48. »Aber nur ausnahmsweise!«

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Während wir uns quer durch die Botanik schlugen, sank die Sonne ins Abendrot. Vereinzelte Wolken wurden vom Licht der untergehenden Sonne in Violett und Pink getaucht, ein wunderschönes Schauspiel. Keiner von uns hatte einen Blick dafür. Misstrauisch hoben wir ab und zu den Blick nach oben, sonst hefteten wir unsere Augen auf den unebenen Boden.

Auch jetzt schwiegen wir angespannt, denn Tymian hatte recht: zweimal überflogen Schatten in verdächtiger Drachenform uns, entdeckten uns aber nicht. Ich fragte mich, ob der Rest meines Lebens nun aus ewiger Flucht bestehen würde. Bitte nicht! Schließlich erreichten wir ein Haus mitten im Dickicht. Es war groß und sah luxuriös aus; alles war aus Holz.

Eine riesige Terrasse zog sich über die gesamte Breite des Hauses, darüber ein gleichförmiger Balkon. Tymian spazierte ohne zu zögern durch die offen stehende Terrassentür, nach kurzem Zögern folgten erst ich, dann die anderen. Tat man ja nicht jeden Tag, einfach so in fremde Häuser gehen. »Contulas? Wo bist du?«, brüllte Tymian ungeniert.
Ich weiß nicht, wen ich erwartet hätte.

Aber bestimmt nicht den alten, gebrechlichen Mann, der jetzt die Treppe herunter stieg. Er ächzte, als er die letzte Stufe hinter sich gelassen hatte, dann blickte er auf. Er erkannte Tymian und in seinen Augen erwachte ein Glanz. »Ty! Wie schön dich zu sehen! Wie ich sehe, bringst du Gesellschaft. Lass mich raten: im Auftrag der Allianz? Eine Nacht?« Um seinen faltigen Mund spielte ein Lächeln.

Er schien Überraschungsbesuche wohl gewohnt zu sein. Tymian nickte grinsend. »Die Bande könnte etwas Schlaf vertragen. Und ich werde dir alles erzählen, bei einem Fläschchen Bier?« Contulas hob mahnend dem Zeigefinger. »Aber nur ausnahmsweise!« Dann wandte der alte Mann sich an uns. »Kommt mit! Oben habe ich zwei große Zimmer, da könnt ihr schlafen.«

Wir folgten ihm und ich staunte nicht schlecht: zwei Zimmer mit jeweils zwei Betten warteten auf uns. Erst jetzt wurde mir bewusst, wie unglaublich auszehrend der Tag gewesen war und wie müde ich war. Einladend lächelte Contulas. »Fühlt euch wie Zuhause.« Mit diesen Worten wandte er sich um und ging zu Tymian zurück, der unten auf ihn wartete. Ich wüsste zu gern, was sie zu bereden hatten, aber die Müdigkeit war unerträglich geworden.

Alecya und ich nahmen das erste Zimmer, Connor betrat das zweite, gefolgt von Luke mit drohend verschränkten Armen. Keine Frage, unter diesen Umständen konnte Connor nicht entkommen. Erschöpft fiel ich auf ein Bett und warf meinen Rucksack zu Boden. Ich machte mir nicht mal die Mühe, mich umzuziehen, sondern gab mich dem Schlaf hin. Fast sofort war ich eingeschlafen.

***

Ich stand auf einer unendlich weiten Wiese, hinter mir ragte ein Gebäude auf. Ich drückte mich in die Schatten, als ich zwei Personen etwa zwanzig Meter entfernt stehen sah. Eine der beiden eilte davon, die andere drehte sich um - und erblickte mich. Ich presste mich an die Mauer, aber es war zu spät. Die Gestalt kam näher und näher und plötzlich erkannte ich, wer es war!

Jason schaute mich aus seinen unendlichen dunklen Augen an. Sein Blick brachte mich fast zum Schmelzen. »Connie?« Er schien fast genauso überrascht zu sein, mich zu sehen, wie ich ihn. Ich wusste, ich sollte sauer sein, auf ihn einschimpfen und ihn einen Verräter nennen. Aber irgendetwas hinderte mich daran. »Was machst du denn hier? Wie bist du hierhergekommen?«

Mit eiligen Schritten trat er zu mir in den Schatten und blieb dicht vor mir stehen. Dunkle Schatten malten Muster auf seine helle Haut. Ich spürte seinen Atem auf meinem Gesicht, so nah war er. Okay, es war krank, von jemandem zu träumen, der einen umbringen wollte, um jeden Preis. Trotzdem. Jason war einfach umwerfend. »Sag doch, Connie!« Er packte mich an den Schultern.

Ich war immer noch total betäubt von seiner Erscheinung und öffnete die Lippen, doch es kam kein Ton heraus. Seine Nähe war berauschend und ich wollte mich nur noch näher an ihn schmiegen. Ich hob die Hand, um ihm über die Wange zu steichen, seine perfekte, helle Haut zu berühren - und alles zerfloss in Dunkelheit. Keuchend fuhr ich aus dem Schlaf hoch.

***

Alles war dunkel. Alecya im Bett neben mir atmete gleichmäßig, sie schlief. Mein Herz jagte und ich atmete tief durch, um mich zu beruhigen. Plötzlich polterte es laut aus dem Nebenraum. Was zum Teufel machten Luke und Connor da?!

Dragons-Magische VerwandlungWo Geschichten leben. Entdecke jetzt