„Audrey, aufwachen", flüstert Zlatan mir ins Ohr und ich öffne mühsam die Augen. In seinen Armen schlafe ich immer gut, das merke ich jetzt wieder. Verschlafen richte ich mich auf und sinke in meinen Sitz zurück und schnalle mich an, wir befinden uns im Landeanflug. Doch wider meinen Erwartungen ist jetzt nicht wieder alles in Ordnung zwischen Zlatan und mir. Es ist nur nicht mehr ganz so furchtbar wie vor dem Flug. Er ist immer noch nicht sehr gesprächig und es kommen auch keine Zärtlichkeiten mehr zustande. Der Zweifel beginnt an mir zu nagen. Der Zweifel darüber, ob es ein Fehler war, ihm meine Geschichte zu offenbaren. Pausenlos frage ich mich das, auch während der Autofahrt zu mir nach Hause. „Wir sind da", reißt mich seine tiefe Stimme plötzlich aus meinen Gedanken. Er hat vor meinem Haus gehalten und sieht mich erwartungsvoll an. „Äh ja, danke fürs Fahren", stammle ich ein bisschen doof. Was mache ich denn jetzt? Er steigt aus, stellt mir meinen Koffer hin und steht dann unschlüssig vor seinem Wagen. Ich bin nicht weniger ratlos. Erstens, was soll sein Verhalten bedeuten? Zweitens, wie verabschiede ich mich jetzt von ihm – in dieser merkwürdigen Situation? „Bis morgen, Audrey. Ich muss ja nochmal zur Abschlussuntersuchung", meint er und lächelt leicht. Ohne mich etwas erwidern zu lassen, steigt er ein, hebt die Hand zum Abschied und fährt los. Wie vom Donner gerührt starre ich ihm hinterher.

DAS war alles? ‚Bis morgen'?! Der Typ hat mich fast flachgelegt in Schweden, kennt mein größtes Geheimnis, hat mir das Gefühl gegeben, dass ich ihm etwas bedeute – und jetzt verabschiedet er sich nicht mal vernünftig von mir?! Rasende Wut, gemischt mit Enttäuschung durchfließt meinen Körper, mir wird heiß und sicher sind meine Wangen schon rot. Ich kneife die Augen fest zusammen und sage leise zu mir selbst: „Jetzt nicht heulen, Audrey. Nicht heulen!" Aber es hat keinen Sinn. Unkontrolliert laufen mir Sekunden später dicke Tränen über meine heißen Wangen. Der raue Wind des Pariser Winters kühlt meine brennende Haut und ich schaffe es mit Mühe meinen Koffer in den sechsten Stock zu zerren. Schluchzend und komplett verheult betrete ich meine kleine Wohnung. Dort verpasse ich meinem blöden Koffer einen harten Tritt, schmeiße meine Wintersachen in die Ecke und laufe ins Wohnzimmer. Das kann er nicht ernst meinen! Ich habe mich über beide Ohren in ihn verknallt und dann das! Erschüttert von dieser miesen Tour, sinke ich mit meinem schmerzenden Herzen auf die Couch. Wie ein Embryo rolle ich mich zusammen, weine hemmungslos – bis meine Kraft dafür schwindet und ich scheinbar einschlafe.

Mein Wecker ist nicht nur penetrant, sondern einfach nur furchtbar. Ich weiß, ich muss zur Arbeit, aber viel lieber würde ich mir die Decke über den Kopf ziehen und von dieser Welt nichts sehen. Mein Nacken schmerzt von meiner seltsamen Schlafposition, meine Augen sind verquollen von der gestrigen Heulerei und selbst mein Kaffee mag mir nicht schmecken an diesem Morgen. Ich verdränge mit aller Macht den Gedanken an Zlatan, weil ich sonst sofort wieder angefangen hätte zu heulen. Dann wäre der Tag sofort im Eimer. Genervt von meinen eigenen Gefühlen ziehe ich mir etwas Frisches an, duschen muss ich eben heute nach meiner Schicht, dafür habe ich jetzt keine Zeit mehr. Knapp wie immer mache ich mich auf den Weg zum Klinikum. Ich habe den Eindruck, dass die Menschen in der Metro mich anstarren – vermutlich sieht man mir meine Heulerei von gestern immer noch an. Mein Hals kratzt ganz fürchterlich, bitte, lass mich jetzt nicht auch noch krank werden, denke ich verbissen. Herb schlägt mir die eiskalte Morgenluft entgegen, als ich aus dem Metroaufgang auf die Straße trete. Ich liege doch noch gut in der Zeit und will gerade die letzten Meter zum Klinikum hinter mich bringen, als ich wie angewurzelt stehen bleibe.

Direkt vorm Klinikum parkt Zlatans schwarzer Audi. Er selbst steht davor, aber er ist nicht allein. Helena, seine Exfrau ist bei ihm. Mein Herz springt in dem Moment in mindestens tausend Teile, als er sie innig umarmt und sich die beiden küssen. Dieser Schlag, den mir Zlatan so verpasst, tut so weh, es ist unbegreiflich, wie ich es schaffe, weiter zu atmen. Mein Magen zieht sich heftig zusammen, mir wird übel und möchte sofort wieder umdrehen. Mein Vertrauen hat er missbraucht, denke ich mit Tränen in den Augen. Benutzt hat er mich. Er hatte seinen Spaß und rammt mir jetzt dieses scharfkantige Messer in die Brust, dessen Zacken beim Herausziehen mein Fleisch zerfetzen. Die Wut über meine eigene Naivität, meine Dummheit ist genauso groß wie der Schmerz, den Zlatan in meinem Herzen verursacht. Beim Blick auf meine Uhr stelle ich fest, ich muss jetzt wirklich los, sonst komme ich doch zu spät. Mit wackeligen Knien schreite ich über den verschneiten Weg, den Blick starr geradeaus gerichtet. Immer wieder muss ich meine Tränen wegwischen und ich glaube, ich zerbreche in dem Augenblick, in dem ich an den beiden vorbei gehen muss und sie sich noch einmal küssen. Sobald ich das Innere der Klinik betreten habe, flüchte ich auf eine Toilette und verschwinde in einer Kabine. Ungehindert kullern diese verdammten Tränen wieder und ich muss mir fest auf die Zunge beißen, um mein Schluchzen zu dämpfen. Das hat er geschafft. Mein Herz, welches begonnen hatte wieder befreit, kräftig und freudig zu schlagen, scheitert daran das auszuhalten. Ich kann es spüren, wie es aufgibt und nur noch langsam, gedämpft und ohne jegliche Emotion in meiner Brust stolpert. Nie wieder wollte ich um jemanden weinen, weil ich ihn verloren habe. Nun ist es doch passiert. Vielleicht war es ihm doch zu schwer, vielleicht war alles ein von vornherein abgekartetes Spiel gewesen. Ich weiß es nicht und ich werde ihn nicht fragen. Das werde ich mir nicht antun. Auch ich habe noch ein wenig Stolz übrig, den letzten Rest werfe ich ihm sicher nicht auch noch vor die Füße, damit er ihn zertreten kann.

Nach Atem ringend zwinge ich mich dazu, mich zu beruhigen. Es klappt so weit, dass ich die Toilette verlassen kann, ohne zu weinen. Meine Mauer steht wieder. Fassadenlächeln einschalten und nichts anmerken lassen, das schützt vor dummen Fragen. Bevor ich mich auf den Weg zu Zlatans Abschlussbehandlung und -besprechung mache, rauche ich eine Zigarette. Das beruhigt meine angespannten Nerven und lässt mich die Tränen zurückdrängen. Der Rauch steigt über mir in den kalten, wolkenverhangenen Himmel. Ich beobachte die Schwaden dabei und nehme mir fest vor, Zlatan nicht zu zeigen, wie weh er mir getan hat. Er darf das niemals erfahren. Viel zu viel habe ich ihm preisgegeben, diesen letzten Sieg gönne ich ihm nicht.

Selbstbewusst drücke ich den Rücken durch und atme tief ein, bevor ich den Behandlungsraum betrete. Dr. Dardys und auch Zlatan sind schon da. „Mademoiselle Waiser, schön, dass Sie wieder bei uns sind!", begrüßt mich mein Chef gut gelaunt und klopft mir auf die Schulter. Ich lächle ihn an und nicke Zlatan nur zu. Zlatan selbst wirkt etwas verunsichert, was man bei ihm selten sieht und das Lächeln auf seinen Lippen erlischt, als mein kalter Blick ihn streift. Dr. Dardys untersucht Zlatans Schulter und lobt mich dafür, dass ich mich so gut darum gekümmert habe. Nur mit Mühe unterdrücke ich ein verächtliches Schnauben und starre einfach an Zlatan vorbei die Liege an. Sein nackter Oberkörper ist mir so egal, ich würde ihm viel lieber die gleichen Schmerzen zufügen, wie er mir – mit seiner hinterhältigen Aktion. „Schön, dann ist das geschafft. Hoffentlich sehen wir uns nicht so schnell für eine Behandlung wieder, Zlatan", meint mein Chef lachend und ich hoffe, dass Zlatan endlich verschwindet. „Füllen Sie das bitte noch aus, Mademoiselle. Danach übernehmen Sie die Ihnen zugeteilten Patienten", sagt er zu mir gewandt und drückt mir einige Formular in die Hand. Nach einer kurzen Verabschiedung verlässt er den Raum und lässt mich mit dem Herzensbrecher allein.

Stur blicke ich auf die Zeilen vor mir und kritzle schnell die benötigten Informationen in die freien Felder. Immer dieser Papierkram. Ich versuche zu ignorieren, dass Zlatan noch hier ist. „Tja, dann sehen wir uns jetzt wohl nicht mehr jeden Tag", murmelt dieser urplötzlich. Ich habe nicht vor darauf zu reagieren, was soll das bringen? „Schade eigentlich. Audrey, ich wollte dir noch was sagen...", spricht er zögernd weiter. Mein klopfendes Herz schmerzt heftig und ich halte es nicht mehr aus, springe von meinem Stuhl auf und funkle ihn böse an. „Ich will es nicht hören, Zlatan. Ich hoffe inständig, dass ich dich nie wiedersehen muss! Nie wieder! Nie!", brülle ich ihn lautstark an, klaube die Papiere vom Schreibtisch, reiße die Tür auf und werfe sie mit voller Wucht hinter mir ins Schloss, ohne mich noch einmal umzusehen. Ich will es nicht hören. Meine Seele ist auch so wieder in kleine, vergängliche Fetzen zerrissen worden. Seine Worte würden sie nur endgültig zu Staub zerfallen lassen. Deshalb will ich es nicht hören, denke ich mit feuchten Augen und stapfe zurück zu der Station, auf der meine anderen neuen Patienten warten. Das letzte Bisschen Stolz bewahre ich mir, um jeden Preis. Koste es, was es wolle.

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DAS hat Audrey nicht verdient und es ist exakt das eingetreten, wovor sie sich gefürchtet hat! Oder kann man das irgendwie anders sehen? Übersieht sie etwas?

Wieso zum F*** macht Zlatan das?! Wie kann er sie so bloßstellen, sich so verhalten, nachdem er ihr immer wieder versichert hat, er würde sie nicht einfach zurücklassen?! Kann es eine logische Erklärung für all das geben?

Was denkt ihr? Wütend? Enttäuscht? Sauer auf mich ; ) ? Ich bin sehr gespannt auf eure Kommentare, euren Eindruck!

Ich wünsche euch ein wunderschönes WE, schicke noch mal eine euphorische Umarmung in die Welt und freue mich meines Lebens ^^ Ihr seid der Knaller! <3

Knutscha,

Eure Floray <3



IBRAKADABRA - Liebe, Stolz & Fußball [Zlatan Ibrahimovic]Kde žijí příběhy. Začni objevovat