3. »Ich glaube, ich werde verrückt.«

5.4K 409 37
                                    

Als es endlich zur Pause klingelte, sprang ich erleichtert auf. Irgendwie gab Physik mir immer das Gefühl, erdrückt zu werden. Connor folgte mir nach draußen, wo ich meine Jacke anzog, die ich heute ausnahmsweise an die Garderobe gehängt hatte. Dabei rutschte mein rechter Ärmel ein Stück weit nach oben, nicht sehr viel, aber dennoch weit genug, dass man den Ausschlag sehen konnte.

Hastig zog ich den Ärmel zurecht und sah mich um. Niemand schien etwas bemerkt zu haben, zu meiner Erleichterung. Als ich den Ausschlag heute Morgen inspiziert hatte, war ich wieder unangenehm überrascht worden. Es hatte sich weiter ausgebreitet und reichte jetzt fast bis zu meiner Schulter, außerdem war es jetzt deutlich blau gefärbt.

Als ich vorsichtig mit einem Finger darüberfuhr, hatte es sich allen Ernstes glatt angefühlt. Glatt wie...Schuppen. Große, schlangenähnliche Schuppen. Wie war das möglich? Hätte ich es nicht gestern Luke gezeigt, würde ich ernsthaft in Erwägung ziehen, dass ich halluzinierte. Darius, einer der Jungs aus meiner Klasse, kam auf uns zu.

»Hey, Connor. Ich würde dir gern meine Freunde vorstellen«, sagte er. Ich nickte Connor zu, der mich fragend ansah. »Wir sehen uns später.« Kaum war Connor verschwunden, trat Luke zu mir. »Ich kann ihn nicht leiden«, sagte er mit verkniffener Miene. »Du kennst ihn doch gar nicht!«, protestierte ich sofort. »Es ist nur so ein Gefühl«, entgegnete Luke. »Wie auch immer. Ich habe jetzt Hunger. Gehen wir?«

***

Am späten Nachmittag kam ich erledigt zu Hause an. Ich fühlte mich wie dreimal durchgekaut und wieder ausgespuckt, was für einen Mittwoch eigentlich eher ungewöhnlich war. Sobald ich die Haustür öffnete, stieg mir der gewohnte sanfte Duft nach Waschmittel und einem Hauch Kaffee in die Nase, den ich zufrieden in mich einsog. Es hatte etwas Tröstliches an sich, obwohl die Wohnung wie üblich verwaist war.

Mom und Dad kamen erst abends von der Arbeit in ihrer Kanzlei zurück, was hieß, ich hatte das Haus die meiste Zeit über für mich. Mit einem leisen Klacken zog ich die Tür hinter mir zu und ging erst mal in die Küche, wo im Kühlschrank mein heißgeliebter Pudding auf mich wartete. Mit einer Hand angelte ich mir die Puddingpackung, die andere schob ich in die Schublade mit dem Besteck und schnappte mir einen großen Löffel.

Bewaffnet mit meinem alles andere als gesunden Mittagessen stieg ich dann die Treppe zu meinem Zimmer nach oben. Wir hatten zwar nicht viele Zimmer – zwei Schlafzimmer, Bad, Küche und eine Art Abstellkammer – aber die Wohnung wirkte dennoch geräumig.

Das lag wahrscheinlich am Aufräumwahn meiner lieben Mom, die es nicht sehen konnte, wenn etwas herumlag, das nicht auch einen Sinn und Zweck hatte, warum es genau da liegen musste. Das Licht fiel dämmrig durch das große Fenster meines Zimmers und tauchte es in verschiedene Grautöne. Luke fand es deprimierend, aber ich liebte die blassrosa gestrichenen Wände und die aus dunklem, braunen Mahagoni gezimmerten Möbel.

Das einsame Poster eines meiner Lieblingsbücher hing an der Pinnwand über meinem Schreibtisch, der gegenüber des Fensters stand. Auf der linken Seite der Tür thronte mein heiliges Bücherregal, das so voll war, dass manche Bände einfach quer auf die anderen gestapelt lagen.

Nachdem ich einen kurzen Blick durch das Fenster geworfen hatte, das einen nicht sehr lohnenswerten Blick auf die kaum befahrene Straße vor unserem Haus und das alte Haus gegenüber ermöglichte, setzte ich mich an den Schreibtisch, stellte meinen Pudding ab und warf die Schultasche achtlos unters Bett. Ich brauchte endlich Gewissheit, was mit mir passierte.

Der Arzttermin war immerhin erst am Freitag. So lange konnte ich einfach nicht warten. Mit zitternden Fingern klappte ich den Laptop auf und rief die Suchmaschine auf, wo ich »Schuppen auf der Haut« eingab. Was ich fand, war nicht sehr erfreulich: ewige Dokumentationen über die Bekämpfung von Hautschuppen und eklige Bilder dazu, aber keines davon ähnelte dem Phänomen Connies Arm, wie ich es jetzt einfach getauft hatte.

Dragons-Magische VerwandlungWo Geschichten leben. Entdecke jetzt