Nur langsam bin ich den Flur entlanggelaufen, als es plötzlich hinter mir laut wird. Dieses Donnern, diesen Bass kenne ich nur zu gut. Zlatan brüllt so laut, ich kann jedes Wort verstehen und drehe mich verwundert um, bleibe stehen. „Verfluchte Scheiße! Doc, das kann nicht Ihr Ernst sein! Was soll das?! Wenn dieses Püppchen mir nochmal zu nahe kommt, werd ich sauer! Verdammt nochmal!" Dann wird die Tür aufgerissen und meine neue beste Freundin Cynthia stürmt mit roten Wangen an mir vorbei. Ich glaube, sie hat geweint. Verdutzt blicke ich ihr hinterher und warte, ob Zlatan sich zu einem weiteren Ausbruch hinreißen lässt. Doch die Tür wird von innen wieder geschlossen und das Gemurmel, welches nur noch aus dem Raum zu mir hinüberschwappte, verstummt. Schulterzuckend setze ich meinen Weg fort und begegne Dr. Dardys und auch Cynthia bei der Visite wieder. Er wirkt etwas verstimmt und Cynthia verheult. War wohl doch kein so ‚geiler' Start in den Tag, wie sie es mir noch prophezeit hat vorhin. Mein Herz will kein Mitleid für diese Tratschtante empfinden. Eher für Zlatan, dass er sie ertragen musste. Zu gerne würde ich wissen, wieso er so ausgeflippt ist und das halbe Klinikum zusammengebrüllt hat. Er hat sehr aufgebracht geklungen. Ob sie ihn angemacht hat? Oder ist er nur noch schlimmer als früher drauf und lässt gar keinen mehr an sich heran? Wer weiß. Cynthia kann ich schlecht fragen, die wird mir das sicherlich nicht erläutern wollen. Die ist wahrscheinlich eher beleidigt, dass das heute so gelaufen ist. Denn eins weiß ich – es ist in der Klinik kein Geheimnis, dass Zlatan und ich gut miteinander ausgekommen sind, dass ich den brüllenden Löwen zähmen konnte und er sich bei mir durchaus zu benehmen wusste. Das weiß hier jeder. Die versprochene Erklärung über die Therapie von Zlatan fällt auch aus, na wen wundert's nach meinem Auftritt vorhin.

Mir entgeht allerdings auch nicht, wie Cynthia mich mit bösen Blicken traktiert und scheinbar wütend auf mich ist. Was das soll, will ich gar nicht so genau wissen. Ich gehe meiner Arbeit nach und lasse mich davon nicht aus der Ruhe bringen. In meiner kurzen Mittagspause will ich schnell einen Kaffee trinken und mich kurz setzen – doch als ich das Assistentenzimmer betrete, geschieht etwas Merkwürdiges. Alle Gespräche werden unterbrochen und die schiefen Blicke der anderen verunsichern mich dann doch. „Hi!", sage ich so freundlich wie möglich, doch seltsamerweise bekomme ich keine wirkliche Antwort. Wenn überhaupt ein angedeutetes Kopfnicken. Nun gut, denke ich, fülle meine Tasse mit Kaffee und verschwinde wieder. Diese Stille ist mir unangenehm und ich will mich nicht damit belasten und gar nicht darüber nachdenken, weshalb sie sich mir gegenüber so aufführen. Noch vor der zweiten Visite an diesem Tag werde ich zu Dr. Dardys ins Büro zitiert. Wie jedes Mal werde ich auf meinem Weg dorthin von einem flauen Gefühl in der Magengegend begleitet, welches ich wirklich nicht leiden kann. Mein Puls steigt mit jedem Schritt und mir ist nicht wohl. Dennoch öffne ich nach einem Klopfen die Tür und finde mich in dem Raum wieder, der mir mittlerweile vertraut ist. Hier hat sich nicht viel verändert seit meiner Auszeit.

„Nehmen Sie bitte Platz, Mademoiselle", bittet der Doc mich und ich gehorche. Seinem Gesichtsausdruck zu urteilen ist seine Laune noch immer nicht die Beste. Hoffentlich lässt er das nicht an mir aus. Ich kann nichts dafür, dass die Chemie zwischen Ibra und der doofen Tante nicht stimmt. Innerlich rege ich mich schon wieder über die neue Assistentin auf, die mir irgendwie nicht passt. Warum auch immer. Monsieur Dardys' Stimme reißt mich aus meinen stillen Schimpftiraden. „Dr. Waiser, es wird eine Änderung von Nöten sein, wenn wir hier weiter vernünftig zusammen arbeiten wollen." Verdutzt und erschrocken schaue ich ihn an. Will er mich jetzt feuern? Ich habe mir nichts zuschulden kommen lassen! Wie denn auch? Ich bin ja erst den zweiten Tag wieder hier! Bevor ich etwas erwidern kann, nimmt er mir schon den Wind aus den Segeln. „Keine Sorge, ich möchte unser Arbeitsverhältnis nicht aufheben. Aber es gibt ein Problem. Ich finde niemanden, der mich unterstützt, weil es einfach nicht funktioniert mit den Spielern. Sie wissen ja, einige von ihnen sind etwas schwierig." Erwartungsvoll blicke ich ihn an. „Worauf wollen Sie hinaus?", frage ich mit bebendem Herzen und ahne Schlimmes. „Audrey, Zlatan verweigert die Behandlung. Der Verein macht Druck und ich befürchte, dass er mit seinem Verhalten seine ganze weitere Karriere aufs Spiel setzt. Er hält sich an keine meine Anweisungen und riskiert somit bleibende Schäden an seinem Knie. Sie kennen ihn, Sie werden ihn dazu bewegen können wieder mitzumachen", erklärt mein Chef und mir entfährt ein hysterisches Schnauben. „Nein!", entgegne ich streng und beiße mir anschließend in die Wange, weil es eigentlich nicht meine Art ist, sich einem Vorgesetzten gegenüber so zu benehmen. „Er besteht darauf", fügt mein Gegenüber knapp hinzu und ich ziehe eine Augenbraue hoch. „Bitte? Er besteht darauf? Wer? Zlatan? Das kann er vergessen!", meine ich mit zittriger Stimme und bekomme weiche Knie, obwohl ich sitze. „Überlegen Sie es sich bitte noch einmal. Ich möchte gerne, dass Sie wieder ein Teil des Teams werden. Ansonsten werde ich wohl über ihre gekürzten Schichten nachdenken müssen, so leid es mir tut. Denn dann muss ich jemand anderes abziehen und diese Dienste müssen ja von irgendwem gleistet werden. Ich möchte das wirklich nicht, ich weiß, dass Sie das hier wollen und deshalb bitte ich Sie darum. Die Dienste bei der Vereinsbetreuung fallen doch im Gegensatz zu vorher nicht mehr so ins Gewicht oder? Und jetzt gehen Sie wieder an Ihre Arbeit, es wird Zeit. Wir sehen uns gleich bei der Visite." Damit schickt er mich hinaus und ich darf scheinbar gar nichts erwidern.

Perplex schüttle ich kurz, als ich die Tür hinter mir geschlossen habe. Mein Kopf tut weh und ich bin massiv überfordert mit dieser Situation. Wenn ich nicht ja sage, muss ich wieder extralange Dienste schieben und das wird mein Körper schnell nicht mehr lustig finden. Tue ich es doch, werde ich wieder mit Zlatan arbeiten müssen. Seinem Brief nach zu urteilen, wird ihm eine bloße Zusammenarbeit nicht reichen. Keinesfalls. Unentschlossen drücke ich an meinen Handgelenken herum. Da streifen meine Fingerspitzen die mittlerweile verheilten Wunden der Schnitte, die ich mir damals selbst zugefügt habe. Das heftige Herzklopfen, das bei dem Gedanken an diesen Abgrund in mir aufkommt, lässt mich beinahe schwindelig werden. Ich beiße die Zähne zusammen und eile zur Visite, mir bleibt keine Zeit mehr, um an meinen Spind zu gehen und eine Tablette zu nehmen. Auch ohne diese bekomme ich mich einigermaßen in den Griff und kann mich auf meinen Job konzentrieren. Zumindest bis zum Feierabend.

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Na Cynthia scheint ja ein ziemliches Miststück zu sein...

Was soll man davon halten, dass Zlatan Audrey indirekt zwingt wieder mit ihm zu arbeiten? Ob er sich nur nicht anders zu helfen weiß? Wird sie das Angebot ihres Chefs annehmen? Was wartet am Feierabend auf sie?

Hoffe, euch hat das Kapitel gefallen,

Fühlt euch umarmt,

eure Floraly <3

IBRAKADABRA - Liebe, Stolz & Fußball [Zlatan Ibrahimovic]Where stories live. Discover now