89. »Keiner weicht vom Plan ab.«

1.7K 150 49
                                    

Mittlerweile war ich von meinem Plan nicht mehr so überzeugt. Was konnte ich schon groß tun? Die anderen waren ausgebildete Krieger! Ich war ausgepowert vom Tag und trug nicht eine Waffe bei mir. In dem Moment veränderte sich etwas. Die Silhouetten waren verschwunden und zuerst dachte ich, sie wären zu weit weg, aber dann entdeckte ich sie weit unter mir. Sie setzten zur Landung an!

Kurz überlegte ich, mich den anderen zu zeigen, verwarf die Idee aber gleich wieder. Sie würden mich nie helfen lassen. Es war mir egal, wie viel besser die anderen waren. Es war mir egal, dass das hier einer Selbstmordmission nahekam. Attica war irgendwo hier an meiner Stelle und das konnte ich nicht zulassen. Wenn ich das hier nicht tat, würde mich der Gedanke ewig verfolgen, wie auch die Schuldgefühle.

Relativ nahe bei ihnen schraubte auch ich mich dem Boden entgegen, indem ich den einen Flügel leicht einknickte und den anderen weit abspreizte. Sehr schnell versperrten mir Bäume des Waldes unter mir die Sicht, sodass ich mich nur noch nach Geräuschen richten konnte. Der Geruch nach feuchtem Waldboden und etwas, das Flieder ähnelte, stieg mir in die Nase und mit meinen übermenschlich scharfen Augen sah ich mehr, als mir lieb war.

Nicht weit entfernt zerlegte ein Fuchs ein bereits unidentifizierbares Tier und ich sah schnell weg. Alles war in Bewegung durch den leichten Wind und ich brauchte eine Weile, um die natürlichen Geräusche auszublenden und endlich Stimmen zu vernehmen. Vorsichtig ließ ich mich zwischen den Stämmen immer tiefer sinken, bis ich knapp über einer bemoosten Stelle schwebte.

Dann verwandelte ich mich, obwohl es mich Einiges an Überwindung kostete, zurück, sodass ich in meinem normalen Körper aufsetzte. So vermied ich auffällige Geräusche. Immer noch unsichtbar pirschte ich mich an, immer den Stimmen nach. Endlich trat ich zwischen zwei dornigen Büschen hindurch, die die Sicht auf fünf Gestalten freigab. Juliana erklärte gerade:

»Dann müssen Ty und Lucas das Signal geben. Speedy verwischt die letzten Spuren, während wir uns zurückziehen. Alles klar?« Ich schlang die Arme um meinen Körper. So ohne Drachenpanzer fröstelte ich dann doch, meine Jacke lag schließlich im Versteck der Allianz. Leichte Kopfschmerzen machten sich bemerkbar und ich sehnte mich nach ein wenig Schlaf.

Eine schwache Böe wirbelte durch meine offenen Haare und brachte das Blätterdach zum Rascheln. »Haltet euch hinter uns. Keiner weicht vom Plan ab, auch wenn etwas schiefgeht«, schärfte Juliana den anderen noch ein letztes Mal ein, bevor sie sich verwandelte und in die Luft aufstieg. Da ich keinen Plan hatte, wohin es jetzt ging, hielt ich mich einfach an Tymian.

Er und Lucas bildeten abgesehen von mir das Schlusslicht. Diesmal dauerte der Flug nur wenige Minuten, wenn mein Zeitgefühl mir keinen Streich spielte, allerdings musste ich sehr aufmerksam sein um nicht zu dicht aufzufliegen oder Richtungswechsel zu verpassen. Schon nach kürzester Zeit bremsten Ty und Lucas und glitten zwischen den Bäumen zu Boden.

Die anderen konnte ich nirgends mehr entdecken. Ich wünschte, ich könnte hören, was die anderen über ihre Gedanken besprachen. Dann wäre ich wenigstens ein bisschen vorbereitet gewesen. So musste ich mich mit Hinterherschleichen begnügen und abwarten. Dass die Jungs hier landeten, musste bedeuten, dass die Darks ganz in der Nähe waren. Das fahle Mondlicht erleuchtete die Umgebung nur schwach, was es mir erschwerte, nach dem Zurückverwandeln nicht auf Äste zu treten und mich zu verraten.

Doch ich war nicht die Einzige, die darauf bedacht war, kein Geräusch zu verursachen. Ty und Lucas bewegten sich lautlos zielstrebig in eine Richtung. Dabei waren sie so schnell, dass ich Mühe hatte, hinterherzukommen. Als die beiden im Schatten zweier Baumstämme verharrten, vernahm ich ein bekanntes Geräusch. Das Brechen trockener Hölzer unter Schritten.

Auf einmal huschte suchend ein kalter Lichtstrahl über die Umgebung, was mir einen halben Herzinfarkt bescherte, bis mir das mit der Unsichtbarkeit wieder bewusst war. Verdammt, ich konnte mich einfach nicht daran gewöhnen! Mit wild hämmerndem Puls trat ich näher zum Ursprung des Lichts.

Dragons-Magische VerwandlungWo Geschichten leben. Entdecke jetzt