61.

445 30 7
                                    

Hey meine Lieben, wie versprochen geht es heute weiter! Mal sehen, ob sich Audrey und Zlatan endlich wiedersehen... (Kleine Warnung, nur lesen, wenn ihr emotional stabil seid...) Viel Spaß! <3

------

# Audrey #

Erleichtert streife ich mir meine Jacke über und will gerade gehen, da tritt Cynthia in das Assistentenzimmer. Sobald sie mich erblickt, verfinstert sich ihr Blick. „Na? Schon Schluss?", meint sie gehässig und belegt mich mit einem Augenrollen. „Ja", murre ich nur, will mich an ihr vorbei aus der Tür schieben, doch sie stemmt die Hand in den Türrahmen, sodass sie mir den Weg versperrt. Was soll das?", gifte ich sie an und will ihren Arm herunterdrücken. Dafür, dass sie so schmal ist, hat sie allerdings unerwartet viel Kraft, sie gibt nicht nach. „Schon komisch das alles mit dir", entgegnet sie geheimnisvoll und ich schaue ihr direkt in ihre kühlen blauen Augen. Es ist kein aufregendes, kein lebendiges Blau, einfach nur kalt, leblos und eisig. „Bitte?", zische ich mit klopfendem Herzen und versuche mir nicht anmerken zu lassen, dass ich es kaum ertragen kann, wie nah sie mir gegenübersteht. „Du darfst kürzere Schichten machen, bist Dardys absoluter Liebling und bekommst die Stelle beim PSG regelrecht hinterhergeschmissen – in den Arsch geschoben, sozusagen. Da wundert man sich schon ein bisschen. Was findet dieser Zlatan nur an dir? Ich meine, deine Show ist ja ganz nett und scheint ja auch zu funktionieren, aber ich durchschaue das." Entgeistert starre ich sie an, schlucke schwer, mein Herz pocht wie verrückt. „W-was redest du da?", stammle ich. „Ach tu doch nicht so unschuldig. Buhu, mein Papi ist tot und meine Schwester auch. Ich bin so bemitleidenswert und so kaputt, dass ich mich umbringen wollte. Aber nicht mal das kriegst du hin! Hier markierst du die Starke, damit alle dich bewundern, denn – oh sie ist wieder da, trotz ihres ach so schweren Schicksalsschlags. Blablabla. Denkst du nicht, dass jeder hier weiß, dass du vor deinem Rasierklingenaufstand schon Probleme hattest und jetzt tablettenabhängig bist?! Das weiß jeder hier! Absolut jeder! Und der Einzige, der wegsieht, ist der Chef! Aber glaub mir, wenn der erste Patient darunter leidet, bist du raus. Kann man ja nur hoffen, dass du nicht ausgerechnet Ibrahimovics Knie für immer versaust, das könnte teuer werden. Da kann dich dein Ersatzpapi Dardys auch nicht mehr retten, du überhebliche Kuh!" Fassungslos, mit leicht geöffnetem Mund habe ich ihr zugehört. In mir zieht sich alles zusammen, mir ist schlecht und ich spüre, wie sich meine Kehle langsam zuschnürt. Hektisch, beinahe panisch greife ich in meine Jackentaschen, meine Finger suchen verzweifelt nach dem, was mir helfen wird, aber da ist nichts. Die Tränen in meinen Augen quellen langsam über meine Wangen und ich will einfach nur noch weg von hier. Ich kann ihr nichts Vernünftiges entgegensetzen, mich nicht verteidigen oder sie anpöbeln. Viel zu sehr bin ich damit beschäftigt nicht laut aufzuschreien, mich vor Schmerz zu krümmen, nach Atem zu ringen und ohnmächtig zu werden. Meine Hände zittern, mir wird heiß und kalt gleichzeitig, während ich in ihre eisblauen Auge sehe und vermute, dass diese Frau wirklich kein Herz besitzt oder eben eines aus Stein. „Wie kannst du nur?", flüstere ich mit belegter Stimme, denn mehr bringe ich nicht zustande. „Ich? Du, du Junkie! Verkriech dich zu Hause, heul rum und tu weiter so, als würde es dich wirklich noch jucken, dass irgendwer aus deiner Familie abgekratzt ist. Das ist so lange her. Die Mitleidstour zieht nicht mehr!" Das ist zu viel, viel zu viel. Schockiert befreie ich mich aus der Starre, die von mir Besitz ergriffen hat, schiebe sie zur Seite und stürme hinaus.

Wie von Sinnen tobt mein Herz in meiner schmerzenden Brust, ich kann kaum sehen, weil ich mich wie ein Pferd mit Scheuklappen fühle. Alles ist wie in einem Tunnel. Nach Atem ringend stolpere ich durch den Flur, stoße dabei beinah mit einem Patienten zusammen, stürze hinaus auf die Straße. Gerade schaffe ich es noch um die Ecke des Gebäudes, da muss ich mich übergeben. Ächzend stemme ich mich mit den Händen von der Hauswand ab, wische mir mit einem zerknüllten Taschentuch den Mund ab. Das Herzrasen bleibt, genauso die Bilder in meinem Kopf, die mir die Luft zum Atmen rauben. Ich will das beenden, will das nicht ertragen müssen. Wieder wühle ich in meinen Jackentaschen, kippe fast den gesamten Inhalt meiner Handtasche mitten auf der Straße aus, kniee auf den Pflastersteinen und suche in dem Halbdunkel unter Tränen meine Tabletten. Aber nichts. Nur zwei leere Verpackungen, die mich aufschluchzen lassen. Nein, bitte nicht. Bitte, bitte nicht. Die vorübereilenden Passanten ignorieren mich absichtlich, wahrscheinlich halten sie mich für eine überschnappte Irre, die ihre Drogen sucht. Und irgendwie haben sie auch Recht. Mein Körper und mein Geist betteln nach dem Zeug, das meine Erinnerungen, meine Gefühle abschaltet und mich entspannen lässt. Das nennt man dann wohl Abhängigkeit. Mein Verstand setzt aus, ich suche fiebrig vor Emotionen nach einer Lösung meines aktuellen Zustandes. Frage mich, ob wir im Klinikum nicht etwas vergleichbares haben, was ich nehmen könnte, im Notfall sonst auch spritzen – das ist mir alles egal, ich will nur wieder klar denken können und nicht mehr von diesem Schuldgefühl erdrückt, von der Trauer zerfressen werden. Schnell weiß ich, wir haben nichts, was mir jetzt gerade wirklich helfen würde. Mich irgendwie äußerlich zusammenreißend winke ich ein Taxi heran und lasse mich nach Hause fahren.

IBRAKADABRA - Liebe, Stolz & Fußball [Zlatan Ibrahimovic]Место, где живут истории. Откройте их для себя