s.m] Hikayelerin yaşadığı yer. Şimdi keşfedin