Mich in diesen Gedanken, dieses Gefühl einhüllend sinke ich wieder in den Beifahrersitz, lege meine Hand auf sein rechtes Knie und schließe kurz darauf die Augen. Erst kurz vor unserem Ziel wache ich auf und schaue zu Zlatan hinüber. Sein Blick ist auf die Straße geheftet, aber er sieht gelassen aus. Die Straßen sind recht leer und ich glaube, wir sind ziemlich zügig vorangekommen, denn Zlatan war definitiv schneller, als es das Navi errechnet hatte. Das könnte aber auch mit seinem Fahrstil zusammenhängen. Bestimmt sogar. Schweigend beobachte ich ihn. Ich liebe das. Erschrocken beiße ich mir auf die Unterlippe. Ich mag das. Das andere ist ein viel zu intensives Gefühl. Ich mag es, wie konzentriert er auf die Straße sieht, sein Profil könnte ich wahrhaftig stundenlang studieren. Als er rechts abbiegt, merkt er, dass ich nicht mehr schlafe. „Na du? Wieder wach?", meint er mit einem breiten Grinsen und küsst mich an der nächsten roten Ampel. „Wir sind gleich da", fügt er hinzu und tritt wieder aufs Gas. „Ich weiß", bestätige ich und warte bereits seit mehreren Minuten auf den Moment, an dem man den Atlantik endlich erspähen kann. 10 Minuten später ist es endlich so weit. Mein Papa hat so oft davon gesprochen. „Da!", quietsche ich wie angestochen, es ist Zlatans Gelassenheit hoch anzurechnen, dass er das Lenkrad nicht verreißt. Aufgeregt deute ich mit dem Zeigefinger nach vorn. Deutlich ist das dunkle Blau zu erkennen, kleine weiße Schaumkronen werden mit jeder Welle an den Strand gepeitscht. Unruhig rutsche ich auf meinem Sitz hin und her. Am liebsten würde ich sofort aus dem Auto springen und über die Kiesel zum Ozean sprinten. Es ist unglaublich. Genau das hat mein Vater immer erzählt, daran erinnere ich mich in diesem Augenblick. Der Schmerz rückt vorerst in den Hintergrund.

„Mach schon!", drängle ich ungeduldig, Zlatan lächelt nur und quält mich noch zähe zehn Minuten, bis er den Wagen parkt. Wie auf Speed reiße ich die Tür auf und flitze zum Wasser. Es muss unglaublich gestört aussehen, wie ich über die kleine Mauer vom Parkplatz klettere, auf die Straße dahinter stolpere und dann über die großen Kiesel am Strand hopse, um endlich ans Wasser zu gelangen. Ein wenig außer Atem bleibe ich stehen, schaue mich um. Papa hatte Recht. Es ist unfassbar schön hier. Der Ozean wird von mächtigen Felsen gesäumt, der Strand besteht aus eben gesagten großen Kieselsteinen, die man sicher richtig gut übers Wasser hüpfen lassen kann. Etliche Möwen kreisen über mir, werden von dem rauen Wind in die Höhe gehoben und ich atme tief ein, um diese Atmosphäre in mich aufzunehmen. Mein Hochgefühl wird noch gesteigert, weil ich weiß, dass mein Vater auch immer so begeistert war von diesem Ort, diesem Platz. Scharf pfeift mir der Wind um die Nase, es riecht nach Meer und die Luft ist klar. „Na, du Verrückte?", raunt mir Zlatan zu, der sich unbemerkt angeschlichen hat und seine Arme von hinten um mich legt. Er trägt die Kapuze seines Parkas tief in die Stirn gezogen, worüber ich lachen muss. „Bist du inkognito unterwegs oder wie?", frage ich ihn mit einem breiten Grinsen. Er hatte tatsächlich Recht. Ich fühle mich nicht schlecht hier, sondern verboten gut. Besonders jetzt, in seinen Armen. „Sozusagen. Ich will meine Ruhe haben und die Zeit mit dir verbringen, nicht mit irgendwelchen Fotografen oder Journalisten", grummelt er und gibt mir mitten am Strand einen langen Kuss auf den Mund. Inmitten der Touristen, die sich hierher verirrt haben. Mitten in der Öffentlichkeit.

„Du wirst ja richtig übermütig", schmunzle ich und lehne mich an ihn. „Das ist die Luft", erwidert er mit einem Funkeln in den Augen und küsst mich gleich nochmal. Mein Herz blüht in diesem Moment noch mehr auf und ich bin einfach nur happy. So richtig kitschig, übertrieben, happy. Mein Verstand hat da nichts melden, der ist abgemeldet. Vielleicht ist mein Leid doch nicht endlos, sondern endlich? Vielleicht ist er der Mensch, auf den ich acht lange Jahre gewartet habe? Der eine Mensch, der mich erlösen kann von meinem Schicksal? Vielleicht ist er mein Schicksal? Zufrieden schlinge ich meine Arme um seine Taille, drücke mein Gesicht gegen seinen Anorak. An seiner Seite fühle ich mich sicher, egal wo. „Wie wär's, wenn du dir erstmal anguckst, wo wir die nächsten Tage bleiben? Danach können wir wieder an den Strand oder was essen gehen. Oder schlafen", fügt er gähnend hinzu. Doch ich habe nicht vor das hier zu verschlafen. Diese beeindruckende Natur, den Ozean, das Leben. Ich will nichts davon verpassen. Dennoch willige ich ein, mir anzusehen, wo wir übernachten.

IBRAKADABRA - Liebe, Stolz & Fußball [Zlatan Ibrahimovic]Where stories live. Discover now