32| Unexpected

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Kapitel 32
Unexpected
[Melody Rose Morgan]
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Von: muffin.lover@ gmx.de
An: melody.cobain@ gmail. com
Betreff: ...

Wie kam es denn dazu? Scheint so, als würdest du ihn ja doch mögen...
-S

Er soll nicht denken, dass ich auf Jayden stehe. Meine Unterlippe beginnt so langsam wehzutun. Dennoch kann ich nicht aufhören, wie eine Verrückte, darauf herum zukauen.

Manchmal hasse ich meinen Kopf dafür, dass er sich insgeheim Sachen erträumt, die nie passieren werden. Ich hasse ihn dafür, dass er mir Hoffnungen auf etwas macht, dass nie passieren wird.

Mein Herz ist absolut bescheuert, weil es sich von jedem nur nicht mir kontrollieren lässt. Meine Daumen sind dumm, weil sie sofort anfangen wollen ihm zu antworten.

Jedes Mal, wenn er schreibt, habe ich das dringende Bedürfnis ihm sofort zu antworten, so als hätte ich kein eigenes Leben. Ich versuche willensstark zu sein. Doch jedes Mal werde ich schwach und antworte zwei Sekunden später. Das Schlimmste jedoch ist, dass ein völlig Unbekannter mich dazu bewegt, mich selbst zu vergessen und doch genau ich zu sein.

Von: melody.cobain@ gmail. com
An: muffin.lover@ gmx.de

Tue ich auch nicht. Aber Kat hat mich mehr oder weniger dazu gezwungen.
-M

Schnell schmeiße ich das Handy weit weg von mir, auf den Sitzsack am Ende der Bibliothek.

»Was war das denn?«, fragt Kat und verdreht ihre Augen.

»Ich finde wir befassen uns zu sehr mit diesen Teilen. Wir sollten uns eine Auszeit gönnen«, antworte ich, rede aber eher mit mir selbst, als mit ihr.

»Aha«, murmelt sie irritiert und zieht ihre Augenbrauen zusammen. Nervös kaue ich auf meinem Bleistift herum.

»Was müssen wir für den Test eigentlich lernen?«, frage ich nach und sehe die Brünette an.

»Hörst du eigentlich nie zu, wenn die Lehrer reden?«, fragt sie besserwisserisch und sieht mich an.

Nein, denn da schreibe ich mit S.

»Ach ich komme auch so mit. Wozu gibt es denn Bücher?«, grinse ich.
»Du bist wirklich unmöglich!«, seufzt Kat und lehnt sich gegen eines der Bücherregale. Die Bibliothek ist so gut wie leer, bis auf die Bibliothekarin, die hier arbeitet. Ich muss schon sagen, dass es mir ziemlich recht kommt, dass die ersten beiden Stunden ausfallen.

»Wie rechnet man das denn aus? Das ist so kompliziert! Die könnten auch gleich alles auf chinesisch schreiben!«, gibt meine beste Freundin verzweifelt von sich.

»Komm ich helf dir. Im Prinzip ist es echt einfach, du musst dir nur die Regeln merken und sie dann anwenden«, sage ich und setze mich neben sie.

»Bla, bla, bla. Es ist so unfair, dass du gut in Mathe bist, obwohl du wirklich nie zuhörst! Streber!«, sagt Kat frustriert und wedelt mit ihrem Stift herum. Ich habe schon fast Angst, dass sie mir mein Auge aussticht.

»Okay. Wenn du das hier machst, dann darfst du mit mir über die Party reden«, versuche ich sie ein wenig anzuspornen. Alles, was ich als Antwort bekomme, ist ein Schauben.

»Na gut. Du darfst mir mein Outfit aussuchen!«, schlage ich vor.

»Deal«, quietscht sie entzückt.
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Wie ein Meilenstein kommt es mir vor, als Kat endlich die letzte Aufgabe fertig hat. Ich kann mir gar nicht vorstellen, dass ein Mensch so lange für drei Aufgaben brauchen kann. Aber es geht, wie ich gerade am eigenen Leib erfahren habe.

»Also, ich suche dir das Outfit raus und du triffst Jayden. Das wird super!«, grinst Kat.

»Ähm, nein. Teenies die sich ohne jeglichen Grund und Sinn besaufen? Ich verzichte!«, antworte ich.

»Doch du gehst hin. Außerdem sieht Jayden echt gut aus und ist nett. Was willst du mehr?«, fragt sie nun.

»Ich will-«, fange ich, doch unterbreche mich. Ich will S.

»Ich stehe eher auf Braunhaarige«, sage ich dann stattdessen.

»Aha. Und das ist das Problem? Das er schwarze Haare hat? Willst du mich eigentlich verarschen?«

»Das habe ich so nie gesagt«, versuche ich mich etwas notdürftig zu verteidigen.
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Kapitel 32
Unexpected
[Shawn Peter Raul Mendes]
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Irgendetwas in mir drinnen sagt die ganze Zeit, dass ich sie sehen muss. Jetzt. In meinem verrückten, kleinen Kopf spinne ich mir lauter Wege, wie ich sie finden würde, zusammen. Überall, egal wo sie ist, egal wie sie aussieht.

Sie ist wie eine Droge. Wenn ich mit ihr in Berührung komme, bin ich wie in Trance. Mein Körper ist wie elektrisiert, meine Finger kribbeln.

Und wenn man mich mit diesem Grinsen sehen würde, dann würde man mich auf der Stelle in der Irrenanstalt einweisen.
Ich versuche meinen Puls zu normalisieren und das Grinsen auf nur noch die Hälfte der Strahlkraft zu reduzieren.

»Dein Auftritt!«, murmelt mir meine Managerin zu. Ich nicke, stecke das Handy weg und greife mir meine Gitarre. Alles was jetzt zählt, ist die Musik und das unglaubliche Gefühl auf der Bühne zu stehen und mich in der Musik zu verlieren.

Schnell laufe ich auf die Bühne und blicke in die Menge. Das Schreien meiner Fans ist so laut, dass es schon fast zu einem einzigen Geräusch verschmilzt.

Ich atme tief durch. Doch dieses Mal ist es nicht so, wie sonst. Ich konzentriere mich nicht zu hundert Prozent auf das, auf das ich mich konzentrieren sollte. Mein Blick wird glasig und ich stelle mir vor, wie es wäre, wenn Melody hier wäre und im Publikum stände.

Doch dann fange ich an zu singen und meine Gedanken sind wieder klar und sortiert. In diesem Moment kann ich wieder das genießen, was ich mir immer erträumt haben. Ich habe mir vorgenommen jeden Moment, von all dem hier, auszukosten.

Denn all das könnte ganz plötzlich vorbei sein. In Momenten wie diesen merkt man, wie unbeschreiblich wichtig jede Sekunde des Lebens ist. Man steht zwischen der Angst zu versagen und dem Höhegefühl des Erfolgs.

Es kommt mir manchmal so vor, als würde ich an der Kante einer Klippe stehen, aber da wäre jemand, der mich immer festhält und mich davon abhält zufallen. Und so stehe ich einfach hier und beobachte die unglaubliche Aussicht. Nie werde ich die Menschen vergessen, die mich festhalten. Denn das Leben ist endlich.

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unexpected [s.m] Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt