84. »Ich brauche deine Hilfe.«

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So unangenehm die Wartezeit auch war, irgendwie überstand ich sie ohne verrückt zu werden. Das Erste, was sie ankündigte, waren ihre Schuppen, die die Wolkendecke durchbrachen. Teamons Jadegrün stach mir als Erstes ins Auge, danach folgte ein blasses Pink. Sekunden später konnte ich den schlanken Körper der Drachin in allen Einzelheiten sehen. Das musste die Begleiterin sein, von der Tymian gesprochen hatte, allerdings glich mein Hirn im Moment einem Sieb und so hatte ich ihren Namen längst vergessen.

Eigentlich war er mir gerade auch total schnuppe. Alles, was ich fühlen und denken konnte, waren Erleichterung und Dankbarkeit. Endlich war Hilfe da. Alles würde gut werden. Speedy tauchte aus dem Haus auf und stellte sich zu mir, als die beiden Drachen gerade zur Landung ansetzten. Danach ging alles ganz schnell: sie verwandelten sich innerhalb von Sekunden und sofort stürmte Teamon mit ausgreifenden Schritten zur Hintertür, sein Gesicht war ernst und konzentriert.

Seine Begleiterin hielt sich zurück und lief langsam auf uns zu. Speedy nickte zum Eingang, in dem Teamon gerade verschwunden war. »Der Türkis verliert schon an Wirkung. Das war echt knapp.« Ich schluckte und versuchte so, den zentnerschweren Kloß in meiner Kehle loszuwerden. Als Speedy zurück ins Wohnzimmer ging, folgte ich ihm mit langsamen Schritten. Die rosafarbene Drachin war direkt hinter mir, aber meine Aufmerksamkeit galt nur der Couch, auf der drei Personen lagen beziehungsweise saßen.

Speedy und Lucas saßen am Tisch, Letzterer hatte das Gesicht in den Händen vergraben und wirkte immer noch erschöpft und abgekämpft. Schaudernd wandte ich den Blick ab. Teamon kniete neben Archer und hielt gerade seine Hand über dessen Kopf, die Augen konzentriert geschlossen. Tymian hockte noch immer auf der Lehne und drückte die Hände neben sich ins Polster. Ich spürte einen Stich im Herzen, als ich ihn so sah. Bestimmt bereute er es bitter, uns aus der Dunklen Festung geholt zu haben.

Ich gehörte genau da hin, nach dem, was ich Archer und Attica angetan hatte. Erst als ich Blut schmeckte merkte ich, dass ich mir auf die Lippe biss. Schnell löste ich die Zähne von der schmerzenden Stelle, aber dieser Schmerz war nichts im Gegensatz zu dem, den Tymian jetzt durchleben musste. Was würde ich tun, wenn es um Lukes Leben ginge? Was würde ich an Tymians Stelle denken? Ein grünes Glitzern zog meine volle Aufmerksamkeit auf sich, denn es sank wie Nebel von Teamons Handflächen hinunter auf Archer und waberte über seinen Körper.

Was auch immer das war, wirkte fast hypnotisch auf meine Augen, ich folgte den einzelnen schimmernden Partikelströmen, die winzig wie Sandkörner waren. Der Zauber hielt nicht lange und schon verblasste der Nebel wieder. Teamon öffnete die Augen und rieb sich heftig übers Gesicht. Tymian suchte seinen Blick, aber er wich ihm aus. Das konnte nichts Gutes bedeuten! Wieder wollte die Panik von mir Besitz ergreifen, aber ich drängte sie weg. Teamon würde es schaffen.

Erneut hob Teamon die Hände und die ganze Prozedur wiederholte sich. Mit demselben Ergebnis. Frustriert ballte Teamon die Hände zu Fäusten und meine Zuversicht sank auf Minus Zehn. Das durfte nicht wahr sein! Das konnte nicht sein. Wie in Trance blinzelte ich, als ich meinen Namen hörte. War das der Augenblick, in dem ich davongejagt wurde? »Connie!«, wiederholte Teamon und ich spürte einen kräftigen Stoß in die Rippen. Daraufhin schickte ich einen giftigen Blick zu Pinkie, bevor ich mich Teamon zuwandte. »Ich brauche deine Hilfe«, sagte Teamon eindringlich.

Mit allem hatte ich gerechnet: dass er mich beschimpfte, fortschickte, was auch immer. Aber meine Hilfe? Das hatte ich absolut nicht erwartet. Aber so hatte ich möglicherweise endlich die Chance, es wiedergutzumachen. Also meinte ich entschlossen: »Was kann ich tun?« Er winkte mich näher. »Du musst meine Kraft kopieren, oder wie du das machst. Allein reicht meine Kraft nicht aus, aber gemeinsam schaffen wir es vielleicht!« Ich hielt den Atem an. Alles, nur das nicht. Es war wie eine Droge, anderer Leute Flammen zu berühren, und ich hatte Angst davor.

Was, wenn ich den Besitzern damit schadete? Nur, weil uns bisher nichts aufgefallen war, hieß das nicht, dass es ungefährlich war. Ich wollte ablehnen, aber dann wurde ich mir der Aufmerksamkeit bewusst, die alle im Raum auf mich gerichtet hatten. Sie alle erwarteten von mir, dass ich es tat. Weil ich die Universale war. Ich wollte so sehr sehen, dass meine Gabe zu etwas gut war. Aber welchen Preis musste ich dafür zahlen? Es war ein Spiel mit dem Feuer, von dem ich nicht wusste, ob ich es eingehen konnte.

Hallo mal wieder!
Ich würde gern ein paar Kapitel widmen und da seid ihr dran:
Wollt ihr eine?
Für welches Kapitel wollt ihr eure Widmung? Jeder kann eine bekommen. Schreibt mir eure Wünsche in die Kommis :)

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